Akku aus Papier-Abfällen

Forscher haben einen Energiespeicher konstruiert, dessen Grundlage aus billigen Abfällen der Papierherstellung besteht

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Eine Umstellung auf erneuerbare Energien kann nur funktionieren, wenn das Transport- und das Lagerungs-Problem gelöst sind. Dazu braucht man nicht nur ein erweitertes Leitungsnetz, sondern auch Speicher in jeder Form, die den Strom aufnehmen, wenn er gerade kostengünstig produziert werden kann - und ihn abgeben, wenn er gebraucht wird. Gerade in diesem Bereich vollzieht sich der technische Fortschritt nur langsam. So diskutiert man erneut den Bau riesiger Pumpspeicherwerke - eine Technologie, die seit geraumer Zeit bekannt ist und mit Hightech wenig zu tun hat.

Aber sie funktioniert - während die chemische Speicherung elektrischer Energie keine wirklichen Fortschritte zu machen scheint. Es fehlt hier wohl an dem Durchbruch, der eine signifikante Steigerung der Energiedichte ermöglichen könnte. Deshalb besteht noch immer ein wesentlicher Teil des Gesamtgewichts jedes Elektroautos aus den Batterien. Weswegen man überlegt, E-Fahrzeuge ohne Akku zu verkaufen und die Batterie im Leasingmodell einzusetzen - nur so scheint es realistisch, einen konkurrenzfähigen Verkaufspreis zu erreichen.

Die entscheidende Frage ist allerdings, ob sich die chemische Speicherung von Energie wirklich so revolutionieren lässt, dass ein Auto in Zukunft mit einer einzigen Handy-Batterie fahren kann statt wie bisher mit einer Packung aus ein paar Tausend Exemplaren. Den Forschern geht es da ähnlich wie im Bereich der Hochtemperatur-Supraleitung, die nach viel versprechenden Anfängen auch nur schwer vorankommt, weil die Hochtemperatur-Materialien noch immer zu teure Kühlung brauchen. Es ist einfach kein Grundprinzip in Sicht, das die Batterietechnik revolutionieren könnte.

Wenn man Energie also auf absehbare Zeit nicht um Größenordnungen dichter speichern kann, dann hilft eben nur eines: die Akkus zu vergrößern. Dabei gibt es zumindest keine grundsätzlichen Hindernisse - aber ein Problem: Die nötigen Materialien sind rar. Das betrifft zwar nicht das Lithium einer Lithium-Ionen- oder -Polymer-Batterie, wohl aber die Stoffe, die für Kathoden oder Elektrolyte gebraucht werden.

Batterie mit einer Kathode aus einem nachwachsenden Rohstoff

Wollte man die für eine weltweite Erneuerbare-Energien-Wirtschaft nötigen Akkukapazitäten mit herkömmlicher Technologie aufbauen, würde es den entsprechenden Vorräten arg an den Kragen gehen. Eben dafür schlagen ein polnischer und ein schwedischer Forscher nun eine Lösung vor: In einem Artikel im Wissenschaftsmagazin Science beschreiben sie eine Batterie, die mit einer Kathode aus einem nachwachsenden Rohstoff arbeitet - nämlich mit Stoffen, die bei der Papierherstellung als Abfall entstehen.

Dabei orientieren sie sich an einem Vorbild, das sie in der Natur gefunden haben: Pflanzen gelingt es bei der Photosynthese nämlich, elektrische Energie mit einer erstaunlichen Energiedichte zu speichern. Die Natur nutzt dazu so genannte Chinone. Das sind organische Verbindungen, die die Ringstruktur des Benzols geerbt haben, aber zwei Kohlenstoff- durch zwei Sauerstoff-Atome ersetzen. In den Pflanzen speichert Hydrochinon je zwei Elektronen und Protonen - damit erreicht die Natur eine Ladungsdichte von 496 Milliamperestunden pro Gramm (mAh/g). Verglichen mit den vom Menschen konstruierten Lithiumakkus ist das ganz ordentlich - diese kommen auf 344 mAh/g, billigere Eisenphosphat-Strukturen nur auf 170 mAh/g.

Problem: Selbstentladung

Die nötigen organischen Materialien gewannen die Forscher aus Ligninsulfonaten, die bei der Aufspaltung von Holzfasern für die Papierherstellung als Abfall entstehen und teilweise verbrannt werden. Sie enthalten Lignin, einen der wesentlichen Bestandteile von Holz, das als Basis eines Akkus dienen kann.

Die elektrische Leitfähigkeit stellt Polypyrrol her, ein leitfähiges Polymer. Mit dieser Kombination erreichten die Forscher im Experiment eine Ladungsdichte von 100 mAh/g. Das ist vom theoretischen Maximum noch ein Stück entfernt - andererseits wäre der Rohstoff für diesen Akku sehr billig. Ein Problem ist derzeit allerdings noch die Selbstentladung des Materials, wenn ihm keine Energie entnommen wird. Die Forscher sehen hier aber noch Potenzial, wenn es gelingt, die Zusammensetzung des Rohstoffs genauer zu kontrollieren.