Kommt das Schnellladenetz – kommt das Elektroauto

Noch ist es nicht zu spät – auch wenn es schon sehr spät ist - Ein Kommentar

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Im Jahr 1900 fuhren in New York mehr E-Autos als Benziner. Warum gibt es aber 116 Jahre später noch immer zu wenig E-Autos und viel zu viele Benzinstinker auf unseren Straßen?

Ganz einfach: Geld regiert Welt. Und damit ist und war die Öl- und Benzinlobby so stark, wie sie war und ist. Doch das Ölzeitalter geht zu Ende. Soeben hat die OPEC angekündigt, dass etwa um das Jahr 2030 das Öl unbezahlbar sein werde, weil es knapp wird.

Hinzu kommt: Aus Gründen des Klimaschutzes muss das meiste Öl, das Gas und ein noch größerer Teil der Kohle im Boden bleiben, so wie es die Natur mit Bedacht vorgesehen hat.

Damit ist klar: Benzinautos sind Auslaufmodelle und die Zukunft gehört dem E-Auto. Daimler-Chef Zetsche hat soeben auf dem Grünen-Parteitag verkündet: In die Forschung der elektrischen Fahrweise stecke sein Konzern bereits viermal so viel Geld wie in die Weiterentwicklung der Benziner.

Der Benziner habe nur noch eine Funktion: Er muss das E-Auto finanzieren. Eine Energiewende ohne Verkehrswende kann es nicht geben, denn etwa 25% aller Treibhausgase entstehen durch unsere Mobilität.

Allerderdings muss dafür rasch eine wesentliche Voraussetzung geschaffen werden: ein europaweites und bundesweites Schnellladenetz an Autobahnen, in Dörfern und Städten. E-Autos werden erst dann massenhaft gekauft, wenn ein flächendeckendes Schnellladenetz vorhanden ist. Ohne Hühner keine Eier.

Richtig ist, dass die deutschen Autobauer schneller als bisher E-Autos bauen müssen. Die Stadt Bruchsal wollte kürzlich 48 E-Autos anschaffen. Kein deutscher Autobauer konnte sie liefern, also hat Bruchsal 48 E-Autos von Renault gekauft. Eine Blamage für den Industriestandort Deutschland. Aber genau so richtig ist, dass der Bund die Infrastruktur für die E-Mobilität organisieren muss so wie er für das Straßennetz zuständig ist.

2016 gibt es lächerliche 60 Lade-Tankstellen an deutschen Autobahnen, 2017 sollen es insgesamt 400 werden, hat die Süddeutsche Zeitung recherchiert. Nach dieser Quelle will BMW 2017 100.000 E-Autos und Hybrid-Autos bauen, aber auch Porsche, Daimler und Opel wollen bei der E-Mobilität kräftig zulegen.

Dafür ist es auch höchste Eisenbahn, denn Japan, China, Kalifornien und Südkorea sind uns weit voraus. Vor allem Tesla in Kalifornien sitzt den deutschen Autobauern im Nacken. Die kleinen Niederlande haben 2016 etwa so viele E-Ladestellen wie das viel größere Deutschland.

Alle Fachleute gehen davon aus, dass die Produktion und der Kauf von E-Autos sprunghaft steigen werden, wenn endlich die Lade-Infrastruktur vorhanden ist. Die meisten E-Autos werden freilich in Zukunft dort geladen, wo sie am längsten stehen: in der eigenen Garage und am Arbeitsplatz.

Schon 2010 hatte die Bundesregierung das Ziel von einer Million E-Autos bis 2020 ausgegeben. Daran glaubt fast niemand mehr. Aber durch den VW-Dieselskandal ist die deutsche Auto-Wirtschaft endlich aufgewacht. Vielleicht wird so aus der Krise noch eine Chance.

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