Gauck gegen Wikileaks und für Vorratsdatenspeicherung

Am Bundespräsidentschaftskandidaten der etablierten Parteien wird immer mehr Kritik laut

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Am Sonntagabend einigten sich CDU, CSU, FDP, SPD und Grüne auf Joachim Gauck als gemeinsamen Kandidaten für die Wahl zum Bundespräsidenten. Seitdem wird immer mehr Kritik an diesem Bewerber laut, die sich auf Taten und Worte aus seiner Vergangenheit stützt.

So meinte Gauck 2010 im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung in Wien beispielsweise, er sei nicht gegen eine anlasslose Speicherung der elektronischen Kommunikationsdaten aller Bürger und man müsse dem Volk nur besser erklären, dass es sich dabei nicht um den "Beginn eines Spitzelstaates" handeln würde. Dies passt ebenso schlecht zum Prädikat "Bürgerrechtler" (das ihm von Medien häufig verliehenen wird) wie seine Befürwortung von Nacktscannern an Flughäfen und seine empörte Reaktion auf das Portal Wikileaks, das mit "gestohlenem Material" (Gauck) nicht nur diplomatische Einschätzungen, sondern auch unter den Teppich gekehrte Kriegsverbrechen öffentlich machte.

Joachim Gauck bei der Eröffnung des Geschichtswettbewerbes des Bundespräsidenten am 3. September 2008. Foto: Tohma. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Andere Kritiker fragen sich, warum der 1990 ernannte Behördenchef die Stasi-Unterlagen zum ehemaligen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel nicht an den Lübecker Chefermittler Heinrich Wille herausrücken wollte. Eine merkwürdige Amtsführung konstatiert auch der Gerichtsreporter Rolf Schälike, der (anders als Gauck) in der DDR aus politischen Gründen inhaftiert war. Ihm verbot die Stasi-Unterlagenbehörde unter Gauck die Einsichtnahme in die Unterlagen, welche die DDR-Staatssicherheit über ihn gesammelt hatte. Später waren sie dann "verschwunden". Schälikes Gesamteinschätzung: "Gauck vertritt die Mächtigen. Das tat er in der DDR, das tut er jetzt. […] Er wurde und wird missbraucht." Damit spielt Schälike offenbar nicht nur auf Politiker, sondern auch auf Gaucks ehemaligen Stellvertreter Hansjörg Geiger an, der später Chef des Verfassungsschutzes und des BND wurde.

Auch hinsichtlich seiner Wahrheitsliebe könnte die Vergangenheit Gaucks, der sich (ebenso wie Christian Wulff) gut mit dem umstrittenen Unternehmer Carsten Maschmeyer verstand, dunkle Flecken zutage befördern: Der Berliner Tagesspiegel wirft ihm vor, in seiner Zeit als Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde eine falsche Auskunft über die Beschäftigung von ehemaligen Stasi-Angehörigen gegeben zu haben.

Von konservativer Seite wird bemängelt, dass der evangelische Pastor Medienberichten zufolge seit Langem in einem ehebrecherischen Verhältnis mit einer anderen Frau zusammenlebt. Um daraus Rückschlüsse auf Gaucks Umgang mit Menschen zu ziehen, müsste man allerdings erst herausfinden, wer am Zerbrechen seiner Ehe konkret schuld war, was in heutigen Scheidungsverfahren nicht mehr ermittelt wird. Zudem hat Gauck bislang auch gar keine Anstalten gemacht, sich überhaupt scheiden zu lassen, was die Frage aufwirft, ob seine Gattin wohl mit ihm zusammen im Schloss Bellevue einziehen wird.

Grundsätzliche Kritik an Gauck kommt vom Berliner Piraten-Abgeordneten Pavel Mayer. Er twitterte: "Wer beruflich die Existenz fiktiver übernatürlicher Wesen propagiert hat, den will ich nicht als Bundespräsidenten."

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