Der erste SARS-Hoax

Hongkong is not amused

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Während gestern Abend in einer ARD-Spezialsendung zum Thema SARS (vgl. SARS - Angst vor dem Ungewissen) u.a. diskutiert wurde, ob man aus Asien importierte Nahrungsmittel meiden solle, kam es in Hongkong jetzt zu panischen Hamsterkäufen.

Ein Jugendlicher hatte online das Gerücht verbreitet, Hongkong sei zur "Infizierten Stadt" erklärt worden. Der Vierzehnjährige bastelte die Geschichte, welche sich über Instant Messaging und E-Mails schneller als jede Seuche in der Stadt verbreitete, indem er das Web-Design der bekannten Zeitung Ming Pao abkupferte und die News fachmännisch noch mit den Rücktritten von einigen Hongkonger Politikern würzte.

Dem Jungen stehen nun wegen "illegaler Benutzung eines Computers mit kriminellen Absichten" bis zu fünf Jahre Haft bevor, die jedoch nicht sofort angetreten werden muss.

Angesichts der überbordenden Berichterstattung musste mit solchen Streichen gerechnet werden. Weltweit mindestens 75 Tote sind viel. Vergegenwärtigt man sich allerdings, dass allein in Deutschland jedes Jahr zwischen 5000 und 8000 Menschen an Influenza sterben, bekommt die Zahl doch ein anderes Gewicht; alarmierend ist wohl in erster Linie das Geheimnis, welches das Schwere Akute Atemwegsyndrom noch umgibt.

Etwa 200 Bewohner eines Häuserblocks in Hongkong wurden gestern nach einem SARS-Ausbruch in Quarantänelager gebracht

Wenige der Berichte und Kommentare zur neuen "Killerseuche" informieren darüber, dass "nur" 3 bis 3,5 Prozent der Infizierten sterben. Die weltweite Panik hängt sicher mit der mauernden Informationspolitik Chinas zusammen, aber leider wohl auch damit, dass, zynisch formuliert, Seuchen und biologische Waffen, zur Zeit stark "en vogue" sind und von Journalisten mit eben der blinden gierigen Panik aufgegriffen werden, die sie dann auch von ihren Lesern erhoffen. Eine Aufmerksamkeitswaffe, die um so problematischer ist, als man die Krankheit auch nicht unterschätzen darf. Die chinesischen Behörden haben nun endlich die Einreise von Experten der WHO in die südchinesische Provinz Guangdong gestattet, von wo aus sich die Krankheit zuerst ausgebreitet haben soll. Heute hat die WHO von Reisen nach Hongkong und in die südchinesische Provinz Guangdong (Kanton) abgeraten. Vor importierten asiatischen Lebensmitteln muss sich allerdings keiner fürchten. Der Ausbruch einer Epidemie in Deutschland ist jedoch höchst unwahrscheinlich. Der 72-jährige deutsche SARS-Patient aus Hattingen im Ruhrgebiet ist nach erfolgreicher Behandlung auf dem Weg der Besserung.