Wo. Ist. Die. GottVerdammte. Sprach Polizei?

Foto: Patrick Spät

Es nervt, wie Werbung und PR die Sprache verhunzen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Ich bin kein Sprachfetischist. Es ist mir schnuppe, wenn der Bäcker um die Ecke die Substantivierung eines Verbs verhuddelt und auf sein Schild pinselt: "Kaffee zum mitnehmen." Es ist mir auch schnuppe, wenn mittlerweile jeder zweite Tagesschausprecher den Genitiv zum Teufel schickt und den Zuschauern mitteilt: "Wegen dem Sturm fielen zehn Züge aus." Der Genitiv klingt sowieso hölzern. Und ich will auch nicht, dass man "Klapprechner" oder "Rollbretter" sagt, wenn "Laptops" oder "Skateboards" gemeint sind. Etablierte Anglizismen sind okay.

Falsche Anglizismen jedoch sind nervtötend: Wenn jemand zum "Public Viewing" geht, denke ich zuerst an tote Körper statt lebendige Fußballer - meint der englische Begriff doch die öffentliche Leichenschau. Die Deutsche Bahn schießt bekanntlich den Vogel ab mit ihrem "Service Point". Die gute alte "Information" würde man nicht nur im Deutschen, sondern auch im Englischen und vielen anderen europäischen Sprachen verstehen. Apropos Deutsche Bahn: Wer zum Kuckuck hat sich eigentlich die Schreibweise der "BahnCard" ausgeheckt? Die sogenannte Binnenmajuskel ist ein ungesühntes Verbrechen der Werber und PR-Macher.

Wenn ich im Supermarkt einkaufen gehe, weiß ich nicht, was mein Hirn mehr zermatscht: die Weichspüler-Radiomusik aus den Lautsprechern oder die Sprachungetümer auf den Verpackungen. Es sind dann wohl doch die Produktnamen, genauer: deren Schreibweise. Da ist einmal besagte Binnenmajuskel, zum Beispiel beim "OlivenÖl" oder beim "SpezialSenf". Irgendwann im 18. Jahrhundert tauchte die Binnenmajuskel gelegentlich auf, etwa beim "BürgerMeister", aber diese Schreibweise war glücklicherweise schon bald völlig passé. Wer sie reanimiert hat, möge in der Hölle schmoren.

Ebenso grausig ist das sogenannte Leerzeichen in Komposita, bekannter unter dem Schlagwort Deppenleerzeichen. Warum, liebe Sprachpolizei, ermittelst du nicht gegen das "Kartoffel Püree"? Warum dürfen Hersteller ihre Produkte straffrei als "Mate Tee" oder "Tafel Salz" bewerben?

Foto: Patrick Spät

Klar, die Werbefuzzis gieren nur nach einem: Aufmerksamkeit. Wenn man dann Schnappatmung bekommt, weil sie einmal mehr die Sprache verhunzt haben, ist ihr Ziel erreicht: Aufmerksamkeit. Aber der PR-Mist nervt gewaltig. Und: Viele bekommen eben keine Schnappatmung, sondern übernehmen diese Schreibweisen, weil sie glauben, diese Verhunzungen seien korrekt. Und so haben wir den Sprachsalat, wenn wir bei Tankstellen von Angeboten lesen wie "Bremsen Dienst" oder "Wasch Anlage".

Das Sahnehäubchen sind die nunmehr modischen Ein-Wort-Sätze. "Quadratisch. Praktisch. Gut." war ja noch ganz nett, aber wenn ganze Sätze zerhackt werden, nervt’s. Ein Paradebeispiel für solche Ein-Wort-Sätze ist der Slogan: "Wir. Dienen. Deutschland." Richtet sich die Werbung der Bundeswehr an Schimpansen? Vermutlich.

Die Sprache gehört niemandem. Zum Glück. Wir können mit ihr schreiben, mit ihr reden und mit ihr spielen. Wie es uns gefällt. Doch manchmal wünsche ich mir doch eine Sprachpolizei, die den Werbefuzzis auf die Finger haut. Denn egal, ob Binnenmajuskel, Deppenleerzeichen oder Ein-Wort-Sätze: Solche Sprachkonstruktionen sind so elegant wie ein pinker Trainingsanzug auf einer Beerdigung.

Patrick Spät lebt als freier Journalist und Buchautor in Berlin.