Nur noch Reichtum und Ruhm im Kopf?

Die Generation der nach 1982 Geborenen ist nach einer US-Studie weniger als frühere Generationen auf intrinsische Werte, Gemeinschaftsgefühl, politisches Engagement oder Umweltschutz orientiert

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Früher war es einfach besser, zumindest sollen die jüngeren Generationen, die ab den 1980er Jahren geboren wurden, selbstsüchtiger und egoistischer zu sein, vor allem mehr auf Geld und Ruhm ausgerichtet. Ausgerechnet Angehörige dieser Generation stürmen nun ungeordnet, wenig ideologisch und mit flüssiger, aber aufreibender Kommunikation auf die politische Bühne - oder sind die Anhänger der Piraten eher, die nichts in das Bild passen, das sich amerikanische Psychologen machen? Hat sich vielleicht im letzten Jahr mit der Finanzkrise, der Occupy-Bewegung und des arabischen Frühlings die Stimmung verändert?

Für ihre Studie, die im Journal of Personality and Social Psychology erschienen ist, haben die Daten von drei großen Untersuchungen über die Lebensziele, das Verhältnis zu den Mitmenschen und die bürgerpolitische Orientierung von Jugendlichen am Ende der High School (1976-2008), von beginnenden Collegestudenten (1966-2009) und der Baby-Bommer- Generation (geb. 1946-1961) im selben Alter ausgewertet und die Unterschiede zwischen den Generationen zu erfassen versucht. Analysiert wurden die Daten von um die neuen Millionen jungen Menschen.

Dabei kommt schon die Generation der zwischen 1961-1981 Geborenen (GenX) relativ schlecht weg, was auch für die nach 1982 Geborenen zutrifft. Für sie sind extrinsische Werte wie Geld, Aussehen und Ruhm wichtiger als für die Baby Boomer, während intrinsische Werte wie Selbstakzeptanz, Gemeinschaft oder Zugehörigkeit eine geringere Rolle spielen. Die Sorge um die Mitmenschen nahm hingegen nur leicht ab, die bürgerpolitische Orientierung, also das Interesse an sozialen Problemen, politischer Partizipation, Vertrauen in die Regierung oder Engagement für die Umwelt oder das Energiesparen ging hingegen beträchtlich zurück, vor allem was den Umweltschutz anbelangt, der das Thema der vorhergehenden Generation war und ist. Es gebe keineswegs eine "Generation Wir" meinen die Psychologen, sondern vielmehr eine "Generation Ich". Täuschen könne oberflächlich, dass die letzte Generation der Millennials eher während der Schule freiwillige Dienste leisten oder sagen, sie würden dies während des Studiums machen. Das sei aber vor allem darauf zurückzuführen, dass die Schulen für den Abschluss solche sozialen Dienste verlangen. Besonders drastisch setzen sich demnach die Millenials von den Baby Boomern im Hinblick auf den Umweltschutz ab, was, sofern die Ergebnisse etwa auch auf Deutschland zutreffen sollten, bedeuten würde, dass die Grünen auch schon ins Alter gekommen sind. Immerhin dreimal so viele Millennials als Baby Boomer im selben Alter geben zu, dass sie noch keinen Finger zum Umweltschutz krumm gemacht haben. Auch Stromsparen ist zwar politisch topaktuell, aber irgendwie nicht mehr reizvoll reizvoll, man macht es schließlich auch nicht mehr dagegen.

Offenbar hat die jüngere Generation anscheinend ein Sensorium dafür entwickelt, worauf es ankommt, wenn die Gesellschaft nicht anders werden soll oder kann, man sich aber wenigstens keine Hindernisse fürs eigene Fortkommen in den Weg stellen will. Reich sein war für 45 Prozent der Baby Boomer, die zwischen 1966 und 1978 befragt wurden, sehr wichtig, während dies schon für 70 Prozent der Anti-Hippy- und Anti-68-Generation der Xers, befragt zwischen 1979 und 1999, und gar für 75 Prozent der Millenials, befragt zwischen 2000 und 2009, sehr wichtig war. Stark zurückgegangen von 50 auf 35 Prozent ist etwa auch die Haltung, es sei wichtig, auf der Höhe der politischen Aktualität zu sein. Obgleich 73 Prozent der Baby Boomer noch sagten, es sei wichtig, eine "sinnvolle Lebensphilosophie zu entwickeln", sagen dies nur noch 45 Prozent der Millennials, die eher zu surfen scheinen und sich den Gegebenheit flexibel anpassen wollen, als sich ein Identitätskonzept aufzuerlegen.

Der in der Studie in der Form der Selbstauskunft beobachtete Trend zu sinkendem politischem Engagement und wachsender Bedeutung von materialistischen Werten müsste, falls es ihn denn wirklich gegeben hat, freilich keineswegs weiter wirken. Einschneidende Ereignisse wie Kriege oder jetzt die Finanz- und Wirtschaftskrise, die mit einer wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich einhergeht, können Orientierungen schnell verändern - oder haben sie schon verändert?