All-Blick auf Ort prähistorischer Katastrophe

Eindrucksvolle Bilder aus dem All lassen Ausmaß des Impacts erahnen - NASA stöberte Rand des Chicxulub-Kraters mittels früheren Shuttle-Radarmessdaten auf

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Immer stärker verdichten sich die Hinweise, dass die Dinosaurier und mit ihnen etliche andere Vertreter aus Fauna und Flora vor zirka 65 Millionen Jahren einem gewaltigen Asteroiden oder Kometen zum Opfer fielen, der mit der milliardenfachen Kraft der Hiroshima-Atombombe auf die Erde aufschlug. Vieles spricht dafür, dass die dabei entstandene Vertiefung der heutige Chicxulub-Krater in Yucatan/Mexiko ist. Die tatsächliche Größe des verschütteten Chicxulub-Grabens belegen jetzt Radardaten und Aufnahmen der Shuttle-Radar-Topography-Mission, die zwar schon im Februar 2000 im All war, deren bearbeiteten Daten aber erst jetzt von der NASA veröffentlicht wurden.

Bilder: NASA

Für überzeugte Kreationisten ist der Sachverhalt sonnenklar. Der Grund, warum sich die Dinosaurier, die einstmals zum Herrscher der Erde avancierten und dort immerhin für annähernd 150 Millionen Jahren die Regentschaft inne hatten, aus der Erdgeschichte verabschieden mussten, war deren Ansicht nach ein ganz profaner. Das Aussterben von Tyrannosaurus Rex und Co. war deshalb unvermeidlich, weil auf der biblischen Arche Noah für die archaischen Reptilien kein Platz mehr gewesen war. Noah konnte aufgrund der geringen Frachtkapazität seiner Arche nur Landtiere und Vögel mitnehmen. Riesenechsen jedoch nicht. Somit war das Schicksal der Dinosaurier vorprogrammiert: Sie ertranken allesamt in den Fluten der biblischen Sintflut.

Enormer Impact

Doch eine pseudotheologische Exegese dieser Art quittieren heute selbst die bibelfestesten Wissenschaftler nur noch mit einem müden Augurenlächeln. Mittlerweile ist sonnenklar, dass der Anfang vom Ende der Saurier-Ära ein aus den Tiefen des Alls kommender 10 bis 14 Kilometer großer Asteroid oder Komet einleitete, der mit einer Aufprallgeschwindigkeit von 15 Kilometern in der Sekunde auf den Erdboden knallte und dabei einen riesigen Krater formte. Der enorme "Impact" zog gewaltige Erdbeben, massive vulkanische Aktivität und das Umkippen des gesamten Ökosystems nach sich: Riesige Staub- und Schwefelwolken umhüllten den Globus, der Himmel verdunkelte sich und Flutwellen sowie Feuerstürme tobten, während Asche und Ruß herabregneten und ein dichter Wolkenteppich jeglichen Sonnenstrahl und damit Licht und Wärme abschirmte. Eisige Kälte hielt Einzug - Dreiviertel der damals lebenden urzeitlichen Geschöpfe verendeten.

Viele Indizien deuten darauf hin, dass der Chicxulub-Krater in Yucatan/Mexiko jene Stelle ist, wo einst der todbringende kosmische Brocken niederging, der (nicht nur) die Saurierära schlagartig beendete. Heute ist diese Vertiefung, die in den Neunziger Jahren erstmals entdeckt wurde, von mehr als einem Kilometer dicken Kalksteinsedimenten bedeckt. An der Oberfläche war von der kreisförmigen Struktur bislang nichts zu sehen. Zwar war der Graben in Daten vom Schwerefeld der Erde deutlich zu lokalisieren; dennoch war bis vor kurzem die exakte Größe des verschütteten Chicxulub-Kraters völlig unbekannt.

180 Kilometer lang - 900 Meter tief

Jetzt lässt sich anhand der kürzlich ausgewerteten Daten der Shuttle Radar Topography Mission, die vor über drei Jahren im Orbit war, endlich die tatsächliche Größe des Kraters genau ermitteln. Der urzeitliche extraterrestrische Körper, der diese irdische Region dereinst erschütterte, muss in der Tat gewaltig gewesen sein, wies der Krater zumindest früher den aktuellen Berechungen zufolge eine Tiefe von 900 Meter auf, wobei der Graben selbst etwa fünf Kilometer breit war und sich in einem Halbkreis mit einem Durchmesser von 180 Kilometern über Yucatan erstreckte. Heute ist die Einschlagsgrube gerade mal drei bis fünf Meter tief, weil sie durch mehrere hundert Meter Sediment überdeckt wird und an der Oberfläche folglich kaum sichtbar ist. Trotzdem zeigen sich die Forscher von den Bildern angetan.

There are spectacular features that pop out in these maps as never before, and more subtle features, like Chicxulub, become apparent for the first time. In fact, much of the surface expression of Chicxulub is so subtle; if you walked across it you probably wouldn't notice it. That's where the view from space becomes invaluable,

so Michael Kobrick, Wissenschaftler des SRTM-Projekts im NASA's Jet Propulsion Laboratory (JPL), Pasadena, Calif., im O-Ton.

Michael Kobrick und seine Kollegen vom Jet Propulsion Laboratory glauben, dass das Untergrund-Gestein durch den Einschlag vor 65 Millionen Jahren zerbrach und dabei seine Stabilität verlor. Die Kalkstein-Schicht über dem Krater habe später ebenfalls Risse bekommen und sei über dem Kraterrand abgesunken.

SRTM-Mission: Ein voller Erfolg

Bei der Shuttle-Radar-Topography-Mission, die am 11. Februar 2000 vom Kennedy Space Center in Florida mit der US-Raumfähre Endeavour startete, bestand das Projektziel darin, eine gestochen scharfe 3-D-Weltkarte zu erstellen. Zu diesem Zweck umkreiste die mit speziellen Radarsensoren bestückte Raumfähre die Erde in einer Höhe von 233 Kilometern. Elf Tage lang nahm sie Daten der nahezu gesamten Landmasse auf. Aus den gesammelten und zur Erde gefunkten Zahlen (Datenmenge: 15.000 CDs) berechnet das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen ein hochaufgelöstes digitales Höhenmodell.

Um die Erde erstmalig aus zwei unterschiedlichen Perspektiven mit Radar ins Visier nehmen zu können, wandte das Space-Shuttle bei den Messungen dem Globus seinen "Rücken" zu. Die geöffnete Ladebucht gab auf diese Weise dem zwölf Meter langen Haupt-Radargerät den Blick auf das blaue Juwel frei. Dann tastete das von der NASA konzipierte SIR-C-Radar den Erdboden in 250 Kilometer breiten Streifen ab und erfasste die gesamte überflogene Landfläche. Das Hauptradar, das die Radarsignale sandte und empfing, war in der Ladebucht des Shuttles untergebracht. Die zweite Antenne, die nur Signale ortete, war an einem 60 Meter langen Mast ausgefahren. Auf diese Weise betrachteten zwei "Radaraugen" simultan unseren Planeten - sozusagen im "Stereo-Blick".

Die Kartierung der Erdoberfläche entpuppte sich als voller Erfolg: Das Ergebnis zeigt sich in allerbester 3-D-Qualität und allerhöchster Auflösung. In einem Gebiet von 30 mal 30 Metern wurde ein Höhenpunkt auf sechs Meter genau berechnet. Nunmehr profitieren die Forscher von dem neu gewonnenen Datenmaterial, dessen irdisches Anwendungsspektrum sehr breit ist. Beispielsweise dienen die gewonnenen Daten auch als Grundlage für Infrastrukturmaßnahmen in vielen, bis heute schlecht kartierten Ländern.