"Hände weg vom Acker, Mann!"

Mit der Veröffentlichung eines Berichts und einer Email-Aktion will foodwatch auf die Spekulation mit Agrarrohstoffen aufmerksam machen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Spekuliert wird an den Börsen mit allem, also auch mit Lebensmittel-Rohstoffen. Dadurch werden die Preise mitunter künstlich hochgeschraubt, womit die Spekulanten und die hinter ihnen stehenden Geldgeber, die möglichst hohe Profite machen wollen, unmittelbar arme Menschen in den Hunger treiben können.

Die Politik scheint hier ebenso wie überhaupt gegenüber der Finanzbranche nicht handeln zu wollen oder zu können, während viele Menschen auch nicht wissen oder es nicht wissen wollen, wie die Gelder aus ihren Aktien- und Pensionsfonds oder ihren Lebensversicherungen angelegt werden.

Die Organisation foodwatch hat nun den Bericht Die Hungermacher - Wie Deutsche Bank, Goldman Sachs & Co. auf Kosten der Ärmsten mit Nahrungsmitteln spekulieren, verfasst von Harald Schumann, veröffentlicht. Danach sind im letzten Jahr die Lebensmittelpreise um ein Drittel gestiegen, was 40 Millionen weitere Menschen in die Armut gestürzt hat. Dass dabei die Spekulation eine wesentliche Rolle spielt, soll der Bericht dokumentieren und beweisen.

Die Dimensionen, um die es geht, sind beachtlich: "Bis Ende März 2011 haben Kapitalanleger wie Versicherungen und Pensionsfonds 600 Milliarden Dollar in die von den Investmentbanken und Hedgefonds aufgelegten Papiere für Wetten mit Rohstoffen, darunter Mais und Weizen, investiert." Grund ist die Spekulation mit Futures, der Handel mit diesen ist erst vor zehn Jahren dereguliert worden und hat deswegen, wie es im Bericht heißt, aus der "nützlichen", der Preissicherung dienenden Spekulation eine überwiegend "exzessive" gemacht. Sie mache nun 80 Prozent des Handels mit Rohstoff-Futures aus, früher hätten sie nur einen Anteil von 30 Prozent gehabt. Die These:

Die Nutzung der Rohstoffmärkte als Kapitalanlage hat keinen volkswirtschaftlichen Nutzen. Anders als die Investitionen auf den Märkten für Aktien und Anleihen dient sie nicht der Vermittlung von Kapital an Unternehmen oder Staaten für produktive Zwecke. Vielmehr handelt es sich allein um Wetten auf die Wertentwicklung der gehandelten Rohstoffe. Dabei sind die Erträge für die Anleger eher bescheiden und durch andere Anlagestrategien mindestens ebenso gut zu erreichen. Die Lenkung von Anlagekapital auf die Märkte für Rohstoffe dient dagegen vor allem den Interessen der beteiligten Finanzinstitute und Börsenkonzerne, die dabei ohne jedes Risiko über die erhobenen hohen Gebühren sichere Gewinne erzielen. Deshalb haben diese auch das größte Interesse, dass sich an der gegenwärtigen Situation nichts ändert.

Mit einer Aktion will Foodwatch Anleger, Politiker und Banken auf das Geschäft mit den Wetten auf Agrar-Rohstoffe aufmerksam machen, das nur als Spiel auf den Börsen erscheint, aber Menschen direkt in Hunger und Armut stürzen kann. Gefordert wird von der Politik ein entsprechendes Verbot für Finanzinnovationen, also für Wetten auf Agrar-Rohstoffe, und scharfe Regulierungen der Spekulation mit diesen. Spekulativer Warenterminverträge sollen auf höchstens 30 Prozent aller gehandelten Futures begrenzt und institutionelle Anleger und Publikumsfonds davon ausgeschlossen werden.

Die Aktion richtet sich auch direkt mit einem offenen Brief an Josef Ackermann, den Chef der Deutschen Bank, der auch den richtigen Namen trägt. Als Chef einer der größten Investmentbanken der Welt und als Präsident des Weltbankenverbandes IIF soll Ackermann persönlich Verantwortung übernehmen, für die Deutsche Bank die Spekulation mit Nahrungsmitteln beenden und dafür sorgen, dass sich die Bankenlobby aktiv um Regulierungen bemüht. Um Ackermann dazu zu bewegen, wurde die Email-Aktion mit dem treffenden Slogan: Hände weg vom Acker, Mann! gestartet. Bericht und Aktion kommen zur rechten Zeit, nachdem die Proteste gegen Banken und Spekulanten und das Finanzsystem bereits auf der globalen Bühne stattfinden und sich Politiker und Banker vielleicht nicht mehr länger wegducken können.