Öl: Nur wenig neue Funde

Bohrinsel in der Nordsee. Bild: Erik Christensen/CC BY-SA-3.0

Seit 60 Jahren sind nicht mehr so wenig Erdöl- und Erdgasfelder aufgefunden worden wie im vergangenen Jahr

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2016 wurden sowenig neue Erdöl- und Erdgasreserven gefunden, wie seit den 1950er nicht mehr. Darauf macht die Energy Watch Group (EWG) aufmerksam. Die EWG ist ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern wie Werner Zittel von der Ludwig Bölkow Systemtechnik GmbH und Politikern wie dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten der Grünen Hans-Josef Fell.

Die Organisation hat es sich zur Aufgabe gemacht, über die Begrenztheit fossiler und nuklearer Ressourcen zu informieren und für eine langfristig sichere und günstige Energieversorgung zu werben. Die Präferenzen der Gruppe liegen eindeutig bei den Erneuerbaren, was schon daran abzulesen ist, dass ihr Präsident Fell einst zu den Autoren der ersten Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes gehörte.

Im vergangenen Jahr seien demnach nur 176 neue Lagerstätten entdeckt worden. Bis 2013 habe der jährliche Durchschnitt bei 400 bis 500 neuen Feldern gelegen, so die Gruppe in Berufung auf die Financial Times. Die britische Wirtschaftszeitung hatte Mitte Februar berichtet, dass die Menge an Erdgas und Öl, die in ein paar Jahren aus den neuen Feldern voraussichtlich gepumpt werden kann, 8,2 Milliarden Barrel Erdöl entspricht.

Zum Vergleich: Nach Angaben der Internationalen Energieagentur wurden im Januar 96,4 Millionen Barrel Rohöl pro Tag gefördert. Das macht im Jahr rund 35 Milliarden Barrel. Die neuen Funde entsprechen also nicht einmal, einem Viertel Jahr globaler Förderung.

Die Investitionen in Erkundung und Erschließung neuer Quellen seien in den letzten Jahren von 100 Milliarden US-Dollar (94,5 Milliarden Euro zum aktuellen Kurs) im Jahre 2014 auf 40 Milliarden US-Dollar (37,8 Milliarden Euro) in 2016 zurückgegangen. Allerdings würden Fachleute für das laufende Jahr einen leichten Anstieg der Aktivitäten erwarten.

Neue Felder würden inzwischen meist nur noch vor den Küsten unterm Meeresgrund gefunden, wo die Erschließung einer Quelle teurer als an Land ist und im Durchschnitt 150 Millionen US-Dollar (141,8 Millionen Euro) koste.

Der Rückgang der Zahl der neuen Funde reflektiere zum einen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Konzerne aufgrund des niedrigen Ölpreises und zum anderen den vor allem in den USA zu beobachtenden Trend, sich auf Schieferöl und sogenanntes Tight Gas zu konzentrieren, auf Lagerstätten also, die nur mit den umstrittenen Frackingmethoden erschlossen werden können.

Angesichts der geringen Funde konventioneller Quellen sei zu erwarten, so die EWG, dass Fracking-Öl und -Gas in den nächsten Jahren relativ an Bedeutung für die Energieversorgung gewinnen. Typischerweise, meint die FT, dauere es zwischen Auffindung und Erschließung fünf bis sieben Jahre, so die Financial Times. Der Rückgang der Funde würde also vermutlich Verknappung im nächsten Jahrzehnt bedeuten.