Freilandanbau von genverändertem Reis mit menschlichen Proteinen

In den USA könnte bald das erste kommerzielle Biopharming beginnen, Kritiker warnen vor unkontrollierbarer Ausbreitung

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die für die Zulassung von Medikamenten und Lebensmitteln zuständige US-Behörde FDA hat vor kurzem in einem vorläufigen Bescheid den Produkten der Nachkommen von geklonten Tieren Unbedenklichkeit ausgestellt (Produkte von Klontieren als unbedenklich für Menschen erklärt). Man erwartet, dass Fleisch und Milch gegen Ende des Jahres auf den Markt kommen können, auch in Europa könnte dies bald der Fall sein (Bald Produkte von Klontieren auf dem EU-Markt?). In Los Angeles haben sich bereits einige professionelle Feinschmecker in einem Restaurant auf Einladung der Los Angeles Times Steaks von geklonten Tieren in einem Double-Blind-Test mit Steaks von normalen Rindern schmecken lassen und – wie kaum anders zu erwarten -, keinen Unterschied feststellen können. Manche der Eingeladenen kamen aber nicht zum Essen. Nach Umfragen lehnt noch eine Mehrheit der Amerikaner das Fleisch von Kälbern oder Schweinen ab, die von geklonten Tieren abstammen.

Ähnliche Abwehr gibt es bei den genveränderten Pflanzen, die in den Nahrungskreislauf kommen. Bislang wurden vornehmlich genveränderten Pflanzensorten hergestellt, die besser vor Schädlingen geschützt oder gegen Pestizide immun sein, mit kargen Bedingen zurechtkommen oder einen höheren Anteil an bestimmten Nährstoffen enthalten sollen. Bedenken gibt es beispielsweise mit dem Einbau eines Bakteriengens von B. thuringensis, das ein Insektengift codiert.

Medikament aus Reis. Bild: USDA

Nun hat das US-Landwirtschaftsministerium einer Reissorte eine vorläufige Zulassung (praktisch kein Risiko) zum Anbau in Kansas erteilt, was ebenfalls für Disput sorgen dürfte. Die Firma Ventria Bioscience hat die Reissorte Oryza sativa L. mit Genen ausgestattet, die die zwei menschlichen Proteine Lactoferrin und Lysozym codieren. Diese Proteine kommen in der Muttermilch vor und wirken antiviral, antibakteriell und antifungizid. Mit dem Reis sollen Magen-Darm-Erkrankungen und tropische Infektionen behandelt werden. Die Firma hat eine Studie an peruanischen Kindern durchgeführt und will dabei festgestellt haben, dass Kinder, die die aus dem transgenen Reise gewonnenen Proteine Lactiva (Lactoferrin) und Lysomin (Lysozym) deutlich schneller bei einer Durchfallkrankheit gesund wurden als die Kinder, die gewöhnliche Rehydrierungflüssigkeit oder eine solche erhielten, die auf Reise basierte und der die beiden Proteine zugesetzt wurde.

Ventria will die Proteine aus dem transgenen Reise gewinnen, um sie in Form von (tierfreien) Medikamenten oder als Zusatz in Lebensmitteln auf den Markt zu bringen. Scott Deeter, Präsident und Geschäftsführer von Ventria, ist der Überzeugung, dass die Herstellung der Proteine oder anderer Wirkstoffe in Pflanzen (biopharming) viel billiger kommt als mit anderen Methoden: "Pflanzen sind erstaunliche Fabriken. Unsere Rohmaterialen sind die Sonne, Boden und Wasser." Ventria hat mit derselben Methode auch das Blutprotein Albumin aus Reis gewonnen, das sich als Serum nutzen lässt. Bislang sind die Biopharming-Produkte aber noch nicht von der FDA für den Markt zugelassen worden.

Schon beim Anbau melden sich Kritiker, die fürchten, dass die transgenen Pflanzen sich unkontrolliert verbreitet könnten. Die medizinisch wirksamen Proteine könnten dann auch in anderen Pflanzen enthalten und über Lebensmittel unbemerkt aufgenommen werden. Jane Rissler von Union of Concerned Scientists kritisiert, dass eine Anpflanzung von "Medikamenten" im Außenbereich zugelassen werden soll. Noch im Frühling will Ventria seinen Reis auf 450 Hektar anpflanzen, in Missouri, wo man dies zuerst geplant hatte, drohte der Bierhersteller Anheuser-Busch damit, aus Sorge um eine mögliche Kontamination keinen Reise mehr in dem Bundesstaat zu kaufen. In Kansas sei der Anbau sicher, sagt Deeter, weil dort Reis nicht angepflanzt wird. Um eine Verbreitung zu verhindern, werden alle Samen mit speziellen Geräten gemahlen.

Allerdings musste das Landwirtschaftsministerium erneut berichten, dass die konventionell von BASF gezüchtete Reissorte (Clearfield) CL131 in Arkansas mit der genveränderten Sorte (LibertyLink) LL62 von Bayer CropScience kontaminiert wurde, die auf dem Markt nicht zugelassen ist. Auf die Kontaminierung stieß man im Rahmen der Nachforschungen über den Skandal im letzten Jahren, als Spuren des gleichfalls nicht zugelassenes Gentech-Reises LL601 von Bayer Crop Science in großen Teilen der Reisernte gefunden wurde (Der Reis, den keiner wollte). Dem Ansehen des Landwirtschaftsministerium dürfte es nicht gerade gedient haben, dass es Ende des Jahres die Reissorte nach dem Schlamassel mit erheblichen Edinbußen für die Landwirte, schnell noch nachträglich zugelassen hat (Nachträgliche Zulassung).