Zensur für "Ehrverletzung" des spanischen Königshauses

Die Satirezeitschrift "El Jueves" wurde beschlagnahmt, weil sie auf dem Titel das Kronprinzenpaar beim Sex zeigt

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Satirischer könnte es kaum sein, dass das spanische Ministerium für Staatsanwaltschaft, geführt von den "Sozialisten" (PSOE), die Beschlagnahme einer Satirezeitschrift wegen Prinzenbeleidigung beantragt und sie ihren allseits bekannten Spezialrichter Juan del Olmo wieder einmal massiv in die Pressefreiheit eingreifen lässt.

Die Wellen kochten Ende vergangener Woche hoch, als die Zeitschrift der El Jueves, "die Zeitschrift die Mittwochs erscheint", die Monarchisten mit einem Titelblatt auf den Plan rief. Es war zunächst die Staatsanwaltschaft, in Spanien als Ministerium ein Teil der Regierung, welche die Beschlagnahme der Auflage (knapp eine halbe Million) beantragte. Dem Antrag gab der Telepolis-Lesern allseits bekannte Ermittlungsrichter Juan del Olmo, vom spanischen Nationalen Gerichtshof nach. Erneut gehen der Gerichtshof und sein Richter, der eigentlich für Terrorismus und Schwerstverbrechen zuständig ist, gegen eine Zeitschrift vor und ordnete eine Konfiszierung an.

Gezeigt wird auf dem Titelblatt der spanische Kronprinz Felipe mit seiner Ehefrau Letizia beim Sex. Anlass war die Ankündigung der spanischen Regierung, angesichts der Vergreisung der Gesellschaft, Familien für jedes Neugeborene mit 2.500 Euro zu belohnen, um die Geburtenrate zu steigern. "Es zeigt sich, dass Wahlen kommen", heißt die Überschrift unter der eine Zeichnung den Prinzen zeigt, der seine Frau vögelt und spricht: "Ist dir das klar? Wenn du schwanger wirst... So nahe bin ich in meinem Leben noch nie ans Arbeiten heran gekommen". Damit kritisiert die Zeitschrift, dass das Könighaus komplett aus der Staatskasse finanziert wird und per Verfassung sogar von Strafverfolgung ausgeschlossen ist.

Die Karikatur "verletze die Ehre und Würde der abgebildeten Menschen" erklärte der Ermittlungsrichter. Er beschied damit positiv den Antrag der Staatsanwaltschaft, welche die Zeichnung als "eindeutig abwertend" und "rufschädigend" bezeichnete.

Da aufgrund der Zensur der Printausgabe viele Menschen versuchten, die Karikatur auf der Webseite von El Jueves zu sehen, ist diese unter dem Ansturm am Freitag zusammen gebrochen. Dann aber musste sie auf Anweisung der Behörden ganz vom Netz genommen werden. Die Herausgeber hoffen, dass nach Entfernung der Karikatur die Webseite wieder freigegeben wird.

El Jueves ist für seine anti-monarchische Haltung bekannt, wie man sie auch von einer sozialistischen Partei erwarten sollte. Ganz besonders in Spanien, wo die Monarchie einst in der Republik abgeschafft wurde, weshalb sich die Monarchisten am Putsch 1936 beteiligten (Kampf der zwei Spanien). Erst kurz vor dem Tod Francos wurde von ihm die Monarchie wieder eingesetzt, nachdem die baskische ETA den geplanten Nachfolger ermordet hatte.

Es war stets erstaunlich, dass ausgerechnet die Sozialisten an der Restauration der Monarchie mitgearbeitet haben, während sie die Massenmörder der Diktatur bis heute unbehelligt ließ, die Opfer weder rehabilitierte, noch die Nachfahren entschädigte, die noch zu Zehntausenden in Massengräbern liegen. Das entsprechende Gesetz, das zum 70. Jahrestag des Putschs in Kraft treten sollte, liegt auf Eis, weil Amnesty International, Opferorganisationen und Linksparteien es als "Schlusspunktgesetz" zur Absicherung der Straflosigkeit der Täter bezeichnen.

Journalistenverbände bezeichneten das Vorgehen gegen den Jueves als "anti-demokratisch" und als Rückschritt in die Vergangenheit. Linksparteien hatten das Könighaus aufgefordert, ein Wort für die Pressefreiheit einzulegen, was nicht geschah. Die Zeitschrift will das Vorgehen am Mittwoch humoristisch würdigen. Die Direktion hofft, die Leser "gewinnen das Rennen gegen die Polizei". Die inkriminierte Ausgabe wird derweil im Internet für 2500 Euro angeboten.

Leider ist Zensur auch nach dem Ende der Diktatur an der Tagesordnung. 1986 wurde, ebenfalls unter der PSOE, die Vernichtung einer Zeitungsausgabe angeordnet, weil sie die Königsfamilie beleidigte. 1989 wurde die baskische Zeitung und Radio "Egin" vorläufig geschlossen. 2001 war die Zeitschrift Ardi Beltza dran und 2003 die baskische Tageszeitung "Egunkaria" (Baskische Journalisten gefoltert). In keinem Fall liegt bisher ein Urteil vor, welches das Vorgehen bestätigen könnte.