Streit zwischen Marokko und Spanien um die Petersilieninsel

Update: Spanien hat heute die Insel "Leila" mit Militär besetzt

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Seit Marokko am vergangenen Donnerstag auf der "Isla Perejil" (Petersilieninsel), einem unbewohnten Felsbrocken, einen "Kontrollposten" eingerichtet hat, ist es mehrfach zu brenzligen Situationen gekommen. Ein marokkanischer Offizier warnte die Guardia Civil, seine Soldaten könnten versehentlich auf die Boote schießen, berichtet die Zeitung El Pais.

Update: Heute Morgen hat Spanien mit Kampfflugzeugen, Marineeinheiten und Spezialtruppen die marokkanischen Soldaten, die auf der Insel stationiert waren, von dieser vertrieben. Man habe sich, so die Regierung, "genötigt" gesehen, dies zu machen. Die sechs marokkanischen Soldaten seien ohne Gegenwehr festgenommen und der Regierung übergeben worden. Der Luftraum über der Insel und die Flughäfen in Jerez und Melilla sind noch gesperrt. Vor der militärischen Aktion habe man den UN-Sicherheitsrat, die internationalen Verbündeten und die Nato informiert. Mit Marokko wolle man im Gespräch bleiben und weiterhin freundschaftliche Beziehungen pflegen.

Noch ist es zu keiner bewaffneten Aktion gekommen, doch die ist angesichts der Provokation Marokkos und dem Machogehabe der Spanier möglich. Marokko wolle Spanien weder provozieren noch bedrohen, sondern habe lediglich einen Kontrollpostens für den Kampf gegen Terrorismus und der illegalen Einwanderung eingerichtet. Das ist natürlich nur vorgeschoben, aber geschickt gemacht, weil Rabat die Argumente für sein Handeln anführt, mit dem Spanien normalerweise seine repressiven Maßnahmen begründet.

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Efe würden derzeit etwa 100 Soldaten zusammen gezogen und Infanterie auf der Insel stationiert. Das kann eine Reaktion auf die Ankündigung direkten Zwangs aus Madrid sein. "Wenn nötig, verzichten wir auf kein legitimes Mittel", sagte Pedro Morenés, der Staatssekretär für Sicherheitspolitik, bei einem Besuch in den spanischen Exklaven in Afrika, Ceuta und Mellilla. "Und ich sage jeder Art."

Es ist ein absurder Streit um einen unbewohnten Felsbrocken mit einem Durchmesser von etwa 1, 5 Kilometern, der allerdings strategisch günstig in der Meerenge von Gibraltar liegt, nur 500 Meter vor der marokkanischen Küste. Doch der Konflikt kann sich leicht zu einer kleinen Katastrophe ausweiten. Dahinter verbirgt sich der seit Jahren schwelende Konflikt zwischen dem ehemaligen spanischen Protektorat und der Kolonialmacht. Marokko geht es nur zum Teil um die Exklaven Ceuta und Melilla, die sich umschlossen von Marokko auf dem afrikanischen Kontinent befinden. Zwar werden sie von Marokko schon lange zurückgefordert, aber viel dafür getan hat Rabat nie, solange die Beziehungen zu Spanien gut waren. Aber die sind derzeit auf einem Tiefpunkt. Schon lange hat Rabat seinen Botschafter aus Madrid abgezogen.

Die sozialistische Vorgängerregierung hatte noch 1995 mit Marokko den Prozess von Barcelona in Gang gebracht, um bis im Jahre 2010 eine Freihandelszone unter Einschluss von Tunesien und Algerien zu gründen. Mit der konservativen Regierung kam es hingegen immer wieder zu Konflikten: Streit um Fischereirechte, die schlechte Behandlung marokkanischer Einwanderer oder die Absicht, dass Spanien nun Erntehelfer aus Osteuropa holen und Marokkaner reihenweise abschieben will.

Auch wenn der Regierungschef Jose Maria Aznar erklärt, man werde die marokkanischen Truppen auf der Insel "nicht akzeptieren", so fehlt dafür zumindest jede rechtliche Grundlage. Als sich Madrid und Paris während der Kolonialzeit 1912 auf die Grenzen des einstigen Protektorats einigten, wurde die Insel nicht erwähnt. Sie taucht auch nicht in dem Autonomiestatut Ceutas von 1995 auf. Die Regierung in Rabat erklärt nun, dass die Insel seit der Unabhängigkeit Marokkos 1956 zu dem Land gehört. 1960 hatten die spanischen Soldaten die Insel verlassen. In Madrid wird nun fieberhaft in den Archiven und im Internet nach Unterlagen gesucht, die völkerrechtlich verwertbare Ansprüche auf Leila begründen könnten.