Eingeschleustes Bild

Update: Unzureichende Grenzkontrolle bei Pressebildern

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Richtigstellung: Das von der Münchner Boulevardzeitung TZ auf dem Titelblatt verwendete Bild einer angeblichen Asiatin, die hinter dem Amaturenbrett eines Autos versteckt über Tschechien nach Bayern eingeschleust werden sollte, wurde vom Polizeipräsidium Niederbayern/Oberpfalz als Pressebild heraus gegeben. Die Journalisten der TZ trifft also keine Schuld, wie wir zunächst in der ursprünglichen Fassung des Artikels vom 26. 3. vermutet hatten. Die Kollegen hatten keinen Zweifel, ein Foto zu verwenden, dass ihnen als Originalfoto von der Polizei zur Verfügung gestellt wurde. Deshalb bitten wir die Journalisten der TZ in aller Form um Entschuldigung.

Wie der Leiter der Pressestelle des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz, Ludwig Stegerer, gegenüber Telepolis bestätigte, kam das Bild von einem slowenischen Polizei-Kollegen, der es den deutschen Behörden als Schleusungsfoto der dortigen Grenzbehörden zur Verfügung stellte. Im Rahmen der Pressekonferenz zur Präsentation des Grenzlagebildes in der Grenzpolizeiinspektion Furth im Wald wurde das Bild gezeigt und anschließend den Journalisten auch zum Abdruck zur Verfügung gestellt. Die Polizei bittet inzwischen, das Foto nicht mehr zu verwenden und wird künftig nur noch eigene Aufnahmen verwenden, deren Authentizität abgesichert ist, wie Ludwig Stegerer versicherte.

Im Übereifer, gute Illustrationen zum Thema Schleuser zu liefern, hat die Polizei die Herkunft der Fotos offensichtlich nicht sorgfältig genug geprüft. Menschenschmuggel beschäftigt die Nation - in Berlin beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss mit der "Visa-Affäre" und längst herrscht in den Köpfen wieder die Vorstellung, dass uns die Ausländer aus allen Richtungen überrollen, um hierzulande schwarz zu arbeiten oder sich als Zwangsprostituierte ausbeuten zu lassen.

Bild aus der Ausgabe von US Customs Today von 2001

Bei einem so emotionalen Thema muss natürlich entsprechend beeindruckendes Bildmaterial her und wenn es keines gibt, dann bedient man sich eben woanders - zum Beispiel bei den US-Behörden. Mit einer neuen Bildbeschreibung wird aus einem alten Foto ein aktuelles. Nicht nur die Münchner Zeitung TZ, sondern auch andere Medien haben die Fotoserie einer Frau, die an der US-Grenze aufgegriffen wurde, als Bebilderung zum Thema Menschenschleusung aus dem Osten verwendet.

Die Glaubwürdigkeit von Bildern schwindet, längst wurden selbst renommierte Dokumentarfotografen beim digitalen "Verbessern" erwischt (vgl.Das manipulierte Bild auf der Titelseite und "Nicht genug Soldaten da? Na und – wo ist der Photoshop?"). Der Computer eröffnet der Bildmanipulation fast unbegrenzte Möglichkeiten (Ein Bild lügt mehr als tausend Worte).

Das Originalbild erschien 2001 im Mitteilungsblatt "US Customs Today" der amerikanischen Grenzbehörden (Bent out of shape... illegal aliens caught in desperate attempts to cross U.S. border). Dort ist die junge Frau, die sich im Handschuhfach versteckte, in einem Artikel über vergebliche Versuche der illegalen Einreise über die US-mexikanische Grenze zu sehen. Die Bildunterschrift lautet. "A woman peering out from the automobile dashboard of a vehicle was discovered before the vehicle could cross the U.S.-Mexico border", das Bild stammt vom U.S. Immigration and Naturalization Service (INS), das inzwischen im Department of Homeland Security aufgegangen ist (INS into DHS).

Als Pressebild der Polizei wurde aus der jungen Mexikanerin eine Osteuropäerin, die in ihrem Autoversteck beim Versuch erwischt wurde, ohne Visum ins Schengen-Gebiet einzureisen.