Mindert vegetarische Ernährung die Qualität der Spermien?

Eine Studie, die die Spermienqualität von nicht-vegetarischen und vegetarisch sowie vegan sich ernährenden Männern untersuchte, legt dies nahe

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Schlechte Nachrichten für vegetarische Männer. Nach einer Studie von Wissenschaftlern der Loma Linda University sind ihre Spermien weniger und geringer beweglich als der von sich auch mit Fleisch ernährenden Männern. Möglicherweise spielen Vitaminmangel oder weibliche Hormone eine Rolle, die Vegetarier über Soja aufnehmen.

Menschliche Spermien. Bild: Gilberto Santa Rosa/CC-BY-2.0

Die Studie ist nicht von Gegnern eines vegetarischen Lebensstils durchgeführt worden, sondern ganz im Gegenteil von Befürwortern. Die kalifornische Universität, an der die Forscher arbeiten, gehört der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten an und will die medizinische Ausbildung, Praxis und Forschung christlich "in Harmonie mit der globalen Mission" verbessern. Adventisten glauben, dass Jesus Christus bald wiederkehrt. Deswegen müssen die Gläubigen jederzeit bereit für das Ereignis sein. Man ist sehr besorgt um die Gesundheit und einen gesunden Lebensstil, Ganzheitlichkeit könne hingegen das Leben verlängern und die Lebensqualität erhöhen. So wird geforscht, welche Lebensmittel das Leben verlängern und welche Rolle der Glaube dabei spielen kann.

Bei der gesunden Lebensführung wird vegetarische Ernährung hervorgehoben. Die Kirche, die schon seit ihrer Gründung 1860 einen gesunden Lebensstil propagiert, erklärt Schweinefleisch, Fisch und anderes tierisches Fleisch für "unrein". Abgelehnt werden auch Alkohol, Nikotin und Drogen, was auch Kaffee, Tee oder Cola einschließen kann. Der Mediziner und Adventist John Harvey Kellogg, auch ein Vegetarier, hat viel dazu beigetragen, Cornflakes zum Frühstück durchzusetzen. Später trat er aus der Kirche aus und gründete die bekannte Firma.

Nach einer Studie sollen die Adventisten in Loma Linda nicht nur 10 Jahre länger als der durchschnittliche Amerikaner leben, sie gelten auch als eine der Gruppen weltweit, die am längsten leben und den höchsten Anteil von Hundertjährigen aufweisen. Loma Linda wird daher zu den Blue Zones wie Sardinien oder Okinawa gezählt, wobei ebenfalls die (weitgehende) vegetarische Ernährung mit herausgestellt wird.

Offenbar scheint irgendetwas an dem Ort oder an der Lebensweise die längere Lebenserwartung zu befördern, wozu natürlich auch der vegetarische Lebensstil gerechnet wird. Die adventistischen Forscher waren denn auch über das Ergebnis ihrer in der Zeitschrift Fertility and Sterility erschienen Studie überrascht, die den Zusammenhang zwischen Ernährung und der Qualität der männlichen Samen untersuchen sollte. 443 Fleischesser, 36 Ovo-lakto-Vegetarier und 5 Veganer wurden zwischen 2009 und 2013 auf den Zustand ihrer Samen beobachtet. Ausgegangen war man davon, dass die vegetarisch Lebenden einen besseren Samen haben, so dass womöglich auch die gezeugten Nachkommen gesünder sind und länger leben.

Zwar scheint die Ernährung die Spermienqualität zu beeinflussen, aber dies negative. Die Zahl der Spermien der vegetarisch und vegan sich ernährenden Männer war mit 50,7 Millionen Spermien pro Milliliter deutlich niedriger als bei den Nicht-Vegetariern mit 69,6. Zudem war auch die Beweglichkeit der Spermien mit 33,2 Prozent geringer als bei den Nicht-Vegetariern, wo 58,2 Prozent progressiv beweglich waren. Bei den Veganern waren die Werte etwas besser: Sie wiesen 51,0 Millionen Spermien pro Milliliter auf, von denen 51,8 Prozent beweglich waren, allerdings soll die hyperaktive Beweglichkeit bei ihnen am geringsten sein. Allerdings war die Zahl der Veganer sehr gering und die Fehlertoleranz zu hoch, um signifikante Unterschiede zwischen Veganern und Vegetariern belegen zu können. Morphologisch unterschieden sich die Gruppen ebenso wenig wie hinsichtlich anderer Kriterien wie der schnellen Vorwärtsbewegung.

Zwar sind Männer, die sich vegetarisch ernähren, weit davon entfernt, unfruchtbar zu sein, aber die Befruchtungsrate könnte geringer sein als bei Nicht-Vegetariern oder Fleischessern. Das scheint aber wiederum, was allerdings nicht untersucht wurde, keinen Einfluss auf die zu erwartende Lebensdauer zu haben.

Die Forscher vermuten, dass chemische Substanzen, vor allem Östrogene in der Nahrung dafür verantwortlich sind. Vor allem könnten Sojabohnen eine Rolle spielen, die Phytoöstrogene, vor allem Isoflavone, enthalten und auch gerne von Vegetariern als Fleischersatz verzehrt werden. Es ist bekannt, dass Phytoöstrogene die Spermienzahl vermindern. Zudem könnte ein Mangel an Vitamin B12 eine Rolle spielen. B12 baut Östrogene ab und ist in hohen Konzentrationen in Fisch und Fleisch vorhanden. Die Forscher warnen nicht vor vegetarischer Ernährung, legen aber Nahrungsergänzungsmittel nahe und empfehlen den Verzicht auf Sojaprodukte, wenn Paare ein Kind natürlich zeugen wollen.

Gerade hat aber auch eine Studie von Wissenschaftlern der Harvard School of Public Health nahegelegt, dass nicht die vegetarische Ernährung als solche, sondern der Anbau von Gemüse und Obst entscheidend sein könnte. Auch hier hatten die Männer, die am meisten Obst und Gemüse verzehrten, die geringste Zahl an Spermien und den geringsten Anteil an beweglichen Spermien. Die Unterschiede sind drastisch: Die Männer im höchsten Quartil für den Verzehr von Obst und Gemüse hatten gegenüber dem geringsten Quartil 70 Prozent weniger Spermien und 64 Prozent weniger normal geformte Spermien.

Nach der Studie, die auch zu eruieren suchte, wie stark Obst und Gemüse mit Pestiziden belastet sind, hängt die verminderte Spermienqualität der Vielesser von Obst und Gemüse mit der erhöhten Zuführung von Pestiziden zusammen. Empfohlen wird Männern, die Kinder zeugen wollen, Obst und Gemüse zu kaufen, die nicht oder wenig mit Pestiziden kontaminiert sind. Das dürfte wohl heißen, dass sie Öko-Produkte kaufen sollen.