Spanien: Nach der Wahl kommen die ersten Steuererhöhungen

Die Zeit der guten Nachrichten enden mit der Wahl, den schlechten wirtschaftlichen Aussichten und der explodierenden Staatsverschuldung

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Statt "zarter grüner Pflänzchen", die eine wirtschaftliche Erholung anzeigen sollten, werden nach den Europaparlamentswahlen die Spanier mit höheren Steuern zur Kasse gebeten. Zunächst werden die Steuern auf Treibstoffe und Tabak angehoben - und das dürfte nur der Anfang angesichts explodierender Staatsschulden sein. Zu erwarten ist das auch in anderen Ländern. Deutschland wird keine Ausnahme sein.

Die Wahlen sind vorbei und damit auch die Positivmeldungen von den "zarten grünen Pflänzchen" der wirtschaftlichen Erholung Spaniens, welche die Regierung noch bis zum letzten Wochenende überall ausmachte. Von dieser Erholung ist nun keine Rede mehr, nachdem die Sozialisten (PSOE) am vergangenen Sonntag schwer einbrachen und die Wahlen verloren, aber auch über die Schönfärberei einen Erdrutschsieg der ultrakonservativen Volkspartei (PP) verhinderten.

Nach der Kabinettsitzung am Freitag zeichnete die Regierung ein tiefschwarzes Panorama für Spanien. Wie nach den Parlamentswahlen 2008 wird auch diesmal den Wählern etwas reinerer Wein eingeschenkt. Hatte Zapatero vor den Wahlen eine "fallende Arbeitslosigkeit" angekündigt, geht die Regierung nun davon aus, dass sie weiter ansteigen wird. Kurz vor den Wahlen war plötzlich die Arbeitslosigkeit offiziell ein wenig gesunken, was Zapatero "sehr positiv" beurteilte. Im Mai sollten es knapp 25.000 weniger Arbeitslose gewesen sein als im April. Doch auch hier wird kreativ mit Statistiken umgegangen (Die Zahl der Arbeitslosen als politisches Konstrukt). Der Effekt könnte allein daher rühren, dass etliche Menschen aus der Statistik fielen, weil sie keine Leistungen mehr erhalten, deren Misere sich also deutlich zugespitzt hat. Die Zahl wird auf eine Million geschätzt. Einen dämpfenden Effekt auf die negativen Entwicklungen seit vielen Monaten, dürfte auch die anlaufende Touristiksaison in dem Urlaubsland haben.

Die Regierung räumt nun ein, was allen ernsthaften Analysten seit langem klar war, dass das Schlimmste in Spanien noch bevorsteht. Sie hat deshalb ihre bisherigen rosigen Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung deutlich nach unten korrigiert. Lange sprach sie nicht einmal von einer Krise, obwohl die Ökonomie in den freien Fall überging. Erst im Januar nahm der Wirtschaftsminister Pedro Solbes erstmals offen das "K-Wort" in den Mund. Kurz darauf wurde er von Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero abgesägt. Dabei lag er völlig falsch und prognostizierte nur 16 % Arbeitslosigkeit. Schon im Mai hat Eurostat hingegen 18,1 % angegeben, ein abgeschlagener Rekord in der EU.

Statt einem schrumpfenden Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1,6 %, geht man in Madrid nun davon aus, dass die Wirtschaftleistung 3,6 % schrumpft und das Haushaltsdefizit auf fast 8 % steigt. Damit wird die Staatsverschuldung deutlich über der Marke von 3 % liegen, welche die EU-Stabilitätskriterien erlauben. Wegen fallender Bonität werden die Schulden zudem immer teurer. Eine wirtschaftliche Erholung wird nun auch nicht mehr 2010 erwartet, sondern erst 2011. Zweifelhaft ist erneut, wenn sich Elena Salgado angesichts von vier Millionen Arbeitslosen festlegt und erklärt, die Arbeitslosigkeit werde "fünf Millionen bei weitem nicht erreichen".

Die spanische Regierung beginnt nun damit, an der Steuerschraube zu drehen, um die Einnahmen zu erhöhen. Das ist überall dort zu erwarten, wenn Wahlen, wie in Deutschland im Herbst, vorbei sind, wo viel Geld in zweifelhafte Programme zur Ankurbelung der Wirtschaft und zur Rettung von Banken gepumpt wurde. Vergessen sollte man in Deutschland nicht die Mehrwertsteuererhöhung, die sogar gegen ein ausdrückliches Wahlversprechen durchgezogen wurde.

Auf der Kabinettsitzung in Madrid wurde entschieden, zunächst die Steuern auf Sprit und Tabak zu erhöhen, was man mit gesundheits- und umweltpolitischen Begründungen verkleistern kann. Beim Tabak werden die Erhöhungen um bis zu 30 % ausfallen. Dass die Regierung sagt, Spanien gehöre zu den Ländern mit den niedrigsten Tabakpreisen, ist zwar richtig, das Land ist aber mit einem Mindestlohn von 665 Euro auch beim Lohnniveau ganz unten dabei. So sollen die Raucher nun weitere 1,2 Milliarden jährlich in die Staatskassen dampfen.

Auch der Preis für Benzin, Super und Diesel wird um 2,9 Cent pro Liter angehoben und so sollen zusätzlich 1,1 Milliarden Euro eingenommen werden. Angesichts des wieder steigenden Ölpreises werden aber ohnehin über die Steuern wieder zusätzliche Milliarden in die Staatskassen fließen. So entziehen die Sozialisten den Verbrauchern nicht nur weiter Kaufkraft, sie wird ihnen wohl schnell auf die Füße fallen. So ist angesichts der Krise erneut mit starken Spritpreisprotesten zu rechnen, wie die, die das Land erst vor einem Jahr teilweise lahm gelegt haben (Massive Streiks in Spanien und Portugal).