Für die Russen scheint Putin weiterhin alternativenlos zu sein

Die Opposition ist nach Umfragen hoffnungslos abgeschlagen

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Das Problem von Russland scheint zu sein, dass Putin alternativlos geworden ist. Während der Westen weiter auf Sanktionen setzt und Putin dämonisiert wird, wächst sein Rückhalt in der russischen Bevölkerung. Das passt also gut zusammen, auch wenn es den Intentionen des Westens zuwiderläuft.

Der russische Präsident Putin im November 2014. Presidential Press and Information Office

Nach einer Umfrage des unabhängigen Levada Center, die im Januar, also vor der Ermordung von Nemzov, durchgeführt wurde, würden 55 Prozent für Putin stimmen, wenn es eine Präsidentenwahl gebe. Diejenigen, die entschieden sind, zur Wahl zu gehen, würden zu 86 Prozent Putin wählen. Die Irrtumswahrscheinlichkeit der Umfrage soll bei 3,4 Prozent liegen. Bei einer Umfrage Ende Februar gaben 86 Prozent an, mit der Politik von Putin zufrieden zu sein. 54 Prozent sagen, das Land gehe in die richtige Richtung, hier geht der Trend nach unten, im August 2014 waren noch 64 Prozent dieser Meinung.

Im Hinblick auf den Ukraine-Konflikt sind 88 Prozent für die Vereinigung der Krim mit Russland. Die ukrainische Führung wird stark abgelehnt (was bei einer Umfrage in der Ukraine für die russische Führung auch gilt). Die Einstellung zu den Bewohnern von Lugansk und Donezk ist gut, sagen 80 Prozent, für eine knappe Mehrheit gilt das auch für die Bewohner der Westukraine. 84 Prozent befürworten den Waffenstillstand. Allerdings gehen 41 Prozent davon aus, dass es erneute Kämpfe gehen wird, während 33 Prozent hoffen, dass damit eine friedliche Lösung des Konflikts eingeleitet worden ist. Das Misstrauen gegenüber Kiew ist deutlich größer, 53 Prozent sagen, Kiew werde den Waffenstillstand brechen, das sagen nur 5 Prozent von den Separatisten.

Putin hat seit der Annexion der Krim bzw. seit der Konfrontation mit USA/EU deutlich an Popularität in Russland zugelegt. Im Januar 2014 hatten nur 29 Prozent gesagt, sie würden für Putin stimmen, im April, nach der Aufnahme der Krim in die Russische Föderation und dem Beginn des neuen Kalten Kriegs, bekundeten schon 49 Prozent dies. Jetzt erzielt Putin für ihn traumhafte Zustimmungswerte von 86 Prozent, ein bisschen weniger als die 88 Prozent im Oktober vor dem Minsker Abkommen, als schwere Kämpfe in der Ostukraine stattfanden.

Wenn Wahlen wären, würden 45 Prozent die Regierungspartei Vereintes Russland wählen, die Kommunisten kämen auf 12 Prozent, Navalnys Fortschrittspartei würden nur 2 Prozent wählen. Die nächsten Duma-Wahlen finden nächstes Jahr statt.

57 Prozent würden begrüßen, dass Russland 2018 wieder Präsident wird, nur ein Viertel würde gerne jemanden anderen sehen. Gleichwohl wollen die Menschen weiterhin keine der Putin-Fanartikel kaufen, die immer mehr angeboten werden. 40 Prozent sagen, es gebe in Russland keinen Personenkult um Putin (2011: 33 Prozent), den es jedenfalls im Westen definitiv gibt, aber 40 Prozent sind auch der Meinung, dass sich ein solcher entwickelt. 74 Prozent der Russen sollen der Überzeugung sein, dass Putin auch weiterhin die Probleme des Landes löst. 41 Prozent sehen darin kein Problem, sondern glauben, dass dies die Stabilität sichert.

Andere Politiker scheinen derzeit keine Chance zu haben. Suganow von der Kommunistischen Partei kommt sogar noch auf 5 Prozent, Schirinowski auf 3 Prozent, der Oppositionspolitiker Navalny aber lediglich auf ein Prozent, ebenso übrigens wie Medwedew. 13 Prozent wollen nicht wählen, 12 Prozent haben sich noch nicht entschieden, 11 Prozent wissen nicht, für wen sie stimmen sollen.

Eine andere, im Februar geführte und auch jetzt veröffentlichte Umfrage macht deutlich, dass die Opposition in Russland derzeit keine Rolle spielt. 18 Prozent sind Prozent der Meinung, dass eine Opposition definitiv notwendig wäre, das sind ebenso viel wie im Mai 2014, aber ansonsten die geringste Zahl der Befragten seit 2004. 40 Prozent sagen, es sei "wahrscheinlich" eine Opposition notwendig, das sind mehr als früher, nur zwischen 2010 und 2012, der hohen Zeit der Opposition, lagen diese Werte höher. Allerdings sind 20 Prozent der Meinung, es gebe derzeit eine Opposition, und 46 Prozent sagen, es gebe "wahrscheinlich" eine solche. Abgesehen von 2012 ist das der höchste Wert seit 2004.

Aber auch wenn die Befragten den Eindruck äußern, es gebe eine Opposition, ist die Sympathie zu ihr gering. Gefragt, ob sie mit den Anführern der außerparlamentarischen Opposition wie Michail Kassjanow, Boris Nemzow, Wladimir Ryschkow oder Alexei Navalny sympathisieren, sagten 3 Prozent ja und 12 Prozent wahrscheinlich, während 68 Prozent mit nein oder wahrscheinlich antworteten. Michail Chodorkowski bringen nur 3 Prozent Respekt und ebenso viele Sympathie entgegen, 40 Prozent stehen ihm gleichgültig gegenüber, eher abgelehnt wird er von 30 Prozent. Immerhin 54 Prozent befürworten das Demonstrationsrecht und sind gegen Verbote, allerdings sagen 34 Prozent, der Staat solle sie verbieten, wenn sie die öffentliche Ordnung stören oder zur Destabilisierung beitragen.

Am wichtigsten ist den Befragten, die jeweils bis zu 5 Themen wählen konnten: der Kampf gegen die Korruption bei Staatsangestellten (32%) und freie Wahlen (30). An dritter Stelle steht die Beendigung der Militäraktionen gegen die Ukraine (23%). 19 Prozent sind dafür, korrupte Putin-Getreue vor Gericht zu bringen und die staatliche Unterstützung von Staatsunternehmen zu reduzieren (15%). Wenig Zuspruch findet die Forderung, den Informationskrieg gegen den Westen (5%) oder die Medienzensur (5%) zu beenden. Für eine Dezentralisierung der Macht stimmten 2 Prozent, ebenso viele wie für eine Freilassung aller politischer Gefangenen.