Die erste globale oder planetare Demonstration

Weltweit haben viele Millionen Menschen nicht nur gegen den Krieg, sondern auch gegen den "amerikanischen Internationalismus" und für eine stärkere Weltgemeinschaft protestiert

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Mit den großen Protesten in Spanien (Mehrere Millionen Menschen demonstrieren in Spanien gegen den Krieg), in Großbritannien - in London haben bis zu zwei Millionen Menschen protestiert - und in Italien - in Rom sollen nach den Veranstaltern drei Millionen Menschen an der Antikriegsdemonstration teilgenommen haben -, zeigt sich, dass vor allem in den neuen (alt)europäischen Ländern der Widerstand gegen die von den USA geführte Allianz am größten ist, die sich hinter Bush eingereiht haben. Ebenso wie in Spanien sind auch in Italien über 80 Prozent der Menschen gegen einen Krieg und damit gegen die strategische Allianz der italienischen Regierung mit Bush. Allerdings fand in Berlin auch mit bis zu einer Million Demonstranten eine der größten Friedensdemonstrationen in Deutschland statt, während sich in Paris "nur" um die 200- 500.000 Menschen beteiligt haben sollen. In den osteuropäischen Ländern war allerdings die Friedensbekundung verhalten.

Insgesamt kann man wohl davon ausgehen, dass die vielleicht erste wirklich globale Demonstration, die zeitlich versetzt in Hunderten von Städten auf der ganzen Welt und über alle Kulturen und Generationen hinweg stattgefunden hat, nicht nur gegen einen Irak-Krieg unter den von den USA und Großbritannien vorgegebenen Bedingungen protestiert hat, sondern auch ein Zeichen dafür ist, dass das Vorgehen der Supermacht, die sich über die internationale Gemeinschaft und internationale Abkommen hinwegsetzen will, auf große Ablehnung stößt. Kaum jemand dürfte wohl für Hussein und sein diktatorisches Regimes auf die Straße gegangen sein. Nicht um die Schonung eines Regimes ging es, das von einer anderen Regierung von der Macht vertrieben werden soll, sondern die Proteste richteten sich wohl gegen eine allzu deutlich demonstrierte Politik der Macht, die bereit ist, das Leben von Unschuldigen in ihrem Kalkül zu opfern. Uns es sind immer die Menschen, die das Opfer der Machtpolitik von an der Macht befindlichen Gruppen sind. Auch diese Solidarität der Menschen untereinander gegen die nur strategisch und machtsichernd vorgehenden Herrschenden jedweder Couleur mag der Protestbewegung gegen den Irak-Krieg zugearbeitet haben.

Vielleicht also hat der teilweise ziemlich rüde gezeigte "amerikanische Internationalismus" der Bush-Regierung und die Erpressung der UN wider Willen gerade die Bedeutung der Vereinten Nationen unter vielen Menschen der Welt gestärkt (Amerikanischer Internationalismus). Vielleicht lernt die US-Regierung aus diesem Widerstand der Menschen, dass es nicht reicht, mit Macht und Geschachere hinter den Türen nur die Regierungen von Ländern hinter sich zu bringen, wenn man die Menschen trotz aller Propaganda nicht überzeugen kann. Und vielleicht zeigt dies auch, dass nach dem Kalten Krieg und mit den globalen Medien, vor allem natürlich mit dem Internet, mit dem sich Protestbewegungen international und sogar global koordinieren und ihren Einfluss stärken können, eine Politik, die zwar unter dem Banner der Freiheit antritt, aber diese nicht für wichtig hält, langfristig scheitert.

Die Menschen rückenweltweit zusammen - gegen einen Krieg, den sie für unnötig halten, der für sie mehr Unheil anrichtet, als seine Betreiber mit ihm lösen wollen, oder der vornehmlich aus egoistischen Gründen heraus erfolgt, die von der US-Regierung nur recht notdürftig verdeckt wurden, während sie nicht imstande war, mit wirklichen Beweisen die Notwendigkeit eines Präventivkriegs zu rechtfertigen. Aber diese erste Demonstration auf planetarer Ebene ist möglicherweise auch ein weiterer Schritt auf eine Weltgemeinschaft hin, die nicht mehr auf der Ebene der Regierungen von souveränen Staaten stattfindet, sondern die eine gemeinsame Weltinnenpolitik auf der Basis einen globalen Zivilgesellschaft eröffnet und viel eher das einlösen könnte, was die Bush-Regierung mit militärischer Macht und wirtschaftlichem Druck verspricht: eine friedlichere Welt, die auch gerechter und demokratischer sein müsste.