Südkorea: Massenporteste gegen Präsidentin

In Südkoreas Bevölkerung wächst der Unmut über die Politik der konservativen Präsidentin

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Südkoreas rechte Präsidentin Park Geun-hye gerät zunehmend unter Druck. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass am Samstag Zehntausende gegen sie in der Landeshauptstadt Seoul auf die Straße gegangen und ihren Rücktritt gefordert haben. Die Polizei spreche von mindestens 43.000 und die Organisatoren von 100.000 Teilnehmern. Andere schreiben gar von noch größerer Beteiligung.

Der bereits seit Wochen anhaltende Protest gegen die Präsidentin hat sich an hochrangigen Korruptionsfällen entzündet. Einer engen Vertrauten Parks wird vorgeworfen, deren Freundschaft ausgenutzt zu haben, um sich in Belange der Regierung einzumischen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits in diesem Fall sowie auch gegen andere Personen aus Parks Umgebung. Einer ihrer ehemaligen Berater soll inzwischen in Haft sitzen, wie die Agentur berichtet. Meinungsumfragen hätten gezeigt, dass die Präsidentin nur noch die Zustimmung von fünf Prozent der Bevölkerung genießt.

Aber offensichtlich sind die Korruptionsfälle nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Unter Parks Regierung hat sich seit Anfang 2013 der Ton gegenüber Gewerkschaften und Opposition spürbar verschärft. Ausdruck findet das unter anderem auch in einem aggressiveren Kurs gegenüber Nordkorea, der sich in der Stationierung von Raketenabwehrsystemen niederschlägt. Letzteres hat, wie berichtet, in der Nachbarschaft der geplanten Standorte in der Bevölkerung zu erheblichen Unmut geführt.

Den Verband der Demokratischen Gewerkschaften KCTU, dessen Mitgliedsorganisationen in den 1980ern einen wesentlichen Anteil am Sturz der langjährigen Militärdiktatur hatten, bringen derweil vor allem geplante Änderungen des Arbeitsrechts auf die Palme. In diesem Zusammenhang kam es in den letzten Jahren wiederholt zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und streikenden Arbeitern. KCTU-Präsident Hang Sang-gyun sitzt seit dem Sommer in Haft, nach dem er wegen verschiedener Vergehen gegen das Versammlungsrecht zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war.

Hinzu kommen unpopuläre Freihandelsabkommen, die unter anderem bei einen Teil der Bauernschaft auf heftigen Widerstand stößt. Im letzten Winter war bei Protesten in Seoul ein Bauer durch einen Strahl aus einem Wasserwerfer getötet worden.

Schließlich sorgt auch ein umstrittener Handel mit Japan für erhebliche Unruhe, in dessen Rahmen die Tokioter Regierung umgerechnet gut acht Millionen Euro in eine Stiftung für sogenannte Trostfrauen zahlen soll. Dabei handelt es sich um Frauen, die von der japanischen Armee während des zweiten Weltkriegs in Bordelle für die Soldaten gezwungen wurden.

Japan lehnt bis heute eine Entschuldigung dafür ab. Die überlebenden Südkoreanerinnen (betroffen waren auch Hunderttausende andere Frauen in China und Südostasien) empfinden die jetzt vorgesehenen Auszahlungen über die Stiftung als Almosen. Sie und viele Südkoreaner fordern Entschädigungszahlungen und damit das Eingeständnis einer Schuld seitens Japans.

Park ist die Tochter des ehemaligen Diktators Park Chung Hee, der das Land mit Rückendeckung aus Washington von 1961 bis zu seiner Ermordung 1979 mit Folter und schwerer Repression regiert hatte. Im zweiten Weltkrieg hatte es in der japanischen Armee gekämpft. Japan hatte das Land zwischen 1910 und 1945 besetzt gehalten.

Nach dem Einmarsch der US-Truppen 1945 im Süden der koreanischen Halbinsel waren dort die Selbstverwaltungskomitees des koreanischen Widerstands gegen die Japaner aufgelöst und die alten Kolaborateure wieder in Polizei und Verwaltung eingesetzt. Aus ihren Kreisen rekrutierte sich auch das Personal der ab Anfang der 1950er herrschenden Militärdiktaturen.

Unterdessen rufen die Organisatoren der Proteste gegen die Präsidentin zu weiteren Demonstrationen im ganzen Land auf. Am 19.11. sollen überall im Land die Menschen auf die Straße gehen, und wenn Park dann noch immer nicht ihr Amt niedergelegt hat, will man dann am 26.11. erneut in Seoul zusammen kommen.