Schneller als Licht

Terahertz-Strahlen könnten Daten in Glasfasern tausend Mal schneller transportieren als sichtbares Licht. Das Problem, den Datenstrom schnell genug zu schalten, wollen US-Forscher jetzt prinzipiell gelöst haben

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Im Datenreich herrscht Verkehrsstau. Neue Frequenzen für die Übertragung von Bits und Bytes zu finden, erweist sich heute als zunehmend problematisch. Weitgehend ungenutzt ist heute noch ein Bereich des elektromagnetischen Spektrums, dessen Frequenzen unter denen des sichtbaren und infraroten Lichts liegen, aber unterhalb denen der Mikrowellen. Terahertz-Strahlung, weil sie im Spektrum weit neben der Infrarot-Strahlung zu finden ist, auch "fernes Infrarot" genannt, wurde bisher vor allem für den Einsatz in Detektoren vorgeschlagen, wo sie Abbilder menschlicher Körper erzeugen kann, die einem Nacktfoto nicht unähnlich sehen. Dass Kleider unter dem Terahertz-Blick völlig transparent werden, war deshalb schon Objekt von Kontroversen. Der Vorteil liegt bei dieser Anwendung darin, dass die Strahlung im Gegensatz zu Röntgenstrahlung noch nicht energiereich genug ist, ionisierend (und damit gesundheitsschädlich) zu wirken.

Als Medium für die Datenübertragung zeigten sich Terahertzwellen bisher jedoch störrisch. Für aktuelle Elektronik vollziehen sich die Zustandsänderungen zu schnell. Nun könnte man einfach darauf warten, bis die Elektronik schnell genug geworden ist - was wohl auf Dauer unvermeidlich ist. Man könnte aber auch versuchen, neue Mechanismen zu finden, Terahertz-Signale schnell genug an- und abzuschalten.

Metallfolie mit auf Zwölfecken basierendem, quasikristallinem Muster (Foto: Tatsunosuke Matsui, University of Utah)

Das ist eine echte Herausforderung: Im Gegensatz zu optischen Switches müssen entsprechende Geräte für Terahertzstrahlung tausend Mal mehr Wellenpakete pro Sekunde abfertigen. Ein möglicherweise dafür geeignetes Mittel stellen US-Forscher jetzt im Wissenschaftsblatt Nature vor. In ihrem Artikel beschreiben sie, wie sich mit Hilfe von simplen Metallfolien die Übertragung von Terahertzwellen manipulieren lässt. Normalerweise verhalten sich löchrige Metallfolien auch in diesem Frequenzbereich nicht anders als bei sichtbarem Licht: je mehr Löcher sich in dem Material finden, desto mehr der Strahlung dringt hindurch.

Ungewöhnliche Eigenschaften zeigen die Folien jedoch, wenn man die Löcher auf ganz bestimmte Art anbringt - und zwar in Form quasikristalliner Muster, wie sie, welch Zufall, gerade auch Gegenstand anderer Forschung sind ( vgl. Moderne Mathematik im Mittelalter). Quasikristallin heißen diese Muster, weil sie im kristallografischen Sinn ungültig sind - sie besitzen zwar eine Symmetrie, aber gewissermaßen mit einem irrationalen Faktor. In der westlichen Welt wurden sie erstmals in den 70er Jahren von dem britischen Physiker Roger Penrose beschrieben.

Die von den Forschern gefertigten Folien waren fünf mal fünf Zentimeter groß und bestanden aus 75 Mikrometer dicker Metallfolie. Jeweils rund zwölf Prozent der Fläche wurden ausgestanzt. Bei einer Probe verteilten die Wissenschaftler die Löcher zufällig, bei fünf weiteren nutzten sie quasikristalline und von ihnen "annähernd quasikristalline" genannte Strukturen. Interessanterweise ließen die Folien mit nicht zufälligen Mustern deutlich mehr der Terahertzstrahlung hindurch als die Zufalls-Folie. Und zwar, abhängig von Wellenlänge und Muster, bis zu 80 Prozent.

Metallfolie mit so genanntem Penrose-Muster (Foto: Tatsunosuke Matsui, University of Utah)

Dass die Transmission sich derart vergrößert, führen die Wissenschaftler auf Resonanzeffekte zurück. Wenn die Terahertzwellen an einem der Löcher gebrochen werden, treffen sie mit gewisser Wahrscheinlichkeit auf Oberflächenwellen am Metall-Luft-Übergang.

Da die Löcher im Film unterschiedlich groß sind, entstehen auch verschiedene Oberflächenwellen, die miteinander interferieren und sich unter den passenden Bedingungen verstärken. Das ist vor allem dann der Fall, wenn die Struktur der Muster sich aus diskreten Fourier-Transformationen ableiten lässt - wie etwa bei den quasikristallinen Folien. Dieses Phänomen war in der Forschung schon bekannt - allerdings bisher nur für periodische (nicht quasikristalline) Muster nachgewiesen.

Interessant wird es vor allem deshalb, weil sich die Muster derart gestalten lassen, dass ganz bestimmte Übertragungseigenschaften der Terahertz-Strahlen einstellbar sind und sich ihnen Daten aufmodulieren lassen: ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Switch für derartige Strahlung. Zur Kurzstrecken-Datenübertragung wäre diese auch deshalb interessant, weil sie zum Beispiel Wolkenschichten durchdringen kann, sich aber andererseits auch in Leitern führen lässt.