Widerstand in Spanien und Portugal gegen offene Uran-Mine

Bild: WWF

Tausende Menschen aus beiden Ländern protestierten in Salamanca gegen den größten geplanten Uran-Abbau in Europa, Portugal fordert Aufklärung

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Wenn es um Energiefragen geht, könnte der Widerspruch zwischen Portugal und Spanien kaum größer sein. Während in Portugal sogar die Konservativen auf erneuerbare Energien gesetzt haben, Atomkraft ablehnen und sich mit der gesamten Linken für die Abschaltung des spanischen Pannen-Atomkraftwerks Almaraz an ihrer Grenze einsetzen, ist das in Spanien ganz anders. Dort wollte die Volkspartei (PP) sogar einen Uraltmeiler wieder ans Netz zu nehmen, was allerdings an den Betreibern scheiterte, die das als unwirtschaftlich abgelehnt haben.

Deshalb kommt es immer wieder zu Spannungen zwischen beiden Ländern. Dazu kommt jetzt, dass Spanien dem britisch australischen Konzern Berkeley Energy grundsätzlich erlaubt hat, an der portugiesischen Grenze mit dem "Salamanca-Projekt" die größte offene Uran-Mine in Europa zu schaffen, um für "saubere Energie für Europa" zu sorgen, wie die Firma realsatirisch ihr Vorhaben bewirbt. Das Salamanca-Projekt könne "zu den weltweit preisgünstigsten Produzenten" gehören und deshalb trotz niedriger Uranpreise hohe Gewinne erwirtschaften, versucht die Firma Investoren anzulocken.

Angesichts der Tatsache, dass Bagger schon bereitstehen, Baucontainer am Rand von Villavieja de Yeltes schon aufgestellt wurden und am Wochenende in Salamanca tausende Menschen aus Spanien und Portugal trotz eisiger Kälte gegen die Uran-Mine demonstriert haben, hat der portugiesische Umweltminister João Pedro Matos Aufklärung von seiner spanischen Kollegin Isabel García Tejerina gefordert. Dass hier Brennstoff für Atomkraftwerke geschürft werden soll, die man im kleinen Portugal ablehnt, dafür aber Gefahren für die Bevölkerung und die Region drohen, will man in Portugal nicht hinnehmen. Das Treffen der beiden Minister soll Mitte März stattfinden.

Auch Matos bezweifelt, dass die Interessen seines Landes in Fragen der Umweltbelastung ausreichend berücksichtigt werden. Denn der Abbau des radioaktiven Stoffs in der offenen Uran-Mine könnte auch Portugal in Mitleidenschaft ziehen. Die Grenze liegt nur knapp 40 Kilometer westlich des riesigen Lochs, das zwischen Retortillo und Villavieja de Yeltes entstehen soll. Es soll 5400 Hektar groß werden, also so groß wie fast 7600 Fußballfelder.

Portugal hat sich von den Aussagen der Firma Berkeley nicht beruhigen lassen. Die hatte erklärt, dass man die spanischen und europäischen Vorgaben für solche Projekte "gewissenhaft befolgt" habe. Das "Resultat" der Untersuchungen sei gewesen, dass es keine "grenzüberschreitenden Beeinflussungen" gäbe. Nach den Vorgaben sei eine formelle Einbeziehung Portugals auch gar nicht nötig, argumentiert die Firma in einer Erklärung.

Viele Bewohner glauben weder dem Unternehmen noch den Behörden

Doch viele Bürger überzeugen Beschwichtigungen nicht, dass das ganze völlig ungefährlich sein soll. Auch der Bürgermeister der kleinen Gemeinde Villavieja de Yeltes ist dagegen, dass hier alsbald Uran im großen Stil abgebaut werden soll. Jorge Rodrigues kämpft dafür, dass das Gelände unberührt bleibt. "Die Luft wird verschmutzt durch Partikel, die bei den Abbauarbeiten freigesetzt werden", erklärt er im Interview. Das Grundwasser werde kontaminiert und dagegen könne man nichts tun. Zudem sei auch das Oberflächenwasser in Gefahr. Und das ist in einer Gegend, die wieder einmal unter einer massiven Dürre leidet, von enormer Bedeutung. Nicht nur für den Bürgermeister ist die Versorgung der Land- und Viehwirtschaft mit Wasser in Gefahr, wobei er sich auf wissenschaftliche Studien beruft.

Der Berkeley-Chef Paul Atherley meint dagegen: "Nichts wird von der Mine freigesetzt." Man habe umfassende Luft- und Vibrations-Tests gemacht, die von unabhängigen Behörden geleitet worden seien. "Die Befürchtungen sind unbegründet", wirft er den Gegnern entgegen. Die verweisen dagegen gern auf die grassierende Korruption im Land, weshalb die Beteiligung der Behörden für sie rein gar nichts garantiert, vor allem nicht in einer Region, die von der PP regiert wird, die bis zur Halskrause in zahlreichen Korruptionsskandalen steckt.

Es geht auch hier um viel Geld. Schon früher wurde in der Provinz Salamanca Uran abgebaut. Das staatliche Uranunternehmen Enusa förderte unweit des geplanten Salamanca-Projekts nahe der Gemeinde Saelices el Chico - noch deutlich näher an der Grenze zu Portugal - einst Uran. Und sogar die eher kleine Mine sorgte für grenzüberschreitende radioaktive Belastung, als ein Damm für Abraum brach. Dabei wurde radioaktives Material in den großen Douro-Fluss geschwemmt, stellte eine Studie der Universität Lissabon fest. Jeder Uranabau zeitige Umweltschäden, meint auch die Lissabonner Umweltingenieurin Cláudia Derboven Sequeira.

Zur Freude Portugals war die Mine zum Zeitpunkt des Dammbruchs 2007 allerdings schon geschlossen, trotz allem wurde das Land noch in Mitleidenschaft gezogen. Begonnen worden war mit dem Abbau in Saelices el Chico 1974 noch in der Franco-Diktatur, als auch beim Nachbarn eine Militärdiktatur herrschte. Insgesamt wurden dort bis ins Jahr 2000 jährlich rund 130 Tonnen Uranoxid gefördert. Die fünfzehnfache Menge, rund 2000 Tonnen, will Berkeley nun allerdings zwischen Retortillo und Villavieja de Yeltes jährlich pro Jahr schürfen. Damit wäre es der größte Urantagebau Westeuropas und Spanien würde in Liste der Top 10 weltweit aufrücken und sogar die USA und China überflügeln.

Breite Kritik an dem Vorhaben, das auch kaum Jobs bringen wird

Viele Jobs springen bei dem Projekt allerdings auch in einer Region nicht heraus, die unter hoher Arbeitslosigkeit leidet. Damit kann man die Menschen wirklich nicht ködern, auch wenn das Berkeley und die PP natürlich versuchen. Derzeit werden 70 Mitarbeiter beschäftigt, später sollen es dann 150 sein, erklärte die Firma. "Für einen Teller mit Linsen", werde ein "Umweltdesaster" zugelassen, erklärte Felipe Yuste auf der Demonstration. Er ist der Sprecher der Bürgerinitiative "Nein zur Mine". Die Region werde für eine lange Zeit von einer Firma verurteilt, der die Regionalregierung einen "roten Teppich" ausrolle.

Man fürchtet tatsächlich sogar um die wenigen nachhaltigen Stellen in Gegend, sogar der umstrittene EU-Kommissar Arias Cañete fährt seinen Parteikollegen in der Heimat aus Brüssel in die Parade. Er verweist auf "die Interessen" diverser Politiker der Region, die an der Genehmigung beteiligt waren. Und der Kommissar für Klimaschutz meint, es würden "mehr Stellen zerstört als geschaffen werden". Zudem gehe es ohnehin nur um ein Projekt für "zehn Jahre".

Darin ist sich der ehemalige Ölmanager sogar einig mit dem sozialdemokratischen Bürgermeister von Villavieja de Yeltes. Auch der meint zwar, dass Jobs in der Region wichtig wären, doch die Mine sorge für ein sehr schlechtes Image der Region, in der die Fleischindustrie sehr stark ist. Nicht sehr weit entfernt von der Gemeinde liegt zum Beispiel Guijuelo. Die Kleinstadt ist bekannt für seine grandiosen Schinken, Chorizos usw. Die Schweine für den berühmten Schinken "pata negra" werden in der Region aufgezogen, in der nun die Mine entstehen soll.

Mit der Rodung war bereits begonnen worden. Bild: WWF

Die Schweine leben von den Eicheln der Steineichen, weshalb ihr Fleisch sehr dunkel und besonders schmackhaft ist. 2000 Steineichen, oft weit über 100 Jahre alt, fielen schon den Vorarbeiten zum Opfer, vermutlich illegal, weshalb ein Gericht die Rodung gestoppt. "Uns wird ein Stigma anhaften, dass in diesem Gebiet ein hochgefährlicher Stoff abgebaut wird", meint deshalb der sozialdemokratische Bürgermeister aus Villavieja, der mit seinem Parteikollegen aus Retortillo im Clinch liegt, denn der ist für die Mine und auf ihn spielte auch der EU-Kommissar an. Die Mine sorge für Misstrauen der Kundschaft. Dagegen anzukämpfen, sei sehr schwer, meint Bürgermeister aus Villavieja und befürchtet, dass die Lebensgrundlage der Region nachhaltig zerstört wird.

Die Umweltschutzorganisation WWF spricht davon, dass es um kurzfristige Interessen einer Firma geht und verweist auch darauf, dass die Uran-Reserven nur für 10 Jahre reichen sollen. Dann werde Berkeley verschwinden, die Gegend aber auf den Altlasten und einer ruinierten Natur sitzen bleiben. Auf allen Ebenen werde man gegen die Mine kämpfen. Der WWF verweist darauf, dass die Firma noch keine definitive Genehmigung hat. Es sind Klagen anhängig , auch die Staatsanwaltschaft ermittelt schon wegen Umweltvergehen und auch die EU-Kommission prüfe das Projekt. Die Gegner werden weiter auf die Straße gehen, schon am kommenden Wochenende.