Billund5000: Disneyland für Nerds

Aus dem Land des Kicherns

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Billund5000.com orientiert sich an dem britischen Ezine Need to Know, liefert aber auch reichlich Stoff für Verschwörungstheorien

Ein exzellentes Email-Adressen-Verzeichnis scheinen diese Leute auf jeden Fall zu haben: Kaum einer meiner Netz-Nutzer-Bekannten ist von der ersten Aussendung des Email-Pamphlets verschont geblieben, das angeblich zwei japanische Netheads namens Kyousan Touin und Ryouri Hito von einer Domain namens "billund5000.com" in der vergangenen Woche verschickt haben.

Der Inhalt: eine zum Teil witzige, zum Teil klatschlastige Sammlung von Meldungen aus der deutschen Multimedia-Szene. Die Erstausgabe des Wirtschaftsmagazins Econy, der neue Apple Computer, eine Veranstaltung über Computerspiele in Berlin werden zum Teil mit eisigem Sarkasmus kommentiert ("Kann die deutsche Game-Industrie nur mit dem greisen Temperament Wuppertaler Kreissparkassenangestellter aufwarten?"). Hier will wohl jemand mit einer Handvoll ASCII die hiesige Netzszene aufmischen...

Im Tonfall, wenn auch nicht im Umfang, erinnert das ganze an das britische Need to Know (NTK), das schon länger durch glänzende Insider-Kenntnisse der Netzszene Großbritanniens gefällt. Im Gegensatz zu den NTK-Machern bevorzugt man bei "Billund5000" allerdings die Tarnkappe. Angeblich wird das Machwerk von zwei Exil-Japanern gemacht, die in der dänischen Lego-Hauptstadt Billund gestrandet sind. Das erklärt allerdings noch nicht, wieso die beiden über erstklassige Deutsch- und Szenekenntnisse der BRD-Netzszene verfügen, und warum ihre angeblichen Namen in keinem Verzeichnis japanischer Namen zu finden sind. Tatsächlich dürfte das ganze wohl nicht aus Dänemark, sondern vom Berliner Prenzlauer Berg stammen, wo sich eine Reihe von Journalisten mit Netzthemen beschäftigt.

Bereits am Weihnachtstag des vergangenen Jahres war ein merkwürdiges Manifest per Email von "billund5000" verteilt worden, in dem unter anderem gegen deutsches Webdesign und die Telekom polemisiert wurde - wohl kaum die Herzensangelegenheit von japanischen Nerds in Dänemark. Kurz danach erschien in der "Zeitschrift für elektronische Aspekte" De:Bug ein angebliches Interview mit den Billundern, in denen sie von Autor Jörg Koch zum "heißesten Scheiss seit langer, langer Zeit" verklärt wurden und auch gleich ein wenig an dem Mythos gestrickt wurde.

So soll es auf der Website von billund5000.com unter anderem eine Java-Emulation des Lynx-Browsers geben. In dem De:Bug Interview wurden auch eigene Bereiche zu "Profit, Propaganda, Aufklärung und Forschritt" mit Rethorik aus dem Land des Kicherns angekündigt: "Wie eine gute Miso Suppe haben wir nur wenige Zutaten, die aber im Zusammenspiel zum kulinarischen Ereignis kulminieren." Bisher besteht die Site allerdings nur aus einer einzigen HTML-Seite in einer Gestaltung a la Hotwired 1994.

Wir wollen den Machern von "Billund5000" an dieser Stelle nicht den Gefallen tun, über ihre wahre Identität zu spekulieren - wen schert's, solang es einen lustigen Email-Newsletter mit Klatsch aus der deutschen Netzszene gibt, der nichts kostet.

Wer das Billund5000-Manifest haben will, schickt eine Email mit der Betreff-Zeile "send me billund_manifest_1997.12.24" an info@billund5000.com