Warum steigt in den USA die Zahl der im Verkehr getöteten Fußgänger?

Bild: NHTSA

Die Governors Highway Safety Association vermutet, es könne an der Cannabis-Legalisierung und an der Benutzung von Smartphones liegen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

In Deutschland nahm die Zahl der Verkehrsunfälle 2017 wieder zu und erreichte einen Höchststand. Dagegen sinkt die Zahl der Verkehrstoten weiter. Sie hatte Anfang der 1970er Jahre mit über 20.000 Verkehrstoten einen Höhepunkt erreicht und geht seitdem fast kontinuierlich nach unten. Bis November 2017 starben nach dem Statistischen Bundesamt 3177 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr, der niedrigste Stand seit Beginn der Statistik vor mehr als 60 Jahren. Auch die Zahl der getöteten Fußgänger ging um 28 weiter auf 462 zurück.

In den USA bietet sich ein anderes Bild. Hier stieg die Zahl der Fußgänger, die bei einem Verkehrsunfall ums Leben kommen, 2017 bereits das zweite Jahr über auf fast 6000 an, berichtet die Governors Highway Safety Association (GHSA). Die Zahl der Toten sei damit wieder höher als vor 25 Jahren. 16 Prozent der Verkehrstoten sind Fußgänger, vor ein paar Jahren waren es noch 11 Prozent. Für die GHSA ist der wiederholte Anstieg ein Warnhinweis. Auffällig ist, dass seit 2007 die Verkehrstoten bei den Fußgängern um 27 Prozent und in den großen Städten um 28 Prozent gestiegen sind, während die Toten unter allen anderen Verkehrsteilnehmern im selben Zeitraum um 14 Prozent abgenommen haben. Unklar bleibt, warum das Bild sehr unterschiedlich bleibt, denn in 20 Bundesstaaten gab es weniger getötete Fußgänger, in 7 blieb die Zahl gleich, während sie in 23 angestiegen ist. Für Fußgänger am gefährlichsten scheinen die Bundesstaaten Kalifornien, New York, Florida, Arizona und Texas zu sein.

Die meisten Toten gibt es auf den Straßen in Städten, gefolgt von Highways. Und die Verkehrsunfälle mit tödlichen Folgen für Fußgänger ereignen sich zu 75 Prozent nachts. Kreuzungen sind nicht so gefährlich, auch nicht Seitenstreifen, die Unfälle ereignen sich meist auf Straßen zwischen Kreuzungen oder auf Highways. Bei den Unfällen mit tödlichem Ausgang hatten 33 Prozent der Fußgänger und 13 Prozent der Fahrer 0,8 Promille oder mehr.

Als mögliche Erklärungen für den Anstieg werden die wachsende Nutzung von Smartphones und die Legalisierung von Marihuana in einigen Bundesstaaten genannt. Es gebe zwar keine explizite Verbindung zwischen diesen Faktoren und den im Straßenverkehr getöteten Fußgängern, aber es werde weithin akzeptiert, dass sowohl Smartphones als auch Marihuana die Aufmerksamkeit und das Beurteilungsvermögen beeinträchtigen, die für Autofahren und Gehen auf den Straßen erforderlich seien. So sei in den sieben Bundesstaaten und in Washington D.C., wo Marihuana zwischen 2012 und 2016 legalisiert wurde, die Zahl der bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommenen Fußgänger im ersten Halbjahr 2017 im Vergleich zum selben Zeitraum im vergangenen Jahr um 16,4 Prozent gestiegen, während sie in den übrigen Bundesstaaten um 5,8 Prozent zurückgegangen sei.

Auch die zwischen 2010 und 2016 enorm um 236 Prozent angestiegene Zahl der aktiv benutzen Smartphones könnte etwas damit zu tun haben, obgleich sich dies dann in Deutschland nicht gleichermaßen niederschlägt, höchstens in den insgesamt steigenden Verkehrsunfallzahlen. Da aber, so der Bericht, insgesamt die mit der Nutzung von Smartphones zusammenhängenden Besuche von Notfallambulanzen ansteigen, könnte dies auch dafür sprechen, dass nicht nur die Autofahrer abgelenkt werden, sondern auch die Fußgänger.

Allerdings ist nur die Zahl der getöteten Fußgänger, Fahrradfahrer und Motorradfahrer angestiegen, was darauf hindeuten könnte, dass die Autofahrer abgelenkter sind. Dazu kommen die immer größeren SUVs, die Insassen schützen, aber desto tödlicher für leichter als andere Autos zu übersehende und vor allem weitgehend vor Autounfällen ungeschützten Verkehrsteilnehmer sind. Fußgänger und Fahrradfahrer sind gewissermaßen die soft targets des Straßenverkehrs.