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Neues von der Public Library of Science - die beiden ersten Zeitschriften kommen

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Damit die Wissenschaft voran schreiten kann, müssen wissenschaftliche Erkenntnisse dem Rest der Community zur Verfügung stehen. Im digitalen Zeitalter werden die Karten dank der Public Library of Science nun vielleicht neu gemischt.

Praktisch gibt es bei der Veröffentlichung von Erkenntnissen stets ein paar Probleme, so die Tatsache, dass Fachzeitschriften sündhaft teuer sind und deswegen nicht an allen Instituten vorhanden sein konnten. An den Autoren liegt das nicht, denn wie es in der Wissenschaft üblich ist, bekamen die für ihre Artikel nichts, sie müssen vielmehr froh sein, wenn überhaupt eine renommierte Zeitschrift ihre Arbeiten nimmt, was den Autoren mit etwas Glück Berufungen, Stellungen, letztendlich Erfolg bescheren kann.

Das Internet hat auch hier die Grundlagen auf den Kopf gestellt: Wozu sind noch die Fachverlage notwendig, wenn die Informationen direkt übers Netz publik gemacht werden können? Doch ist die Angelegenheit nicht ganz so einfach: Schließlich müssen rigorose Verfahren eingehalten werden, um die Qualität der Publikation zu garantieren.

Und so dachte die Public Library of Science ursprünglich gar nicht daran, den großen Fachzeitschriften Konkurrenz zu machen. Man wollte lediglich erreichen, dass Artikel, die in den großen Fachmagazinen publiziert werden, sechs Monate nach ihrem Erscheinen auch kostenlos im Internet zur Verfügung stehen (Wissenschaftler fordern eine zentrale Datenbank für alle Veröffentlichungen). Die wenigsten Hightech-Institutionen würden deswegen die Abonnements kündigen, die Verlage hätten weiter Gewinne machen können, und Ärzte aus Uganda (oder Medizinstudenten in Deutschland nach der nächsten Bibliotheksmittelstreichwelle) hätten dennoch mit etwas Verzögerung die Forschungsergebnisse rezipieren können.

Ein entsprechendes Ultimatum letztes Jahr von zahlreichen Wissenschaftlern gestellt, das am ergebnislos 1. September verstrich (Die Wissenschaft schlägt zurück). Die Wissenschaftler wollten in keiner Zeitschrift mehr publizieren, die das Einstellen der sechs Monate alten Beiträge nicht zugestand. Aber die ganze Aktion verpuffte, da kein einziger renommierter Verlag nachgab. Weil es keine Alternativen gab, die eine ähnliche Qualität an redaktioneller Kontrolle und eine ebenso hochkarätige Reviewer-Besetzung geboten hätten, wurde weiter in den bekannten Fachmagazinen publiziert.

Das könnte sich bald ändern. Am 17. Dezember 2002 gab die Public Library of Science bekannt, dass ihr die Moore-Stiftung (von Gordon Moore, einem der Intel-Gründer, und seiner Frau Betty ins Leben gerufen) Mittel in Höhe von neun Millionen Dollar zur Verfügung gestellt habe. Mit diesem Geld werden zwei Zeitschriften aus der Taufe gehoben: PLoS Biology und PLoS Medicine. Und vor allem: Richtige Zeitschriften, mit allem drum und dran, die gute Chancen haben, binnen kurzem in der Fachwelt als Ersatz für die großen Namen akzeptiert zu werden.

Autoren sollen für die Publikationskosten aufkommen

Übrigens reicht selbst diese eminente Summe nicht aus, um die PLoS-Zeitschriften auf Dauer zu finanzieren. Die Publikationskosten - im wesentlichen die Redaktions- und Review-Arbeit - sollen bei den Autoren über eine "modest charge" eingetrieben werden. Diese "bescheidene Gebühr" beläuft sich laut New York Times auf 1.500 Dollar pro Artikel. Aber auch hier gibt es Lösungsansätze: Das ebenso renommierte und wohldotierte Howard Hughes Medical Institute hat schon erklärt, die Kosten seiner Wissenschaftler zu übernehmen, in den PLoS-Zeitschriften publizieren wollen. Die Soros-Stiftung hat auch Unterstützung für die Publikationskosten von Wissenschaftlern aus Osteuropa versprochen.

Was aus der ganzen Geschichte wird, ist unabsehbar. Auf der einen Seite klingt das PLoS-Modell bestechend logisch (und auch die Publikationsgebühr dürfte amerikanische Forscher zumindest im medizinisch-biotechnischen Bereich wenig interessieren). Andererseits ist die Massenträgheit der wissenschaftlichen Community doch ein entscheidender Faktor, so dass durchaus ein längeres Weilchen vergehen kann, bis sich die PLoS-Zeitschriften einen entsprechenden Rang erobert haben.

Die Autoren sollen für ihre Artikel ein eingeschränktes Copyright behalten, so dass ihre Autorenschaft sichergestellt wird aber sie müssen die Lizenz zur weiteren Veröffentlichung an jeden Interessenten abgeben, so dass sie keinen Einfluss darauf haben, wer und wo der Artikel noch veröffentlicht werden kann. Eine derartige "open-access" Veröffentlichungslizenz im Sinne von Creative Commons wird für die geplanten Zeitschriften gerade erarbeitet.

Während also in den Vereinigten Staaten die Wissenschaft in die Offensive gegangen ist, kämpft man hierzulande ein Rückzugsgefecht. Die Urhebernovelle bedroht die Verwertung von Materialien in Wissenschaft und Bildung, und selbst hier fordert die Content-Industrie noch Nachbesserungen ...