Geldwäsche und Zigarettenschmuggel in den Irak

EU klagt gegen Reynolds

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Während die US-Regierung Washington den nächsten Krieg gegen das Böse an sich und Saddam Hussein im besonderen vorbereitet, muss sich das US-District Gericht für den östlichen District von New York mit der Frage befassen, ob ausgerechnet US-Tabakkonzerne wie der mit Bush eng verbundene Reynoldskonzern mittels Geldwäsche und groß angelegtem Zigarettenschmuggel die Familie Saddams und islamische Terroristen unterstützt haben.

Solche Vorwürfe enthält eine Zivilklage wegen Geldwäsche, die am 30. Oktober dieses Jahres von der Europäische Kommission im Namen der Europäischen Gemeinschaft und zehn ihrer Mitgliedstaaten gegen den US-Zigarettenhersteller R. J. Reynolds eingereicht wurde. Zum Mittel der Zivilklage wegen Geldwäsche wurde gegriffen, weil das New Yorker Gericht, eine vorherige Klage wegen Zigarettenschmuggels im Februar dieses Jahres abgewiesen hatte.

Das Bezirksgericht unter Leitung von Richter Garaufis berief sich dabei auf die so genannte revenue rule, eine Vorschrift aus dem 18. Jahrhundert, die es einem US-Gericht gestattet, eine Steuerforderung aus dem Ausland nicht durchzusetzen. Der Klage haben sich die Mitgliedstaaten Italien, Deutschland, Frankreich, Spanien, Portugal, Griechenland, Belgien, die Niederlande, Finnland und Luxemburg angeschlossen. Großbritannien unterstützt diese Klage nicht - vielleicht weil im Klagetext auch britische Firmen und Banken Erwähnung finden. Die EU-Kommission gibt sich kämpferisch. Die von Bündnis 90/Die Grünen in die Kommission entsandte Kommissionsmitglied Michaele Schreyer erklärte.

Die Kommission ist entschlossen, den Kampf gegen Geldwäsche, Zigarettenschmuggel und die damit verbundene internationale Schwerkriminalität zu gewinnen."

Die EU erhebt den Vorwurf, dass amerikanische Tabakkonzerne am Zigarettenschmuggel zu Lasten der europäischen öffentlichen Kassen beteiligt seien. Der jährliche Verlust wird auf mehrere Hundert Millionen Euro an Zoll- und Steuereinnahmen geschätzt.

Hauptzweck der neuen Klage ist den Erklärungen der Kommission zufolge

...der Erlass einer Unterlassungsverfügung gegen R. J. Reynolds, damit dieses Unternehmen aufhört, Einnahmen aus illegalen Tätigkeiten zu waschen. Außerdem bietet die Klage Gelegenheit, einen Ausgleich für die Verluste wirtschaftlicher und sonstiger Art zu verlangen, die die Europäische Gemeinschaft bzw. die zehn Mitgliedstaaten in der Vergangenheit durch die Geldwäscheaktivitäten des Beklagten erlitten haben.

Verschiedenen Berechnungen zufolge betragen allein die Ausfälle von Zoll-Einnahmen für den EU-Gemeinschaftshaushalt zwischen ein und zwei Milliarden Euro jährlich. Hinzu kommen die Verluste der Mehrwert- und Tabaksteuer, die EU-weit die auf jährlich 90 Milliarden Euro geschätzt werden.

Auf über 149 Seiten belegt die von den Anwälten John J. Halloran, New York und Kevin A. Malon, Ford Lauderdale, Florida, vertretene Klage den Zusammenhang zwischen Zigarettenschmuggel der Geldwäsche aus dem Drogenhandel. Die Klage unterstellt dabei, dass der Reynolds-Konzern Zigarettenschmuggel und Geldwäsche duldet oder sogar aktiv unterstützt. Erwähnt werden kolumbianische und afghanische Drogenhändler ebenso wie Schweizer und britische Geldwäschefirmen, und Banken sowie Liechtensteiner Geldverstecker. Detailliert wird auf zehn Seiten der Zigarettenschmuggel in den Irak thematisiert.

Zehn Seiten widmen die EU-Anwälte dem Zigarettenschmuggel in den mit einem UNO-Boykott belegten Irak, wobei sie direkte Verbindungslinien zur Familie des irakischen Diktators Saddam Hussein herstellen. Reynolds Zigaretten seien mit Zutun von Konzernmanagern und finsteren Zwischenhändlern im großen Stil in den Irak geschafft worden.

Der Schmuggel sei jahrelang über einen Mann namens Issa Audeh auf Zypern organisiert worden. Die finanzielle Abwicklung erfolgte der Klageschrift zufolge über das Tradinter East Development Establishment in Liechtenstein

Zwischen dem 18. August 1999 und dem 30. Juni 2001 werden allein 35 Schmuggeltouren der Akshimpex Trading Ltdvon aus Zypern über die Türkei in den Irak mit jeweils zwei bis 24 Containern aufgelistet. Weitere Lieferungen habe man auch noch Anfang dieses Jahres registriert. Saddam Husseins Sohn Uday Hussein profitiere direkt vom Zigarettenschmuggel in den Irak

Mit dem Zigarettenschmuggel seien, so die EU Anwälte auch various terrorist groups einschließlich der kurdischen Arbeiterpartei PKK unterstützt worden. In den von der PKK kontrollierten Gebieten im Norden des Irak habe der US-Tabakonzern entsprechende Wegezölle an die PKK entrichtet. Neben Terroristen werden auch Mafiosi und kolumbianische Drogenbosse als Profiteure des illegalen Zigarettenhandels genannt. Reynolds habe bis in die höchsten Etagen dazu beigetragen, mit Hilfe von Zigarettendeals Kokain-oder Heroin-Gewinne in sauberes Geld umzuwandeln. Die Drogenbosse brachten im großen Stil Kokain in die Europäische Union und erwarben mit dem Profit Reynolds-Zigaretten. Die Klimmstengel verkauften sie mit Gewinn, und schon war das Drogengeld gewaschen. Ein von der spanischen Polizei 1999 aufgedecktes kriminelles Netzwerk trug den bezeichnenden Namen Los Mataderos.

Die Klageschrift nennt an dieser Stelle konkrete Personennamen: Als ein wichtiger Reynolds Kunde wird Laureano Oubina genannt und als Mitglied eines galizischen Drogennetzwerkes bezeichnet.. Oubina habe außer zu Reynolds auch Kontakte zum kolumbianischen Drogenkartell Medellin unter Leitung von Pablo Escobar Gaviria und später von Fabio Ochoa Vazquez unterhalten.

Michael Haenggi, ein Reynoldshändler, habe öffentlich seine Involvierung in den Zigarettenverkauf an Kriminelle bestätigt. Als Beispiel für die Schweizer Verwicklung ist u.a. von einer "Alfred Bossert Geldwäsche-Organisation" die Rede. Bosserts Anwalt Postizzi sagte auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda, dass sein Klient keine Kenntnis von der Klage habe und zudem keinerlei Vorstrafen aufweise. In der Schweiz sei auch nie gegen Bossert ermittelt worden. Allerdings räumt Postizzi ein, dass Staatsanwalt Giuseppe Scelsi aus Bari Bossert der Organisation des Zigarettenschmuggels verdächtige. Wahr sei, dass Bossert in der Vergangenheit einige Zahlungen für Zigarettenhändler getätigt hat. Aber die Vorwürfe der EU sind laut Postizzi aus der Luft gegriffen Wann über die neuerliche Klage entschieden wird, steht noch nicht fest.

Zum Weiterlesen : Swiss Connection Zigarettenschmuggel