Ruthenium-106: Wieder einmal erhöhte radioaktive Strahlung über Europa

AKW in Smolensk. Nach Angaben von Rosatom soll die Strahlung nicht aus Russland kommen. Bild: Rosatom

Das BfS nennt als Quelle Russland, dort weist man die Vermutung empört zurück

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Vor einigen Tagen meldete das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), dass leicht erhöhte Werte von radioaktivem Ruthenium-106 in Deutschland und in anderen europäischen Ländern wie in der Schweiz, Österreich und Italien seit dem 29. September gemessen würden.

Die Ursache sei unbekannt. Ein "Ursprungsort im südlichen Ural zurück" könne angenommen werden, ein AKW-Unfall sei aber auszuschließen. Überdies bestehe wegen der geringen radioaktiven Belastung in Deutschland - höchstens 5 Millibecquerel pro Kubikmeter Luft - keine Gesundheitsgefährdung.

Ruthenium-106 (Ru-106) werde, so das BfS "als Strahlenquelle für die Krebstherapie eingesetzt. Außerdem wird Ruthenium-106 selten in sogenannten "Radioisotope thermoelectric generators" (RTG) verwendet, die der Stromversorgung von Satelliten dienen. Auch bei der Wiederaufarbeitung von nuklearen Brennelementen kann Ruthenium auftreten." Man hofft, dass russische Behörden bald Aufschluss geben. Die Quelle müsse nicht im südlichen Ural, sie könne auch anderswo in Russland sein, woher ansonsten Fake News kommen sollen.

Rosatom, die russische Atomenergiebehörde, weist die Vermutung des BfS zurück und erklärt, dass "die Radioaktivität bei allen russischen AKWs innerhalb der Norm liegt und mit der natürlichen Hintergrundstrahlung übereinstimmt". Ruthenium-106 sei überdies vom russischen Wetterdienst auf russischem Territorium nicht festgestellt worden, nur in St. Petersburg sei in der Woche vom 25. September bis 7. Oktober Ruthenium-106 gemessen worden, aber in unbedeutender Konzentration, vier Mal niedriger als der erlaubte Wert.

Russische Atomkraftwerke könnten keine Quelle sein, die Spekulation über einen russischen Ursprung sei unzutreffend. Hingewiesen wird dabei auf Werte, die zeigen sollen, dass die Quelle nicht in Russland liegt: "Im selben Zeitraum wurden in Rumänien laut IAEA-Angaben 145.000 Mikrobecquerel pro Kubikmeter gemessen, in Italien 54.300 Mikrobecquerel, in der Ukraine und Slowenien 40.000 bzw. 37.000 Mikrobecquerel, in Polen 9,93 Mikrobecquerel." Die Behörden im Südural sagen, dass es dort keine erhöhte Radioaktivität gäbe.

Am Montag berichtete auch das französische L'Institut de Radioprotection et de Sûreté Nucléaire (IRSN), dass in Nizza und Seyne-sur-Mer erhöhte Werte von Ruthenium-106 von 6,8 bzw. 7,4 Millibecquerel pro Kubikmeter Luft gemessen wurden. Auch IRSN verweist auf einen Ursprung im Süden des Urals. Ausgeschlossen wird ebenfalls eine Panne in einem AKW, weil dann weitere Radionukliden vorhanden sein müssten. Man enthält sich aller Spekulationen.

Schon im Februar waren erhöhte Konzentrationen von Jod-131 in einigen europäischen Ländern gemessen wurden. Die Quelle war unbekannt, sie blieb auch unbekannt.

Vermutet wurde, dass ein Pharma-Unternehmen dafür verantwortlich sein könnte, das radioaktive Medikamente zur Behandlung von Krebs herstellt. Möglicherweise handelte es sich um einen Beinaheunfall in Norwegen. Auch damals hieß es, alles sei ungefährlich. Aber solche unerklärten Vorfälle gab es auch schon früher. Sie zeigen, dass Gefährdungen sich nicht an Grenzen halten und es hier Obergrenzen nicht gibt.