Stoiber geht fliegen

Die große Kunst der Rhetorik

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Auch die deutsche Blogger-Szene gewinnt immer mehr an Gewicht. Erst vor einigen Wochen deckte sie auf, dass die unselige „Du bist Deutschland“-Kampagne eine unrühmliche Vorgeschichte hat (Auch er war leider schon mal Deutschland...). Danach überflutete sie Google und andere Suchmaschinen mit dem Hinweis auf den vermeintlich besten Blondinenwitz aller Zeiten, der sich dann aber schnell als lustige Link-Orgie entpuppte – wie inzwischen auch Spiegel-Online hat. Und derzeit geht eine MP3-Datei um, auf der sich der bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber erneut als wahrer Rhetorik-Gott erweist.

Schon zuvor war Stoiber mehrfach durch rhetorische Glanzleistungen aufgefallen wie beispielsweise hier. Auch seine schweren Anfangsjahre als aufstrebender Politiker sind als Video im Netz dokumentiert. Aber jetzt hat er alldem fürwahr die Krone aufgesetzt. Und fleißige Blogger haben sich die Mühe gemacht, den brillanten Redeausschnitt mitzuschreiben. Unsterbliche Worte, die auch wir hier gern dokumentieren:

Wenn Sie vom Hauptbahnhof in München mit zehn Minuten ohne daß Sie am Flughafen noch einchecken müssen dann starten Sie im Grunde genommen am Flughafen am am Hauptbahnhof in München starten Sie ihren Flug zehn Minuten schauen Sie sich mal die großen Flughäfen an wenn Sie in Heathrow in London oder sonstwo meine s Charles de Gaulle in äh Frankreich oder in Rom wenn Sie sich mal die Entfernungen ansehen, wenn Sie Frankfurt sich ansehen dann werden Sie feststellen daß zehn Minuten Sie jederzeit locker in Frankfurt brauchen um ihr Gate zu finden - Wenn Sie vom Flug- äh vom Hauptbahnhof starten Sie steigen in den Hauptbahnhof ein Sie fahren mit dem Transrapid in zehn Minuten an den Flughafen in an den Flughafen Franz-Josef Strauß dann starten Sie praktisch hier am Hauptbahnhof in München - das bedeutet natürlich daß der Hauptbahnhof im Grunde genommen näher an Bayern an die bayerischen Städte heranwächst weil das ja klar ist weil aus dem Hauptbahnhof viele Linien aus Bayern zusammenlaufen.

Ja, besser und klarer kann man das nun wirklich nicht mehr formulieren!

Diesen Text gab es jedoch zuerst als MP3-Datei, die der Journalist Mario Sixtus in seinem Weblog am 4. Januar veröffentlicht hat, danach machte diese Geschichte, wie Technorati.com zeigt, äußerst schnell die Runde. Wann der bayrische Rhetorik-Gott diese Rede genau gehalten hat, ist jedoch bisher noch nicht geklärt. „Die Geschichte mit ,im Bahnhof in den Flieger einchecken’ erzählt Stoiber allerdings schon länger. Das Zitat habe ich beispielsweise im Münchner Merkur vom Februar 2003 entdeckt“, sagt Sixtus. Allerdings, fügt er hinzu, sei Stoiber ein Meister der Wiederholung. Verschickt worden sei die Datei als Kettenmail. Und mittlerweile habe sie schon ein Berliner Radiosender gespielt.

Und viele, die die geschliffene Rede inzwischen gelesen oder gehört haben, sind sich in ihrem Urteil einig: Es ist wirklich jammerschade, dass Stoiber nicht Kanzler geworden ist. Was hätten wir da zu lachen gehabt…