Nato will sich der Anti-IS-Koalition anschließen

Syrien und Irak: AWACS-Flugzeuge sollen für Aufklärung und Koordination von Einsätzen sorgen. An Kampfeinsätzen will sich das Bündnis "vorerst" nicht beteiligen

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Die Nato will der internationalen Koalition gegen den "Islamischen Staat" beitreten. Beim Gipfeltreffen, das am Donnerstag in Brüssel stattfindet, soll der Entschluss, der am Mittwochabend verbreitet wurde, abgesegnet werden. Schon jetzt sind alle 28 Nato-Staaten Mitglieder der Globalen Koalition gegen den IS, die im September 2014 zu Zeiten der Präsidentschaft Obama gegründet wurde, aber nicht die Nato als Organisation.

Wie einem Reuters-Bericht aus Brüssel zu entnehmen ist, mussten Frankreich und Deutschland überzeugt werden. Vier hochrangige Diplomaten, auf die sich der Bericht als namentlich ungenannte Quellen beruft, würden darauf bestehen , dass der Beschluss, der am Mittwoch "vom Nordatlantikrat" getroffen wurde (FAZ), "rein symbolisch" sei. Doch wird diese Aussage in einem Zitat einer Quelle relativiert:

Die Frage ist, ob dies nur eine symbolische Geste gegenüber den USA ist. Frankreich und Deutschland sind davon überzeugt.

Ungenannte diplomatische Quelle, Reuters

Zitiert wird zudem der amerikanische Außenminister Rex Tillerson, der den Beitritt der Nato zur US-geführten Anti-IS-Koalition als wichtigen Schritt bezeichnet. Er spricht davon, dass die Nato damit ein formelles Mitglied wird und dass sich noch einige Länder im Prozess des Nachdenkens befänden. Details habe er nicht verraten.

Beschwichtigungen

Auffallend ist, dass die Nachricht über diesen Schritt mit einer gewissen Bemühung zur Beschwichtigung einhergeht: "An Kampfeinsätzen will sich das Bündnis nicht beteiligen", heißt es bei der Tagesschau zu Anfang der Meldung. "Es kommt nicht in Frage, dass die NATO sich an Kampfeinsätzen beteiligt", wird Generalsekretär Stoltenberg zitiert.

In der Nachrichtenagenturmeldung des Spiegels ist davon die Rede, dass "lediglich eine direkte Beteiligung an Kampfeinsätzen vorerst ausgeschlossen bleiben" soll. Die Formulierung taucht auch bei n-tv auf. Auch dort wird der Leser darüber informiert, dass es "vorerst" keine Kampfeinsätze geben wird.

"Aufklärung und Koordination" sind die Stichworte, die im Zusammenhang mit dem künftigen Nato-Beitrag erwähnt werden. Angedeutet wird der Einsatz von Awaks-Flugzeugen, der ausgeweitet werden könnte. Nicht nur zur Luftraumbeobachtung, sondern auch als fliegende Kommandozentralen zur Koordinierung des Luftverkehrs über Syrien und dem Irak, wie der Spiegel berichtet. Sie sollen fortan auch Flugzeuge der Anti-IS-Koalition dirigieren, "sofern es sich nicht um Einsätze zum Abwurf von Bomben handelt", berichtet die FAZ mit Bezug auf eine ungenannte diplomatische Quelle.

Ein rein "symbolischer" Schritt?

Das Symbolische wird hervorgehoben. Dass die Beschlüsse als Zugeständnis an Trump gelten, der mehr Engagement von Nato-Mitgliedstaaten gefordert habe (n-tv) etwa und auch die Rede des Nato-Generalsekretärs Stoltenberg über die Einigkeit der Nato angesichts des Terroranschlags in Manchester liefert Begründungen, die nicht erst seit dem jüngsten Terror-Akt vorgebracht werden.

Dessen ungeachtet ist ein Nato-Einsatz in Syrien nicht bloß ein Einsatz gegen den IS, er würde im Hoheitsgebiet eines Landes stattfinden, dessen Erlaubnis gar nicht eingeholt wird und er findet in einem Luftraum statt, den Russlands Luftwaffe in Absprache mit der syrischen Regierung dominiert. Es ist also ein Einsatz in nächster Nähe des Einflussbereichs Russlands.

Das "Symbolische", dass nun nicht mehr nur Nato-Staaten als einzelne, sondern im Verbund agieren wollen, wird auch dort verstanden werden. Ebenso auch die Absicht, die Einflusssphären in Syrien zu konsolidieren oder auszudehnen. Man darf sich auf weitere Nachrichten gefasst machen, die die Legitimität Assads in Frage stellen, die Aktivitäten der Hisbollah und anderer schiitischer Truppen genau beleuchtet und auf Ankündigungen, dass die Rückeroberung von Raqqa eine Angelegenheit der Globalen Koalition ist.

Der militärische Nutzen der Mission ist nicht unbedingt einsehbar, dafür aber werden Risiken sichtbar, die in keine deeskalierende Richtung zeigen.