Die Frau als Objekt

Männer reagieren auf den Anblick nackter Frauenkörper so ähnlich wie auf ein Werkzeug - die Psychologen sprechen von Objektifizierung

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Wenn sich zwei Menschen begegnen, greifen sie normalerweise auf ihr soziales Repertoire zurück: Sie versuchen herauszufinden, wie es dem anderen geht, welche Intentionen er hegt - sie versetzen sich in das Gegenüber. Solche Fähigkeiten werden sogar manchen Tierarten nachgesagt, für ein soziales Miteinander sind sie jedenfalls unabdingbar. Diese Verhaltensweisen lassen sich auch mit Experimenten nachweisen. Sie sind auch von der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) erfassbar - der mittlere präfrontale Kortex etwa wird typischerweise aktiviert.

Allerdings sind sie offenbar nicht zwingend. Das scheint vor allem für eine bestimmte Art zwischenmenschlicher Begegnung zu gelten: Legt man Männern Bilder spärlich bekleideter Frauen vor, tritt keine Aktivierung des mittleren präfrontalen Kortex auf. Ein amerikanisches Psychologenteam um Susan Fiske von der Princeton University hat auf einem Kongress jetzt von einer Vorabstudie berichtet, die Einzelheiten verrät. Zunächst prüften die Forscher, inwieweit der Prozess der Objektifizierung das Gedächtnis beeinflusst. Ihre These: Wenn man eine bestimmte Art Bild gedanklich anders betrachtet als den ganzen Rest der Bilder, müsste sich das in der Merkfähigkeit niederschlagen. Tatsächlich konnten sich heterosexuelle Männer signifikanter an Bilder bikinitragender weiblicher Torsen als an jede andere Art von Bild erinnern, eingeschlossen solche, die Gesichter zeigten. Nun behält der Mensch Objekte nicht nur nach ihrem Aussehen im Gedächtnis, sondern auch danach, wie man sie normalerweise physisch nutzt. Zur Erinnerung an eine Zange gehört das Gefühl, die Zange an ihren Griffen zu öffnen oder zu schließen, einen Handbohrer repräsentieren im Gehirn nicht nur seine Windungen, sondern auch die beim Bohren nötigen motorischen Aktivitäten der Hand.

Ähnliches vermuteten die Forscher auch bei der Objektifizierung von Frauen. Tatsächlich zeigte sich unter dem fMRT, dass beim Anblick spärlich bekleideter Frauen dieselben, typischerweise prämotorischen Hirnareale aktiviert wurden wie vor der Benutzung von Werkzeugen. Die Aktivierung der Neuronen vollzog sich so, als stünde den Männern eine direkte physische Handlung bevor. Diese direkte Beziehung ließ sich auch nur für diese eine spezielle Art von Bildern herstellen - in keinem anderen Fall verhielten sich die Testpersonen so. Interessanterweise war die Beziehung bei den Männern am deutlichsten zu beobachten, die sich auch am besten an die Nacktbildchen erinnern konnten.

Schließlich betrachtete das Forscherteam auch noch die Hirnareale genauer, die sich normalerweise um die Einfühlung kümmern. Sie blieben beim Betrachten der Bikini-Körper, das überrascht nun nicht mehr, mehr oder weniger inaktiv. Und zwar umso mehr, je mehr Punkte sich die getesteten Männer auf der von Fiske mitentwickelten Sexismus-Skala in der Dimension „hostile sexism“ erarbeitet hatten. Wer den Test selbst durchführen mag: für deutsche Männer liegt der mittlere Index beim “hostile sexism“ bei etwa 2,4 von 5 (Frauen: 1,8 von 5), beim benevolent sexism liegen die Frauen mit 2,5 Punkten leicht vor den Männern mit 2,4.