Ausgemerkelt - Jens is waiting

Jens Spahn MdB (CDU) Bild: Stephan Baumann / CC BY-SA 3.0

Während die Kanzlerin mit der GroKo ihren letzten Strohhalm festhält, wird bereits gnadenlos ein Nachfolger aufgebaut

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Was haben unsere Medien der Kanzlerin nicht alles durchgehen lassen, ohne auch nur eine Sekunde böse Worte zu verlieren? In Merkels Regierungszeit wurden unvorstellbare Geldmengen aus dem öffentlichen Topf in die Tresore "systemrelevanter" Banken umgebettet, um so dann durch eine "Schuldenbremse" dem Staat dauerhaft ernsthafte Gestaltungsmöglichkeiten zu entziehen.

Dann das entsetzliche Chaos der Flüchtlingskrise. Die beiden Königinnen der deutschen Medienlandschaft, Liz Mohn vom Bertelsmann-Konglomerat sowie Friede Springer vom gleichnamigen Medienimperium, hielten ihre Fittiche immer schützend über ihre Duzfreundin Angela.

Doch nun gibt es kein Halten mehr. Über Frau Merkel regnet jetzt eine mediale Hasskampagne (Neuauflage der großen Koalition: "Eine Horrorvorstellung. Die politische Zombie-Apokalypse"), die schon fast Mitleid mit der Ausgestoßenen aufkommen lässt. Dabei hatte die Kanzlerin in letzter Zeit durchaus vernünftige Maßnahmen ergriffen ("Merkel muss weg!" Ja, wirklich? Vorsicht!).

Sie hatte Deutschland in das momentan mit Abstand bedeutendste Wirtschaftsvorhaben auf diesem Globus, nämlich das Seidenstraßenprojekt, eingebracht - und zwar gegen massive Pressionen der US-Regierung. Ihre Regierung hat gerade beschlossen, sich durch ein eigenes Satelliten-Überwachungssystem von den USA unabhängig zu machen, eine späte Konsequenz aus den Snowden-Enthüllungen. Und als Heilmittel gegen die verheerenden Folgen des Autowahns erwägt die Regierung Merkel jetzt sogar, den lange ignorierten Nulltarif im öffentlichen Nahverkehr einzuführen.

Nachdem die Jamaika-Koalition nicht zustande kam, versuchte Merkel ihr politisches Überleben mit einer Neuauflage der Großen Koalition zu sichern. Dafür hat sie sogar, sehr zum Unmut der Christdemokraten, die Schlüsselministerien im zukünftigen Kabinett der moribunden SPD geopfert.

Ob die SPD in der Mitgliederabstimmung tatsächlich die Genehmigung für eine Neuauflage der GroKo gibt, wird immer ungewisser. Der Umfrageneinbruch der SPD mit Werten unterhalb der AfD dürfte die Langmut der SPD-Mitglieder ziemlich strapazieren.

Die Tyrannenmörder lauern

Stimmen sie mit "Nein", dann ist es auch mit Angela Merkel als Kanzlerin vorbei. Die Tyrannenmörder lauerten schon lange mit dem Dolch im Gewande auf diesen Augenblick. Umso erstaunlicher ist allerdings, wen die Medien unisono zum neuen Kanzler gekürt haben, allen voran jenes berühmte Nachrichtenmagazin aus Hamburg: Der Neue heißt Jens Spahn, ist 37 Jahre alt, und bis vor kurzem hat ihn außerhalb des politischen Raumschiffs Berlin niemand gekannt.

Also eine deutsche Variante von Sebastian Kurz in Österreich oder Emmanuel Macron in Frankreich? Naja. Sebastian Kurz verfügt über einen bubenhaften Charme und sammelte bereits einige Jahre Erfahrungen als Außenminister. Emmanuel Macron hat sich auch schon als Wirtschaftsminister erprobt und verkauft seinen Marktradikalismus ebenfalls mit einem charmanten Lächeln.

Aber Jens Spahn? Er diente als loyaler Staatssekretär im Finanzministerium unter seinem väterlichen Mentor Wolfgang Schäuble. Der kantige Westfale mit dem stechenden Blick durch die schwarze Hornbrille verströmt das Charisma einer Laubhäckselmaschine im Novembernebel. Ob Spahn der geeignete Moderator weiterer Sozialeinschnitte und einer erneuten Erhöhung des Militärhaushaltes ist?

Netzwerke und Hebelwirkungen

Allerdings: Eine zentrale Befähigung bringt der gelernte Sparkassenangestellte aus Ahaus mit. Er kann nämlich fließend auf Englisch parlieren - ganz anders als etwa Thomas de Maiziere, der jetzt gerade aus der politischen Maschine ausgesondert wurde.

Warum sind fortgeschrittene Englisch-Kenntnisse für einen deutschen Spitzenpolitiker so essentiell wichtig? Das werden Sie sich jetzt sicher fragen. Nun, weil die "Katapultierung" des Nachwuchspolitikers an die Spitze der deutschen Regierung über den ständigen Besuch englischsprachiger internationaler Eliten-Netzwerke umgesetzt wird.

Bereits im Jahre 2012 kürte die Stiftung "40 under 40" den gerade einmal 32-Jährigen zum European Young Leader. Die Stiftung wird betrieben von der Europäischen Union, von den Open Society Foundations des schwerreichen Währungsspekulanten George Soros, von EADS, General Electric oder auch von der transatlantischen Denkfabrik European Council on Foreign Relations.

Wer mit einer solchen elitären Duftmarke behaftet ist, bewegt sich automatisch in den oberen Rängen jenes öffentlich-privaten Gravitationsfeldes, das mittlerweile immer mehr die Richtlinien der Politik an die staatlichen Instanzen herunterrieselt.