In der Hölle

Entsetzliche Haftbedingungen: der tunesische Webmaster Yahyahoui weiß keinen anderen Ausweg mehr als den Hungerstreik

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Im Juli 2002 ist der 35-jährige Gründer der Website TUNeZINE von einem tunesischen Gericht unter skandalösen Umständen zu einer Haftstrafe von 28 Monaten verurteilt worden (siehe Tunesischer Webmaster zu Gefängnis verurteilt). Yahyahoui wurde die "Verbreitung falscher Nachrichten" und der "betrügerische Gebrauch von Kommunikationsmitteln" vorgeworfen: vorfabrizierte Phrasen eines Rechtssystems, das mit kritischen Journalisten umgeht wie mit Tieren. Tatsächlich wurde "Ettounsi" ("Der Tunesier", das Pseudonym Yahyahouis), in einem Internetcafé verhaftet, als er dabei war, Beiträge zur politischen Situation in Tunesien für das Tunezine-Forum zu posten.

Nach Verhören mit stundenlangen Folterungen - die Polizei wollte das Passwort der Tunezine-Website -, einer Anklage, wie man sie aus der Praxis totalitärer Regime kennt, und einer Gerichtsverhandlung, in der Yahyahouis Anwälte kein Plädoyer zur Verteidigung vorbringen durften, wurde Yahyahoui ins Gefängnis "Borj El Armi" gebracht, eine echte Hölle, etwa 30 km von Tunis entfernt.

Nach Angaben von tunezine.com muss Yahyahoui seine Zelle, die Platz für 80 Menschen bieten soll, mit über 100 Insassen - zum Großteil ebenfalls "politische Gefangene" - teilen. Die hygienischen Bedingungen sind nicht besser als in Viehställen, sämtliche Gefangene leiden an Hautkrankheiten, andauerndem, nervenaufreibenden Juckreiz, Entzündungen etc. Beim letzten Besuchstermin Mitte Januar klagte Yahyahoui gegenüber Familienangehörigen über grausame Zahn- und Kopfschmerzen, Folge eines Abszesses im Zahnfleisch. Medizinische Versorgung werde ihm nicht gestattet, auf eine entsprechende Anfrage, wurden ihm zwei Aspirin gebracht. Da er nichts mehr essen könne und keine Lust mehr am Leben habe, habe er sich dazu entschlossen, in den Hungerstreik zu treten, um die Öffentlichkeit auf seine Situation aufmerksam zu machen.

Wie Reporter Ohne Grenzen (RSF) in ihrem Jahresbericht 2002 über Tunesien feststellen, hat der Druck, den der tunesische Präsident Zine el-Abidine Ben Ali auf jede aufkeimende Bestrebung kritischer Berichterstattung ausübt, in den letzten Jahren drastisch zugenommen. Dissidenter Journalismus ist in dem beliebten Urlaubsland, in dem bereits ein Terroranschlag auf überwiegend deutsche Touristen stattgefunden hat, ein lebensgefährliches Unterfangen.