Genetische Information soll nicht patentierbar sein

Die kanadische Provinz Ontario zieht mit dem wegen angeblichem Gen-Klau verklagten Farmer Percy Schmeiser vor Gericht

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Der Fall Percy Schmeiser zieht weite Kreise. Nicht nur gewichtige NGOs wollen ihn vor dem Supreme Court gegen den Agro-Konzern Monsanto unterstützen. Kürzlich sicherte sich auch die Provinzregierung von Ontario ein Interventionsrecht in der für Januar 2004 angesetzten neuerlichen Prozessrunde. Ontario erhofft sich rechtliche Klarstellungen zur Patentier(un)fähigkeit von genetischer Information und will damit vorrangig den US-Konzern Myriad Genetics treffen, der mittels richterlicher Anordnung alternative Risikotests für Brustkrebs untersagen will.

Rückblende: Mitarbeiter von Monsanto hatten auf den Feldern des kanadischen Farmers Percy Schmeiser Raps mit den Genen des Monsanto-Raps "Roundup-ready" gefunden. 1998 zerrte ihn der Agro-Konzern kurzerhand vor den Kadi, wo Schmeiser in erster Instanz zu einer Entschädigungszahlung von 400.000 CDN $ verurteilt wurde, obwohl man nicht klären konnte, wie der Gen-Raps tatsächlich auf die Felder gelangte (Vom Winde verweht oder Saatgutpiraterie?).

Schmeiser selbst hatte immer betont, der Monsanto-Raps sei per Pollenflug von den Nachbarfeldern und als Samen von offenen Ladeflächen vorbeifahrender Lastwägen auf seine Felder gekommen. Inzwischen ging ein weiteres Berufungsverfahren über die Bühne, Anfang Januar wird sich sogar der kanadische Supreme Court mit der Causa befassen.

Dabei wird es aber um weit mehr gehen als um den Streit zwischen Schmeiser und Monsanto. Wie die Regierung von Ontario, der zweitgrößten Provinz Kanadas, gegenüber Medien jüngst bestätigte, hat sie "Intervener Status" angemeldet. Damit kann die Provinzregierung selbst Argumente gegen Monsanto vorbringen. Das zentrale Interesse liegt von Seiten Ontarios auf der Klärung von Patentrechtsfragen bei genetischem Material.

Ontario liegt nämlich gar nicht direkt mit Monsanto im Clinch, sondern mit dem umstrittenen US-Konzern Myriad Genetics. Das Unternehmen meldete Patente auf die Gene BRCA1 und BRCA2 an. Mutationen dieser Gene sind mit Krebs assoziiert und auf Grundlage dieser Sequenzen konnten diagnostische Tests entwickelt werden, die in der Brustkrebsvorsorge zum Einsatz kommen. Dafür verrechnet Myriad aber dreimal soviel als die in Ontario angewandten Tests bisher gekostet hatten. British Columbia gab der Klage Myriads zähneknirschend nach. Ontario aber verweigerte bis dato die vom Gericht angeordnete Einstellung der Krebsscreenings.

Das Ganze sei allerdings nicht nur eine Kostenfrage, erklärte eine Anwältin von Ontario den Gang vor den Supreme Court . Man wäre besorgt, dass die beste medizinische Versorgung für Patienten nicht mehr gewährleistet werden könnte. Außerdem sehe man die Möglichkeiten von Forschern eingeschränkt, die besten Tests und Behandlungsformen zu entwickeln.

Während Schmeiser grundsätzlich die Möglichkeit, Gene zu patentieren, in Frage stellt, schlägt Ontario offensichtlich einen anderen Weg ein. Laut der Canadian Press wird Ontario argumentieren, dass zwar ein Gen-Molekül patentierfähig sei, aber nicht die in dem Molekül enthaltene genetische Information.

Myriad ist auch in Europa keine unbekannte Größe. Auch hier wurden inzwischen trotz massiver Proteste von Wissenschaftlern, Politikern und Patienten- und Ärztevertretern die Patente auf europäischer Ebene erteilt. Das Unternehmen rechtfertigte seine aggressive Durchsetzungspolitik in der Öffentlichkeit u.a. mit den intensiven Forschungsleistungen, die erbracht worden. Kritiker wandten dagegen ein, dass die Entdeckung eigentlich das Resultat öffentlich geförderter Forschung eines Brustkrebskonsortiums war.