Kritik an TTIP vor allem in Österreich, Großbritannien und Deutschland

Über drei Viertel der 149.399 ISDS-Stellungnahmen stammen aus diesen drei Ländern

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Vom 27. April bis zum 13 Juli hatten natürliche und juristische Personen aus den 28 EU-Mitgliedsländern Gelegenheit, bei der EU-Kommission eine Stellungnahme zu der im europäisch-amerikanischen Freihandelsabkommen TTIP vorgesehenen Investor-State-Dispute-Settlement-Klausel abzugeben. ISDS-Klauseln erlauben Konzernen, Staaten vor Schiedsgerichten auf entgangenen Gewinn zu verklagen, wenn ihnen demokratisch beschlossene Regulierungen nicht gefallen.

Offenbar hatte die EU-Kommission unterschätzt, wie viele Bürger sich für das Thema interessieren und nicht mit dem 149.399 Stellungnahmen gerechnet, die bis zum Fristende insgesamt eingingen. EU-Handelskommissar Karel De Gucht sprach deshalb am Montag von einer "Attacke", die die IT der Kommission zeitweise in die Knie zwang.

Erste statistische Auswertungen der Eingaben zeigen, dass vor allem Bürger aus Großbritannien, Deutschland und Österreich besorgt sind: Über drei Viertel der Stellungnahmen stammen aus diesen drei Ländern. In Großbritannien sorgte unter anderem die NGO War on Want dafür, dass das Thema in den letzten Monaten öfter in die Medien auftauchte als in vielen anderen Ländern und dass insgesamt mehr als ein Drittel der Eingaben von dort stammt.

In Österreich machte die auflagenstarke Kronen-Zeitung gegen die Geheimverhandlungen mobil. Sie dürfte zu einem großen Teil dafür verantwortlich sein, dass aus der Alpenrepublik mit lediglich achteinhalb Millionen Einwohnern etwa 30.000 Stellungnahmen kamen. Das sind etwa 20 Prozent der Eingaben insgesamt und ungefähr so viele wie aus Deutschland, wo fast zehn Mal so viele Menschen leben.

Schlusslicht in der Kritik am Abkommen ist die ehemalige Sowjetrepublik Estland: Dort fanden sich trotz eines Online-Formulars nur fünf Personen, die der EU-Kommission ihre Meinung zu ISDS-Schiedsgerichten mitteilen wollten. Nicht viel eifriger waren die 1,1 Millionen griechischen Zyprioten, von denen sechs eine Stellungnahme abgaben. Insgesamt äußerten in 20 der 28 EU-Staaten weniger als 2.000 Personen ihre Ansicht.

Im Mittelfeld liegen das große Frankreich und das relativ kleine Belgien: Aus diesen beiden Ländern stammen jeweils ungefähr sechs Prozent der Kommentare. Aus den bevölkerungsreichen Ländern Italien und Spanien stammen dagegen zusammengerechnet weniger als vier Prozent der Eingaben.

Weil über 99 Prozent der Beiträge von natürlichen Personen kommen, rechnet De Gucht damit, dass die Kritik an den Schiedsgerichten klar überwiegt. Jetzt müssen seine Mitarbeiter identische Eingaben herausfiltern. Erst danach will man die Konsultation inhaltlich auswerten. Für den Fall, dass es dann immer noch kein zustimmendes Meinungsbild gibt, verlautbarte der Handelskommissar bereits, eine Konsultation sei "kein Referendum". Vor dem EU-Parlament hatte er letzte Woche erklärt, es ginge "weniger um das Ob, als vielmehr um das richtige Wie des Schlichtungsverfahrens".

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