Art Cologne versus Berliner Messe

Wird Köln von Berlin als Kunsthauptstadt abgelöst?

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Nicht zuletzt die Art Cologne hat Köln zu dem Zentrum für Gegenwartskunst in Deutschland gemacht und geholfen, internationale Kunstachsen, etwa nach New York, aufzubauen. Nun findet in Berlin eine neue Kunstmesse statt und eine Anzahl der wichtigsten Kölner Galeristen ist in Berlin dabei, nicht aber in Köln. Zeichnet sich eine Verlagerung des Kunstschwergewichts von Köln nach Berlin ab? Markus Huemer sprach mit dem Galeristen Chistian Nagel.

Markus Huemer:Koennen Sie mit Ihrer Erfahrung als Unfairmesse-Mitorganisator und eloquenter, international taetiger Galerist prognostizieren ob die neue Kunstmesse »European Art Forum« (E.A.) in Berlin, bei der Sie selbst vertreten sind, eine internationale Messe von Bestand sein wird?

Christian Nagel:Die Teilnehmerliste, es sind da z.B. Anthony d'Offay, Lisson Galerie, White Cube aus London - Durand-Dessert, Chantal Crousel und Gishlaine Hussenot aus Paris - Patt Hearn, Luhring Augustine und Holly Solomon aus New York - sowie diverse Galerien aus dem europaeischen Ausland - von Madrid bis Moskau - vertreten, belegt dies. Die Vertraege zwischen der Gesellschaft »European Galleries« und der Messe Berlin sind auf mehrere Jahre geschlossen. Ziel ist es, Berlin zu einem bedeutenden Standpunkt des internationalen Kunstmarktes auszubauen.

Und das ist auch Ihr Anliegen?

C.N.:Ja.

Auffallend ist, daß viele Kölner Galerien in der E.A. und nicht mehr auf der Art Cologne (A.C.) in Koeln praesentiert sind. Läßt sich daraus folgern, daß der Standort Köln an Attraktivität verliert.

C.N.: Nach wie vor wird in Koeln die mit am interessantesten zeitgenössische Kunst produziert. Das Spektrum reicht hierbei von Polke und Richter über Albert Oehlen und Rosemarie Trockel bis zu Cosima von Bonin und Kai Althoff. Es wird hier nach wie vor der härteste Diskurs geführt. Dies spiegelt sich in den Aktivitäten der Kölner Galerien wider. Leider war eine Verbesserung der A.C. auf Grund der Uneinsichtigkeit der Mehrheit der Mitglieder des BVDG nicht möglich. Konkurrenz belebt das Geschäft. Daher entschlossen sich Galerien wie Gisela Capitain, Monika Sprueth, Grunert&Gasser, Reckermann, Rudolf Kicken etc. und ich, eine neue Messe ins Leben zu rufen.

Sind das auch jene Galerien, die sich zu dieser »Europien Galeries« zusammenfanden.

C.N.:Einige der aufgezählten - beziehungsweise auch meine Galerie.

Glauben Sie, daß die A.C. sich in den nächsten Jahren durch ihre neue Konkurrenz wieder verbessern wird oder zumindest einsichtig ist? Wie dies nach den beiden Unfair-Jahren war.

C.N.:Im Gegensatz zur Unfair läßt sich die E.A. nicht in die Kölner Messe integrieren. Ich denke aber, daß die A.C. nach diesem Aderlaß reagieren muß.

Meistens sind Messestädte Kunstmetropolen oder Kunststädte mit sehr hohem Stellenwert. Der Aufschwung von Köln kam ab ca. 1967 mit der Gründung der A.C. Würden Sie das gleiche auch für Berlin durch diese E.A. vorhersagen?

C.N.:Eigentlich bewegt sich ja jetzt bereits einiges in Berlin.

Aber Berlin ist deswegen noch keine Kunststadt höherer Bedeutung.

C.N.:Daran müssen die in Berlin selbst arbeiten. Die E.A. könnte diese Arbeit beschleunigen. Der Widerstreit mit der Rhein-Schiene birgt die Möglichkeit in sich, daß im Gegensatz zu London, Paris oder New York eine weniger nationalistisch-zentralistisch orientierte Kunstlandschaft entstehen könnte.

Ist für Sie persönlich die Messe Berlin ein Testballon für einen Galeriestandort Berlin?

C.N.:Nein. Meine Aktivitäten für die nächsten drei Jahre schließen einen Umzug aus.

Meinen Sie dann, daß jene Galerien, die der A.C. ihre Treue nach wie vor erweisen, Galerien sind, welche weniger avancierte Ambitionen der zeitgenössischen Kunst gegenüber haben?

C.N.:Von einigen Ausnahmen abgesehen, deren Schwerpunkt immer schon der klassische Kunsthandel war, deckt die A.C. ein Spektrum von Berchtesgarden bis Flensburg ab.

Ich danke für das Gespräch.