Koordinator für Zusammenarbeit mit Russland antwortet nicht

Gernot Erler. Foto: Heinrich-Böll-Stiftung. Lizenz: CC BY-SA 2.0

Die Stärkung des gesellschaftlichen Dialogs mit Osteuropa scheint eingefroren

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Das Verhältnis zwischen der deutschen Bundesregierung und der russischen Führung war schon besser. Russlands Weigerung, die Machtübernahme in der Ukraine einfach hinzunehmen und in der Folge gezwungenermaßen auf den Zugang zum Schwarzmehrhafen Sewastopol zu verzichten, war den Beziehungen auch nicht förderlich. Die Angliederung der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol an Russland fand zwar auf der Krim und in Russland Zustimmung, nicht jedoch im Westen.

Trotz Russland-Koordinator: Eiszeit im Osten?

Die Bundesregierung hat mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten und ehemaligen Staatsminister Gernot Erler seit Januar 2014 einen Koordinator für die zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit mit Russland, Zentralasien und den Ländern der Östlichen Partnerschaft. Er ist dem Auswärtigen Amt angegliedert und soll den gesellschaftlichen Dialog im Vorfeld der offiziellen Politik intensivieren und in den Dienst der politischen Ziele Deutschlands stellen.

Weiter erklärt man auf der Website des Auswärtigen Amtes, Deutschland unterhalte mit Russland, den fünf zentralasiatischen Republiken, mit der Ukraine, den drei südkaukasischen Republiken und mit Moldau und Belarus intensive Beziehungen und sei an einer gedeihlichen und stabilen Entwicklung dieser Großregion im Osten der EU sehr interessiert. Aber nicht überall funktioniere die regionale Zusammenarbeit, und es gebe Spannungen, Krisensituationen wie aktuell in der Ukraine und ungelöste "frozen conflicts".

Das Arbeitsfeld des Koordinators schließt neben der Unterstützung der deutschen Politik jedoch auch den Versuch ein, die EU-Programme in dieser Region (Östliche Partnerschaft, Zentralasienstrategie, Black Sea Synergy) zu unterstützen. Das Hauptziel dieser EU-Programme ist nach Ansicht des auswärtigen Amtes über die regionale Zusammenarbeit Probleme und Konflikte zu entschärfen und zu lösen. In welcher Form man diese Programme mit Leben füllen will, zeigt sich in der folgenden Aussage: ″In allen 12 Ländern meldet sich eine aktive und reformbereite Zivilgesellschaft immer häufiger zu Wort, für die wir ein guter Partner sein wollen.″

Regionale Zusammenarbeit fördern mit Handels-Sanktionen?

Die inzwischen seit etwa zwei Jahren andauernde Situation im Osten Europas scheint inzwischen auch für Erler, der für den kommenden Bundestag nicht mehr kandidiert, unbequem geworden zu sein. Den Spagat will er inzwischen offensichtlich auch durch einfaches Ignorieren ausweichen und bemüht sich darum, Anfragen einfach auszusitzen. Zum Ende seiner Arbeit im Bundestag tingelt derzeit lieber auf Abschiedstournee durch seinen Wahlkreis. Hatte Erler im Sommer 2014 die Fragen von Telepolis noch beantwortet (vgl. [Link auf 1920778]), so blieb die letzte Interview-Anfrage vom Juli 2016 bis heute trotz mehrerer telefonischer Erinnerungen ohne Reaktion.

Zur Sicherheit mehr Säbelrasseln?

Somit gibt es bislang auch keine Antwort auf die Frage, was sich Deutschland durch die verstärkte Militärpräsenz an der russischen Grenze erhofft, nachdem das Motto ″Wandel durch Handel″ von der Idee ″Stabilität durch Abschreckung″ abgelöst wurde? Diese verfolgt die amerikanische Rand Corporation seit 2008 und hat dabei neben Russland, China und Indien auch die Europäische Union im Blick.

Auch die Frage, wie man künftig mit Wladimir Putin reden wolle, wenn man sich dauernd darum bemüht, ihn persönlich zu kriminalisieren, steht noch immer unbeantwortet im Raum. Die Panama Papers, die russischen Fußball-Hooligans in Frankreich und die Doping-Vorwürfe im Vorfeld der letzten Olympiade in Brasilien waren die jüngsten Anläufe ad personam.

Weitere Fragen zielten darauf, welche Konsequenzen Deutschland aus der Tatsache ziehen will, dass mit der durch die Sanktionen geradezu erzwungene Annäherung zwischen Russland und China Russlands ferner Osten an politischer Bedeutung gewinnt? Das rohstoffreiche Sibirien ist nicht nur christlich-orthodox, sondern teilweise auch buddhistisch geprägt. Die dortigen Denkmuster weichen eklatant von den westlich-europäischen ab. Die Kommunikation mit den Eurasiern dürfte deutlich schwieriger werden, als dies mit einem Präsidenten Putin möglich wäre, der zeitweise sogar in Deutschland gearbeitet hat.

Auch die Frage, welche realistischen Optionen der Westen im Falle Russlands habe, wo Sanktionen des Westens in der Vergangenheit vielfach die Vorstufe für einen militärischen Angriff waren, harrt ebenso noch einer Antwort wie die nach dem künftigen Umgang mit den europäischen und in die EU drängenden Ländern Georgien, Moldawien und Albanien. Deren Staatsbürger tauchen in Deutschland inzwischen verstärkt in polizeilichen Ermittlungsakten auf und dies meist in Zusammenhang mit gut organisierten bandenmäßigen Einbrüchen.