Krieg gegen die Software-Piraterie

US-Regierung reagiert auf den Druck der High-Tech-Industrie

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In einem offenen Brief an den amerikanischen Kongreß beklagten sich Ende September Mitglieder der Business Software Alliance über den wirtschaftlichen Schaden, der durch die weltweite Piraterie für die amerikanische Wirtschaft entstehe. Allein 1996 hätte dies in den USA zu einem Verlust von 130000 Arbeitsstellen und einer Milliarde Dollar an Steuereinnahmen geführt. Man drängt daher auf die Verabschiedung des Copyright-Gesetzes der WIPO, da diese Gesetzgebung "von entscheidender Bedeutung für den weiteren Erfolg der amerikanischen Software-Hersteller" sei.

Weltweit, so die BSA, kostet der Gebrauch von Raubkopien jährlich über 11 Milliarden Dollar, in den USA alleine 2,7 Milliarden Dollar. Vier von 10 installierten Programmen seien Raubkopien. Nach Osteuropa stehen der Mittlere Osten und Afrika an der Spitze derjenigen Länder, in denen am meisten Raubkopien kursieren. 77 Prozent aller Software sind in Osteuropa durchschnittlich Raubkopien. An der Spitze befindet sich Bulgarien mit 97 Prozent, gefolgt von den GUS-Staaten mit 92 Prozent und Rußland mit 89 Prozent. In Ungarn kursiert der Witz, daß im es im gesamten Land, einschließlich der Behörden, nur eine einzige lizensierte Version von Microsoft-Word gebe (siehe John Horvath: In Ungarn ist Software-Piraterie ein Lebensstil). Für Deutschland wird ein Anteil von 33 Prozent angegeben (1995 waren es noch 42 Prozent), was für Westeuropa einen guten Durchschnitt darstellt. Griechenland mit 73 Prozent, Irland mit 65 Prozent und Spanien mit 59 Prozent ragen hier heraus. In den USA ist man mit 27 Prozent offenbar weniger auf das Klauen aus. In Asien liegen China mit 96 Prozent und Vietnam mit 98 Prozent an der Spitze - vielleicht schlägt hier noch der Glaube an das Volkseigentum durch.

Jedenfalls hat die BSA natürlich den von Clinton und Al Gore ausgerufenen "Krieg gegen die Software-Piraterie" freudig begrüßt, schließlich würden von der Software-Herstellung in den USA über 600000 Menschen leben. "Die Botschaft", so Al Gore, "ist klar: Kopiere nicht diese Diskette. Das intellektuelle Eigentum muß Zuhause und im Ausland geschützt werden."

Zunächst will man damit Zuhause mit gutem Vorbild beginnen. Clintons Anweisung an die amerikanischen Behörden lautet, diese sollen sicherstellen, daß nur autorisierte Software erworben und auf den Behördenrechnern benutzt wird. Dazu soll eine Aufstellung der benutzten Software durchgeführt und deren Benutzung protokolliert werden. Es geht darum, bei dem weltweit wohl größten Einkäufer von Computern und Zubehör - Al Gore spricht von Käufen im Wert von über 20 Milliarden Dollar im Jahr - zu verhindern, daß Angestellte Kopien für ihre privaten Computer ziehen oder private Kopien auf ihren Bürocomputern installieren. Über das Ausmaß der Software-Piraterie in den amerikanischen Bürostuben liegen allerdings keine gesicherten Erkenntnisse vor. In einer Überprüfung im Jahr 1993 fand beispielsweise das Verteidigungsministerium heraus, daß bei der Hälfte der überprüften Computer im eigenen Haus Software zweifelhafter Herkunft installiert gewesen sei.

Überdies will die amerikanische Regierung Druck auf andere Regierungen ausüben, um ähnliche Schutzmaßnahmen einzuleiten, so daß die Behörden und Ministerien anderer Länder auch nur autorisierte Software zum Nutzen der amerikanischen Wirtschaft verwenden. Das will man in Zusammenarbeit mit der Software-Industrie mit einem Versuch verbinden, die Regierungen anderer Länder davon zu überzeugen, daß sie doch ihre Software erneuern und zum Kauf "legaler Software" auch die entsprechenden Budgets zur Verfügung stellen sollen ...