Deutsche Internet Service Provider erklären "Förderung der Anbindung des Wissenschaftsnetzes" für beendet

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Sechzehn deutsche Internet Service Provider (ISP) haben erklärt, zum Jahresende ihre Verbindungen zum Wissenschafts-Netz (WiN) der deutschen Universitäten zu kappen. Wenn diese Verbindungen nicht mehr existieren, dann muss der Datenverkehr zwischen dem akademischen Netz und den privaten Nutzern über deren jeweilige transatlantische Netzanbindungen geroutet werden. Am 25. November wollen die ISP die Verbindungen testweise für 24 Stunden abschalten, "um die genauen Auswirkungen einer Abschaltung auf den Verkehrsfluss zu messen", wie es in der Erklärung heisst.

Schon seit einigen Monaten herrscht zwischen den wichtigsten deutschen Providern (darunter UUnet, Xlink, IS und Nacamar sowie Compuserve und der AOL-Backbone Mediaways) und dem DFN-Verein, der das WiN betreibt, offener Streit über die Zusammenschaltung ihrer Netze. Dieses sogenannte Peering wird traditionell kooperativ abgerechnet: Alle an einen Knoten angeschlossenen Netze bezahlen gemeinsam dessen Unterhalt. So wird es etwa beim Austauschpunkt DE-CIX der kommerziellen deutschen Provider in Frankfurt gehandhabt.

Der DFN-Geschäftsführer Klaus-Eckart Maass ist allerdings der Meinung, bei der Anbindung der Provider an das WiN handele es sich gar nicht um ein Zusammenschalten von Netzen. Die Provider seien vielmehr an dem Netz selbst, an den Ergebnissen der Universitätsforschung interessiert, meint Maass, und deshalb Nutzer des WiN, genau wie die dort angeschlossenen Hochschulen und Institutionen. "Dass die Provider das 'Förderung des Wissenschaftsnetzes' nennen, darüber muss ich lächeln", so Maass. "Letztlich ist das Grundproblem doch ganz einfach: Die Provider wollen Kosten senken, und wir müssen auch mit unseren Mitteln haushalten. Darum geht der Streit."

Dagegen fasst Klaus Landefeld, Chef des Providers Nacamar, den Grund für den Ärger der deutschen Datentransporteure zusammen: "Der DFN ist das einzige Wissenschaftsnetz weltweit, das von den Providern Gebühren für die Zusammenschaltung der Netze verlangt". Die Provider kündigten deshalb schon im Juni zum Jahresende ihre bestehenden X.25-Verbindungen zum WiN und schlugen einen neutralen Austauschpunkt zwischen DFN und WiN vor.

Verhandlungen in den letzten Monaten liefen zunächst auf eine Kompromissformel hinaus, derzufolge die Provider durch eine abschliessende Spende an den DFN-Verein dessen Anbindung an den DE-CIX finanziert hätten. Stefan Deutsch, Sprecher des Providers UUnet (früher EUnet), berichtet, der DFN habe daraufhin eine Spende in einer Höhe verlangt, die letzten Endes finanziell noch ungünstiger als der Status Quo gewesen wäre.

Nun liegt ein neuer Vorschlag der Provider auf dem Tisch, über den der DFN-Vorstand am Freitag beriet. Mehr als dass die Gespräche fortgesetzt würden, mag Maass zur Position des DFN nicht sagen.

Ein längerer Artikel von Boris Gröndahl über die Hintergründe der Auseinandersetzung vom August 97.