Sieg für Grokster und Morpheus

US-Gericht erklärt dezentrale P2P-Software für legal

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Am Freitag hat ein Richter in Los Angeles entschieden, dass die Tauschbörsen-Anbieter Grokster und Streamcast Networks mit ihrer Software nicht gegen geltende Copyright-Gesetze verstoßen. In der Urteilsbegründung heißt es,die dezentrale Architektur der P2P-Netzwerke mache es den beiden Firmen unmöglich, die Taten ihrer Nutzer zu kontrollieren.

Der Prozess um die Napster-Nachfolger Morpheus und Grokster hat am Freitag eine überraschende Wendung genommen: Richter Stephen Wilson entschied, dass die Anbieter der beiden Tausch-Programme nicht für Copyright-Verletzungen ihrer Nutzer haftbar gemacht werden können. Dazu erklärte Wilson, es sei offensichtlich, dass die meisten Nutzer Grokster und Morpheus zur Verletzung von Urheberrechten nutzten. Doch um haftbar zu sein, müssten Grokster und Streamcast über spezifische Verletzungen bescheid wissen und die Möglichkeit haben, sie zu unterbinden. Anders als im Falle von Napster sei dies den Firmen nicht möglich.

Ausschlag gebend für die Unterscheidung war die Architektur des jeweils verwendeten P2P-Netzwerks. Napster unterhielt einen zentralen Index aller angebotenen Dateien. Grokster ist dagegen Teil des dezentralen Fasttrack-Netzwerks, Streamcasts Morpheus-Programm Teil des Gnutella-Netzes. In beiden Fällen laufen die Suchanfragen nicht über die Computer der Firmen. Wilson erklärte dazu, Grokster und Streamcast unterscheiden sich nicht wesentlich von Firmen, die Videorecorder oder Fotokopierer vertreiben. Damit folgte er den Argumenten der Verteidigung, die auf dem so genannten Betamax-Verfahren aufbaute. Im Jahr 1984 hatte der oberste Gerichtshof der USA entschieden, dass der von Sony vertreibene Betamax-Videorecorder nicht allein deshalb verboten werden könne, weil er das Erstellen illegaler Kopien ermögliche.

Vorerst keine Auswirkung auf Kazaa

Die Entwickler und Lizenzgeber des Fasttrack-Programms Kazaa sind von diesem Urteil erst einmal nicht direkt betroffen, da sie einen anderen Verteidigungsweg gewählt hatten. Kazaa BV, die Firma der Kazaa-Programmierer Niklas Zennstrom und Janus Friis, hatte im Frühjahr 2002 Konkurs angemeldet. Kazaas neuer Besitzer Sharman Networks war Anfang 2003 mit dem Versuch gescheitert, gerichtlich feststellen zu lassen, dass man als in Vanuatu ansässige Firma nicht der US-Gesetzgebung unterliege.

Das Urteil lässt sich jedoch in weiten Punkten auch auf Kazaa übertragen. Zwar führte Richter Wilson zu Groksters Gunsten an, dass die Firma als Fasttrack-Lizenznehmer nicht einmal Zugriff auf den Source-Code ihrer Software habe. Doch die für die Entscheidung wesentliche dezentrale Architektur des Netzwerks bleibt von solchen Details unberührt. Möglichkeiten zur Kontrolle der Netzwerktechnologie an sich - etwa durch erzwungene Auto-Updates - nannte Wilson "irrelevant".

Hillary Rosen von der Musikindustrie-Lobbyvereinigung RIAA kündigte nach der Urteilsverkündung an, in Berufung gehen zu wollen. Die als Verteidigung von Streamcast am Verfahren beteiligte Electronic Frontier Foundation (EFF) sah sich dagegen in ihrer Position bestätigt. EFF-Präsidentin Shari Steele erklärte dazu:

Über 61 Millionen US-Amerikaner nutzen P2P-Systeme - mehr als für unseren Präsidenten gestimmt haben. Es ist an der Zeit, dass wir Wege finden, Künstler zu bezahlen, ohne diese großartige neue Technologie zu zerstören.