Reaktion der Bundesregierung: Eine symbolische Geste

Die Bundesregierung lässt alle Türen mit der Aufforderung offen, dass der US-Geheimdienstchef das Land verlassen soll, die USA reagieren gelassen und warnen, dass die Fortsetzung der "Sicherheitspartnerschaft" für die Sicherheit der Deutschen und der Amerikaner wichtig sei

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Offenbar hatte die Aufdeckung des zweiten Spionagefalls kurz nach dem Auffliegen des BND-CIA-Doppelagenten die Bundesregierung, die bislang gegenüber der US-Regierung nur mit schwachen Gesten agierte, mit dem Rücken an die Wand gebracht. Die Empörung in Deutschland wuchs über die Schmach, dass die amerikanischen Geheimdienste mit Duldung der Regierung machen können, was sie wollen, während die US-Regierung gerade einmal einen unverbindlichen "Cyberdialog" anboten und ansonsten versicherten, dass auch Partner hemmungslos ausspioniert werden (Doppelagenten: Drittklassige Leute, drittklassige Affäre, Deutscher Furor gegen die USA).

Jetzt also hat die Bundesregierung sich entschlossen, das erste Mal wirklich auf die Vorfälle zu reagieren, nachdem aus Washington keine beschwichtigenden Stellungnahmen kamen, angeblich wusste ja auch US-Präsident Obama gar nichts. Nun wurde also nach längerem Zögern mit einer zwar symbolischen, aber doch politisch brisanten Geste der für Deutschland zuständige US-Geheimdienstchef aufgefordert, das Land zu verlassen. Den großen Eklat wollte man doch vermeiden, der unweigerlich auf eine Ausweisung erfolgt wäre, mit der Aufforderung hält man den Ball noch flach. Das ermöglicht der Bundesregierung, das Gesicht zu wahren, und der US-Regierung, nicht allzu forsch reagieren zu müssen. Die Regierung nehme die Vorgänge "sehr ernst" und man will auch keinen Bruch:

Es bleibt für Deutschland unerlässlich, im Interesse der Sicherheit seiner Bürger und seiner Einsatzkräfte im Ausland eng und vertrauensvoll mit westlichen Partnern, insbesondere mit den USA, zusammenzuarbeiten. Dazu sind aber gegenseitiges Vertrauen und Offenheit notwendig. Die Bundesregierung ist dazu weiter bereit und erwartet das auch von ihren engsten Partnern.

Es sind also erst einmal keine weiteren Forderungen mit der Aufforderung verbunden. Die US-Botschaft, die auch schwer für das Freihandelsabkommen TTIP wirbt, kommentierte zurückhaltend, dass man sich grundsätzlich nicht zu Geheimdienstfragen äußere. Betont werden die wichtige "Sicherheitspartnerschaft". Die Zusammenarbeit müsse auf allen Ebenen fortgesetzt werden. Caitlin Hayden, die Sprecherin des Weißen Hauses, äußerte sich ähnlich und sagte, dass die Sicherheits- und Geheimdienstpartnerschaft mit Deutschland für die USA sehr wichtig sie. Mit Blick auf die Deutschen meinte auch sie, das scheint die gegenwärtige Krisenstrategie zu sein, dass dies für die Sicherheit der Deutschen und der Amerikaner wichtig sei. Eine Entschuldigung war auch hier nicht zu hören, woraus man schließen kann, dass die US-Regierung weiterhin nicht willens ist, etwas grundsätzlich zu ändern.

Für die USA wäre es sehr misslich, wenn mit dem neuen Gazakrieg und den zerfallenden Staaten Syrien und Irak nun auch der Schulterschluss mit dem mächtigsten Land der EU ins Wanken geriete, auf das man angewiesen ist, um die Ukraine-Krise mitsamt den Druck auf Russland und die Stärkung der Nato fortsetzen und Verträge wie TTIP oder ein neues Datenschutzabkommen durchzusetzen.

Letzteres, das hatte gerade US-Justizminister Holder in Oslo klar gemacht (US-Justizminister fordert auch von der EU präventive Maßnahmen gegen Syrienreisende), sieht für die US-Regierung eine wichtige Rolle für die Fortsetzung des Datenaustausches zwischen Behörden und Geheimdiensten. Da soll der Datenschutz, auf den die EU drängt, nicht störend einwirken. Überdies wollen die USA die europäischen Länder dazu bringen, ihre Maßnahmen der Überwachung und Strafverfolgung auszubauen und wohl auch die US-Lauschprogramme weiter zulassen, weil die aus Syrien, dem Irak, Somalia und anderen Ländern zurückkehrenden europäischen oder amerikanischen Bürger, die dort gekämpft haben und ausgebildet wurden, als große und globale Gefahr dargestellt werden. Letztlich wollen die USA, dass durch neue Gesetze und mit Undercover-Einsätzen Menschen, die in die "Brutstätten des Terrors" reisen wollen, präventiv daran gehindert werden.