Präsident Bush hat jetzt seine eigene Propaganda-Abteilung

Das gestern gestartete "Office for Global Communications" beginnt ausgerechnet mit einem Bericht über den "Lügenapparat" von Saddam Hussein

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Endlich hat auch Präsident Bush seine eigene Propagandaabteilung, die er sich längst gewünscht hat (Das Weiße Haus will auch ein Propagandabüro). Lange Zeit war man im Weißen Haus nicht zufrieden, was das Außenministerium veranstaltet, auch wenn es mit Charlotte Beers schon im Oktober 2001 eine Werbeexpertin angeheuert hat (Zur Aufrüstung der Wahrheit). Im Pentagon gab es öffentlichen Aufruhr, als man dort das "Büro für Strategische Kommunikation" einrichten wollte (Aus für die Propaganda-Abteilung des Pentagon). Das "Office of Global Communications" hat einen unverdächtigen Namen, aber ist möglicherweise nicht ganz geschickt angetreten, indem es die Propagandabemühungen des derzeitigen Erzfeindes Hussein aufs Korn nimmt - und damit erst recht die Aufmerksamkeit auf die eigene Propaganda richtet.

Die Zeit ist knapp, tönt es derzeit aus allen Ecken der US-Regierung. Nächste Woche steht wohl die Entscheidung über einen Krieg gegen Irak an, dessen Ausbruch nach Lesart der US-Regierung einzig Hussein verantworten müsse. Im Augenblick will man aber nicht den Zeitplan von Hussein einhalten, der doch alles in Händen hält, sondern selbst den Termin setzen. Er habe die Wiederholung des "schlechten Films", wie Präsident Bush ärgerlich verkündete, satt, was wohl bedeuten soll, dass er lieber in die Vorführung des dann wohl "guten" Films einsteigen will, der dieses Mal auch gebührend von eingeladenen und geschulten Journalisten vor Ort in Wort und Bild gefeiert werden soll.

Und weil alles so eilig ist, die Welt sich aber gerade nicht so hinter den Plänen der US-Regierung drängelt und daher großer Bedarf an Überzeugungs- und Rechtfertigungsarbeit besteht, hat Präsident Bush mit einer Anordnung am 21.1.2003 nicht nur im Weißen Haus das "Office of Global Communications" (OGC) eingerichtet. Es wurde auch gleich gestartet und eröffnet die Propaganda- oder Werbekampagne für die Bush-Politik mit einem Bericht, der die Propagandamachenschaften von Husseins Regime schonungslos entlarvt und sagen will, dass man diesem Regime kein Wort glauben darf. Das aber könnte auch nach hinten losgehen, denn die US-Regierung ist mitsamt Behörden und Geheimdiensten keineswegs ein Engel, was die Lancierung von nicht unbedingt ganz der Wahrheit entsprechenden Informationen angeht (Lies, damn lies, and statistics). Für das Pentagon zählt eben dies sowieso zum Thema Informationsoperationen oder psychologischer Kriegsführung, was man ja auch ohne institutionell verankerte "strategische Kommunikation" machen kann (Pentagon denkt über Geheimprogramm zur Manipulation der öffentlichen Meinung in befreundeten Ländern nach).

Mit wahren, genauen und effektiven Informationen soll die Weltöffentlichkeit von der US-Politik überzeugt werden

Das neue Büro unterstreicht die Bedeutung, die Bush der Selbstdarstellung seiner Politik gegenüber der Weltöffentlichkeit einräumt. Offenbar gehen er und seine Berater davon aus, dass man im Ausland die Politik der Supermacht nur nicht richtig versteht und deswegen ablehnt. Besonders würde man sich an Menschen richten wollen, die "für die Wahrheit offen sind, aber gegenüber einigen Aspekten Amerikas unsicher oder kritisch eingestellt sind".

"Eine bessere Koordination unserer internationalen Kommunikation wird dabei helfen, die Wahrheit über Amerika und die Ziele, die wir mit den Menschen auf der ganzen Welt teilen, zu vermitteln."

Jetzt sollen die "leistungsstärksten Mittel der USA" eingesetzt werden, um die Mitteilungen der Regierung konsistent zu machen und dadurch "die Interessen der USA im Ausland zu fördern, Missverständnisse zu verhindern, Unterstützung für und unter den Koalitionspartnern der USA aufzubauen und die internationale Öffentlichkeit zu informieren".

Dabei geht es natürlich um eine "strategische Kommunikation", die aber nur "wahrheitsgemäße, genaue und effektive Mitteilungen" verbreiten soll. Dabei darf das Office auch mit ausländischen Regierungen zusammen arbeiten und Agenturen beauftragen, "um die Schaffung zeitweiliger Teams von Kommunikatoren in Bereichen von hohem globalen Interesse und hoher globaler Medienaufmerksamkeit zu koordinieren." Benutzt werden sollen die neuesten Medien und Technologien, die der Sache dienen können. Schnell will man Beschuldigungen und Gerüchten entgegentreten, die arabische und muslimische Öffentlichkeit durch Zusammenarbeit mit den arabischen Medien oder einem US-Rundfunksender erreichen oder die humanitären und prodemokratischen Bemühungen der USA herausstreichen.

"Und ich denke, dass dieser Präsident hat damit besonders die Tatsache berücksichtigt, dass wir als Amerikaner es als gegeben hinnehmen, welch ein gutes, fürsorgendes, mitleidendes Land wir sind. Wir sind der weltweit größte Lebensmittelversorger, wir geben weltweit am meisten Geld für den Kampf gegen HIV-AIDS aus. Und dennoch kann man in Ecken der Welt reisen und eine Menge an Anti-Amerikanismus vernehmen, eine Menge an Behauptungen, die nicht die guten Taten berücksichtigen, die die amerikanischen Bürger mit ihren Steuerdollars finanzieren, und die guten Taten, die die Regierung mit dem Peace Corps und mit anderen Mitteln ausführt, die dazu dienen, die Welt friedlicher, besser ernährt, besser ausgebildet und zu einem gesünderen Ort zu machen. Und daher gibt es die Erkenntnis, dass wir dafür sorgen müssen, diese Botschaft an die ganze Welt zu vermitteln." - Ari Fleischer in der Pressekonferenz am 21. 1. 2003 zum Office for Global Communications

Auch die Botschaft von Bush an die Welt besser kommuniziert werden, nämlich: "Würde, Sicherheit und Freiheit für alle Menschen überall auf der Welt." Man ist für die Familie, das Lernen und die Großzügigkeit, was wohl nicht so recht wahrgenommen wird. Aufgebaut werden soll ein "Rahmen für ein stärkeres Zuhören und einen größeren Dialog auf der Erde". Was die Vorstellungen über Sicherheit und Frieden betrifft, so muss wohl auch noch Aufklärung betreiben werden, um allen Menschen plausibel zu machen, dass die "Strategie des Präsidenten es deutlich macht, dass der Frieden durch den Kampf gegen Terror und Tyrannei verteidigt wird". Die USA müssten stets für die Freiheit eintreten, wobei "wir Gesellschaften helfen, dass sie sich selbst für die Segnungen der politischen und wirtschaftlichen Freiheit entscheiden können".

Die ausgefeilte Propagandamaschine Saddam Husseins

Und natürlich geht es im Augenblick vor allem darum, den Präsidenten in seiner Irakpolitik zu unterstützen. Zu diesem Zweck wurde auch der Bericht: Apparatus of Lies: Saddam's Disinformation and Propaganda, 1990-2003 veröffentlicht, der die Lügenstrategien des Iraks belegt. Bei der Vorstellung des Berichts sagte Vizeaußenminister Armitage, dass das Außenminister alles versuche, um einen Krieg zu vermeiden, aber dass die nächsten Wochen entscheidend seien, ob eine militärische Aktion verhindert werden könnte. Ob das bereits die überzeugende Propaganda und die wahrheitsgetreue Darstellung des Sachverhalts ist, mag dahingestellt sein. Hussein habe ein "hoch entwickeltes, gut diszipliniertes und von Experten organisiertes Programm, das durch direkte Täuschung Unterstützung für das irakische Regime gewinnen soll". Der Unterschied zwischen Husseins Propagandamaschine und dem OCG von Bush scheint also darin zu bestehen, dass die einen mit Lügen und die anderen mit Wahrheit kommunizieren.

Zumindest nach dem Bericht sind vielleicht gar nicht die angeblich vorhandenen Massenvernichtungswaffen das Gefährliche an Husseins Regime, sondern eben dieses "ausgefeilte Programm", das "eine der stärksten Waffen des Regimes zur Durchsetzung seiner politischen, militärischen und diplomatischen Ziele ist". Dabei arbeiten die Iraker mit Mitteln, die auch der US-Regierung nicht unvertraut sein dürften: "In ihren Disinformations- und Propagandakampagnen verwenden die Iraker ausgefeilte Tricks und offensichtlich Falsches, verdeckte Aktionen und gefälschte Aussagen bei Aufnahmen sowie eine ausgeklügelte Vorbereitung und spontane Ausbeutung von günstigen Gelegenheiten."

Herausgehoben wird, dass der Irak Zivilisten als menschliche Schilde an "legitimen Zielen" postiert, Schäden durch angebliche US-Bomben fingiert oder Katastrophenschäden als Folgen der Bombardierung ausgegeben hat. Hunger und mangelnde medizinische Versorgung würden als Folge des UN-Embargos ausgegeben, die Wirkungen der vom US-Militär während Desert Storm verwendeten DU-Munition (depleted uranium) würden weit übertrieben werden. Krebs und Kindersterblichkeit seien hingegen auf die eigenen chemischen Waffen zurückzuführen. Hussein, der kein gläubiger Muslim sei, beute die religiösen Gefühle der Muslims aus und fälsche Nachrichten. Ganz wichtig für die Propagandamaschine Saddams sei auch, Fernsehbilder zu manipulieren:

"Das wird durch die Kontrolle der Bewegung ausländischer Journalisten, die Überwachung und Zensur von Nachrichtenübertragungen, die Verbreitung alter oder gefälschter Bilder und sorgsam inszenierte Ereignisse oder Szenen erreicht."

Aufgrund des Wesens des irakischen Regimes sei damit zu rechnen, dass bald weitere Disinformationen und Täuschungen auftauchen. Jetzt muss das "Office for Global Communications" nur besonders sorgsam darüber wachen, dass keine US-Ministerien ähnlichen Strategien nachgehen, sondern stets die lautere Wahrheit der Öffentlichkeit erzählen. Man wird auch sehen, ob das Pentagon die Journalisten sich frei bewegen und frei berichten lässt, was während Desert Storm und auch in Afghanistan keineswegs der Fall war. Und man wird erwarten dürfen, dass das Ausland noch kritischer die Äußerungen von Präsident Bush, seiner Regierung und seines "Office for Global Communication" auf Wahrheit überprüft.