Die große Daten-Inventur

Forscher bestimmen die Speicher- und Rechenkapazität der ganzen Welt

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Im Jahr 2007 war die Menschheit in der Lage, 295 Billionen Megabyte zu speichern. Alle Übertragungskanäle zusammengenommen besaßen die Kapazität, 2 Billiarden Megabyte zu übertragen. Alle Recheneinheiten elektronische Geräte, vom Supercomputer bis zum Handy, hätten 6,4 Billionen MIPS ausführen können.

In einer Art großen Inventur sind zwei US-Forscher zu diesen gigantischen Zahlen gelangt, die jetzt das Wissenschaftsmagazin Science online veröffentlicht. Interessant werden diese Daten allerdings nicht durch bildliche Vergleiche: ein CD-Stapel von der Erde zum Mond mag die Dimensionen schön veranschaulichen, er verrät aber nichts über die dahinter stehenden Trends und Herausforderungen. Zumal die Daten für das Jahr 2007 extrapoliert wurden - heute dürfte der Stapel über die Mondbahn schon weit hinausragen. Anderseits weisen die Forscher darauf hin, dass selbst diese Menge noch kleiner ist als die Gesamtzahl der von allen DNS-Molekülen eines einzelnen Menschen kodierten Bits.

Spannender wird die umfangreiche Aufstellung der Forscher, betrachtet man den Verlauf über die vergangenen zwanzig Jahre. Das Science-Paper führt explizit die Jahre 1986, 1993, 2000 und 2007 auf - detailliertere Analysen erwiesen sich wegen der unzureichend vorliegenden Statistiken etwa über Hardware-Verbreitung, aber auch über verwendete Kompressionsalgorithmen und die Art der Inhalte als zu unsicher. Analysiert haben die Forscher die wichtigsten analogen und digitalen Speicherverfahren - vom Buch- und Zeitungsdruck bis hin zu Festplatte und Speicherkarte.

1986, 1993, 2000 und 2007

1986 war, nicht ganz überraschend, die analoge Datenwelt noch weit größer als die digitale. Um zwei Größenordnungen. Die größten Informationsberge lagen damals auf Videokassette vor, gefolgt von der LP und der Musikkassette. Auf digitaler Ebene lagen CDs und Minidiscs vorn, gefolgt vom Digitalband und den Disketten.

Auch 1993 dominierte noch die analoge Datenspeicherung, wobei sowohl analog als auch digital um eine Größenordnung gewachsen waren. Papierfotos hatten die Vinyl-Schallplatte überholt, Chipkarten einen riesigen Sprung nach vorn vollführt, und Handys tauchten erstmals in der Statistik auf.

Zum Jahrtausendwechsel hatte die analoge Welt nur noch einen kleinen Vorsprung. Computerfestplatten überholten die Diskette als Speichermedium, Speicherkarten und portable Mediaplayer machten sich erstmals in der Statistik bemerkbar, die DVD feierte einen beeindruckenden Einstand.

2007 schließlich haben digitale Speicherverfahren die analogen endgültig überholt, und zwar um eine ganze Größenordnung. Die analoge Welt wird allmählich abgewickelt, Smartphones und PDA speichern mehr Daten als sämtliche Druckwerke der Welt zusammengenommen, vom Discounter-Prospekt über die Tageszeitung bis zum Hardcover-Bestseller.

Wie haben sich die Übertragungskapazitäten entwickelt?

Hier notieren die Forscher zwei spannende Trends. Zum einen natürlich die Ablösung analoger durch digitale Kommunikation, die derzeit allerdings noch nicht abgeschlossen ist. 2007 hatte jedenfalls die analoge Welt hier noch etwa die doppelte Kapazität, inzwischen könnte sich ein Gleichstand ergeben haben.

Das liegt daran, dass das Paper alle Kommunikationsformen berücksichtigt - die Einwegekommunikation des Fernsehens ebenso wie die Zweiwegekommunikation von Handy und Internet.

Broadcast-Medien, die 1986 drei Größenordnungen mehr Daten übertragen konnten als Telekom-Medien, hatten 2007 noch einen Vorsprung von etwas mehr als einer Größenordnung (zu den Broadcast-Medien zählen die Forscher konsequenterweise zum Beispiel auch Tageszeitungen, während sie zu den „Telekom-Medien“ auch die Briefkommunikation rechneten).

Im Vergleich zwischen 1986 und 2007 fällt vor allem der Siegeszug des Internet auf, das heute das stärkste digitale Übertragungsmedium ist. Die analoge Welt ist hier eher von Konstanz geprägt.

Die Rechenkapazität

Als letztes Kriterium haben die Forscher die Rechenkapazität untersucht. Dabei unterscheiden sie zwischen universell einsetzbaren Geräten (Computer, Taschenrechner und so weiter) und anwendungsspezifischer Rechenkapazität, etwa in der Mikrowelle oder einer SIM-Card. Bei der ersten Kategorie lag 1986 noch der Taschenrechner knapp vor dem PC und den Videospiel-Konsolen. 2007 wurde fast die gesamte Rechenkapazität unseres Planeten von PCs und Spielkonsolen zur Verfügung gestellt, Supercomputer liegen zwei Größenordnungen darunter und werden selbst von Smartphones noch um den Faktor zehn übertroffen. Bei den anwendungsspezifischen CPUs liegen inzwischen die Grafikchips weit vorn.

Wie bei jeder Inventur, sind die so erhobenen Zahlen nicht mehr und nicht weniger als ein Ausgangspunkt. Auf dieser Grundlage lassen sich die kommenden Herausforderungen diskutieren: Wird die Kapazität den Anforderungen genügen? Reichen die vorhandenen Algorithmen, die Daten zu katalogisieren?