Vorsicht, Feind hört mit!

Die Musikpolizei kassiert ab

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Dass die GEZtapo in Deutschland für jeden Fernseher und jedes Radio in gewerblichen Räumen separat kassiert, ist gar nicht mal das Schlimmste - es kann viel dicker kommen. Und ein CD-Spieler als Ersatz für das Radio hilft da auch nicht weiter.

Unzählige Geschichten gibt es darüber, dass zwar zu Weihnachten der rote, das ganze Jahr aber auch der schwarze Mann mit der Lizenz zum Abkassieren vor der Tür steht und für nur Einunddreißigachtundfünfzig allen Sündern vergibt. Billiger als in der Kirche, oder? Und der Tarif für Schwarzsehen ist - außer bei Politikern, die das üblicherweise den Job kostet -verdammt nah am Tarif für Schwarzfahren, gemeinhin "erhöhtes Beförderungsentgelt" genannt, der zumindest in München 30 Euro beträgt.

Doch während erwischten Schwarzfahrern laut den üblicherweise auch gehaltenen "Werbeversprechen" der Verkehrsbetriebe zwar eine "Blamage vor allen Leuten" geboten wird, ist der Fall mit Bezahlung der 30 Euro auch gegessen, sofern man nicht chronisch vergesslich ist und daher öfters ohne Fahrkarte erwischt wird. Schwarzsehen oder -hören ist dagegen meist deutlich teurer, denn es werden bis zu sieben Jahre Gebühren nachkassiert. Wer in seinem Arbeitszimmer Zuhause oder gar in der Firma Fernseher oder Radio stehen hat, muss dabei sogar pro Gerät nachzahlen und sollte sich nicht drauf verlassen, dass der "schwarze Mann" im Büro dann auch wirklich so aussieht, wie es uns die Werbung weismachen will. Und auch das Autoradio kostet extra, wenn es in einem Firmenwagen ist.

Doch wer denkt, dass er nun nach der Unterschrift unter den GEZ-Ablassbescheid wieder unbeschwert am Arbeitsplatz zur Hitparade trällern kann, hat sich getäuscht: Bei Musik gibt es ja nicht nur die GEZ, sondern auch noch die GEMA. Und die verlangt Geld für das Handyklingeln ebenso wie für den fast schon unverschämten trällernden Musik-Hinweis "all you can do is sit and wait" in der Telefonwarteschleife und natürlich erst recht für öffentliche Musikdarbietungen. Das passiert beim Radio in der Kneipe genauso wie beim CD-Spieler in der Disco. Selbst bei Gedudel in der Peepshow werden GEMA-Gebühren fällig und beim Webradio sowieso.

Klar, eine Discothek verdient ja auch ihr Geld mit dem Abspielen von Musik und auch manche Szenekneipe mag gerade wegen ihrer Musik so angesagt sein. Ein Webradio, das eher Hobby ist und nur eine Handvoll Hörer hat, wird sich dagegen mit den 25 Euro im Monat schon schwer tun. Doch ob ein Unternehmen sein Einkommen nun tatsächlich mit Musik verdient, ist für die Gebührenpflicht nicht entscheidend: Wenn der Busfahrer den Kegelverein ins Schigebiet fährt und dabei Radio oder Kassetten laufen lässt oder auch die Schüler ihre mitgebrachten Kassetten auf der Klassenfahrt abspielen lassen, werden auch GEMA-Gebühren fällig! Und auch wer als Hotelier meint, besonders schlau zu sein und die GEZ-Gebühren dadurch senkt, dass er nur schaltbare Lautsprecher statt Radios in den Zimmern montiert, wird dafür immer noch von der GEMA zur Kasse gebeten. Auch reines Hintergrundgedudel ist gebührenpflichtig.

Finnische Taxifahrer und israelische Friseure

Dabei ist Deutschland noch vergleichsweise zivil: In Finnland werden bereits Musikgebühren fällig, wenn ein Taxifahrer beim Radiohören seinen Fahrgast mithören lässt. Bei dem Musikgeschmack, den zumindest deutsche Taxifahrer mehrheitlich an den Tag legen, sollte das Geld allerdings besser an den schlager- und volksmusikberieselten Fahrgast gehen....

Wanda Keren mit ihrem Radio. Bild: Maariv

Den Vogel schießt momentan allerdings Israel ab. Die dortige GEMA als Vereinigung der Songschreiber und -performer heißt A.K.U.M. und sie ist entschlossen, bis zum Letzten zu gehen. Wie die Tageszeitung Maariv dieser Tage berichtete, haben dazu Musik-Spione vor vier Jahren den Friseursalon von Wanda Keren in der Dizengoff-Straße in Tel-Aviv heimgesucht, in dem zu diesem Zeitpunkt vier Kunden saßen und wo neben dem üblichen Gerätschaften wie Trockenhauben, Föhn und Waschbecken auch noch - wie beim Friseur ja nichts Ungewöhnliches - ein Radio lief. Obwohl der 60-Quadratmeter-Salon nur ein kleiner Familienbetrieb ist, wurde Wanda Keren der Prozess gemacht und sie soll nun auf Entscheidung des Richters Noa Grossman 23.000 israelische neue Schekel (etwa 4.600 Euro) zahlen: 20.000 an die A.K.U.M. und 3000 ans Gericht.

Wanda Keren will auf ihr Radio nicht verzichten und in Berufung gehen - schon, um keinen Präzedenzfall für die A.K.U.M. zu schaffen. Wer sich allerdings zukünftig von ihr rasieren lässt, sollte besser nicht gerade gestehen, dass er eigentlich nur wegen der Musik gekommen ist, während die scharfe Klinge an seinem Hals sitzt...