Spanische Regierung soll "Tote auf Straßen Kataloniens angedroht" haben

Protestaktion von Feuerwehrleuten heute, die die Freilassung der Gefangenen fordern. Bild: Assemblea Nacional

Die Unabhängigkeitsbewegung tritt auf drei verschiedenen Listen an, um ihre Mehrheit auszubauen

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Die friedliche katalanische Unabhängigkeitsbewegung wurde nach dem Unabhängigkeitsreferendum aus der spanischen Regierung mit massiver Gewalt und mit "Toten auf den Straßen" bedroht. Das hat die Generalsekretärin der Republikanischen Linken Katalonien (ERC) in einem Interview erklärt, das für große Aufregung in Spanien gesorgt hat. Es werde nicht mehr bei Gummigeschossen wie beim Referendum am 1. Oktober bleiben, obwohl auch die in Katalonien verboten sind. Es sei mit dem Einsatz von "scharfer Munition gegen die Zivilbevölkerung " gedroht worden, sagte sie.

Sollte es zu einer Unabhängigkeitserklärung und der Umsetzung kommen, habe die Regierung von Marianos Rajoy gegenüber dem katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont mit einem "Blutvergießen" und einem "Szenario extremer Gewalt und mit Toten" im Rahmen eines Militäreinsatzes gedroht. Mit Bezug auf "Daten aus belegten Quellen" erklärte die Nummer 2 der Partei, dass es sogar schon "Waffenlieferungen" gegeben habe. Die Quellen wollte sie noch nicht nennen, aber zu gegebener Zeit offen machen. Erstaunlich war, dass die spanische Verteidigungsministerin die Vorwürfe sofort als "völlig falsch" zurückwies. María Dolores de Cospedal erklärte weiter: "Es reicht jetzt, die Bevölkerung zu betrügen". Das erstaunt vor allem deshalb, da es Cospedal war, die vor und nach dem Referendum immer wieder mit dem Einsatz des Militärs offen gedroht hatte.

Cospedal hatte gesagt, das Militär - dazu gehört die paramilitärische Guardia Civil, die schon brutal am 1. Oktober vorgegangen ist - sei dazu da, "die Souveränität und Unabhängigkeit Spaniens zu garantieren und die territoriale Integrität zu verteidigen". Das Militär sei "auf dem Boden, zur See und in der Luft" bereit. Diese Warnung wurde nach der "gut geplanten militärähnlichen Operation" gegen friedliche Wähler von der Verteidigungsministerin erneut ausgesprochen, wie internationale Expertenteams die brutalen Einsätze am 1. Oktober in ihren Berichten genannt haben.

Inzwischen hat auch aus dem Exil der offiziell von der spanischen PP-Regierung zwangsabgesetzte katalanische Regierungschef Carles Puigdemont die Darstellungen von Rovira bestätigt. Ein Grund für den Gang ins Exil nach Belgien sei es auch gewesen, dass nach bestätigten Quellen die "spanische Regierung eine extrem aggressive und beispiellose Offensive gegen die Bevölkerung in Katalonien" geplant hätte.

Puigdemont stellte einen Zusammenhang dazu her, dass der spanische Geheimdienst CNI sogar den Chef der islamistischen Terrorzelle in Katalonien als Spitzel geführt hatte. Die Zelle hatte extrem blutige und große Anschläge in Katalonien geplant. Es ist nur der Tatsache zu verdanken, dass es in Barcelona und Cambrils "nur" 15 Tote gab, dass der Spitzel-Imam Abdelbaki Es Satty bei der Herstellung von großen Sprengstoffmengen mit einem Teil der Zelle in die Luft flog. Der Rest schaltete eilig auf einen improvisierten Plan B um.

Puigdemont schrieb per Twitter zu den Gewaltdrohungen aus Spanien und der Tatsache, dass der CNI zugeben musste, dass Es Satty ein Zuträger des Geheimdienstes war: "Ein Staat, der als Spitzel den Kopf der Anschläge in Barcelona unterhält, kennt keine Grenzen. Wir wissen, dass er zu allem fähig ist." Im Gegensatz dazu stehe die katalanische Strategie. Die sei auf "Hoffnung" und deshalb "auf Frieden" ausgerichtet, erklärte der Regierungschef aus seinem Exil in Belgien. Dessen Auslieferung wird von Spanien wegen "Aufruhr und Rebellion" verlangt, wozu aber auch nach spanischen Gesetzen eine "gewaltsame Erhebung" nötig wäre, doch die Katalanen sind stets friedlich und mit demokratischen Mitteln vorgegangen.

Inzwischen hat sich Ministerpräsident Mariano Rajoy ebenfalls zu den Blutbad-Vorwürfen geäußert. Er spricht von "völliger Schande" und einer "enormen Lüge". Es gäbe kaum Worte, die man zu diesen Äußerungen anführen könnte: "Ich glaube, im Leben ist nicht alles erlaubt" und diese Anschuldigungen seien "nicht tolerierbar".