House of Marked Cards

(Bild: Russland, US-Regierung, Hacking, US-Wahl)

Fakten, Fakes und Fiktionen

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Die Geschichte ist so irre, dass sie als Romanidee vermutlich jeder Lektor ablehnen müsste: NSA leakt an Medien Panama Papers, die praktisch keine US-Amerikaner, dafür aber u.a. den russischen Präsidenten Putin in Verlegenheit bringen. Der wiederum weist seine Geheimdienste an, den US-Wahlkampf so zu beeinflussen, dass die Frau, die ihn mit Hitler verglich, nicht neue Präsidentin wird.

Ironie: Beeinflussen ausländischer Wahlkämpfe ist seit 1947 nachhaltige Politik der CIA. Mega-Ironie: Zur Aufklärung und Ahndung dieser Manipulation ist ausgerechnet deren Profiteur zuständig: ein Putin-Versteher! Mega-Mega-Ironie: Geheimdienst-Mastermind Putin ist ausgerechnet der Gastgeber von Whistleblower Edward Snowden, der vor den Manipulationen mächtiger Geheimdienste warnt.

Das Problem an der aktuellen "News" ist, dass es sich bei der angeblich von den Russen manipulierten US-Wahl wieder um eine dieser "Fake-News" handeln könnte. Solange die Beweise hierfür geheim sind, kann man die Plausibilität des veröffentlichten "Berichts" der US-Geheimdienste nicht seriös beurteilen. Was wahr ist, soll demnächst eine große Koaliton der Medien festlegen.

Während die Journalisten im Trüben fischen und die Sicht des – scheidenden – Commanders in Chief apportieren, haben Historiker eine ungleich komfortablere Perspektive: So kann man in Greg Grandins Biographie Kissingers langer Schatten heute nachlesen, mit welcher Mentalität und Strategie man im Weißen Haus über Jahrzehnte Entscheidungen traf. So führte man Kriege und Regime-Wechsel aus innenpolitischen Gründen, was nur bei intensiver Pflege eines starken Feindbilds möglich war. Nachdem die Schurken in der Arabischen Welt langsam rar werden, kehrt man wieder zum "Russen" zurück.

Ein ungewöhnliches Opfer des grotesken Wahlkampfs, bei dem mit gezinkten Karten gespielt worden sein soll, ist ausgerechnet die Fiktion: So hat sich der maßgebliche Macher der US-TV-Serie House of Cards Beau Willimon aus dem Projekt zurückgezogen. Stattdessen möchte Trump-Kritiker Willimon ein langfristiges Netzwerk politischer Aktivisten aufbauen, um Wahlen zu beeinflussen – aus dem Inland natürlich.