Griechische Soldaten in türkischem Gewahrsam

Bild: W. Aswestopoulos

Hat Erdogan nun sein Faustpfand?

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Zwei griechische Soldaten wurden am Freitag in der Grenzregion des Evros-Flusses von einer türkischen Patrouille aufgegriffen. Die beiden hatten sich nach dem bisherigen Kenntnisstand der Dinge auf türkisches Staatsgebiet verlaufen. Nun befinden sie sich nach dem Entscheid eines Schnellgerichts in Edirne in Haft. Sie werden des illegalen Grenzübertritts, des Eindringens oder des Versuchs dazu in eine militärische Anlage und der Spionage angeklagt.

Zu den Gründen für die Untersuchungshaft zählen laut türkischem Gericht unter anderen die Fluchtgefahr und das "Fehlen eines festen Wohnsitzes in der Türkei".

Der Vorfall, bei dem ein Leutnant und ein Sergeant in dichtem Nebel und Schnee auf der Streife Spuren folgten, fand nahe dem griechischen Dorf Kastanies statt. Bei den beiden soll es sich um den Leutnant Angelos Mitreodis und den Seargant Dimitris Kouklatzis vom 3. Motorisierten Gebirgsregiment "Rimini" handeln. Laut der griechischen Presse sind beide Soldaten fünfundzwanzig Jahre alt. Mitreodis soll, so berichtet die Presse, vor Gericht ausgesagt haben: "Gegen 10:30 h befanden wir uns auf Streife. Überall lag Schnee in einer Höhe von 20-25 Zentimeter. Als wir Spuren von Schuhen im Schnee sahen, folgten wir diese, weil wir dachten es wären Spuren von Immigranten. Den Spuren folgend kamen wir an einen Baum, als plötzlich türkische Soldaten vor uns auftauchten. Diese nahmen uns die Waffen ab und brachten uns zur Polizeistation. Wir sind keine Spione, wir haben die Grenze nicht absichtlich übertreten. Wir passierten sie wegen der schlechten Witterungsverhältnisse."

Griechische Soldaten bei einer Parade. Bild: W. Aswestopoulos

Die griechischen Berichte zum Thema geben ebenfalls an, dass die zwei nach Flüchtlingen suchen sollten. Sie sollen, so berichten türkische Medien, gesund sein. Jedoch wurden ihnen die Mobiltelefone abgenommen. Angeblich haben beide von den Spuren im Schnee Fotos gemacht. Von griechischer Seite konnten die Vorwürfe der Türken weder verifiziert noch widerlegt werden.

Tatsächlich gibt es an der Grenze zwischen beiden Staaten zwei Pfade, je einen auf dem jeweiligen Staatsgebiet. Eigentlich sind beide durch entsprechende Markierungen auf den Bäumen klar dem jeweiligen Land zuzuordnen. Es ist jedoch unklar, inwieweit die Markierungen bei den gegebenen Witterungsverhältnissen erkennbar waren.

Fakt ist, dass in griechischen Medien Gerüchte gestreut werden, welche von einer Falle und einem Grenzübertritt der Türken berichten. Diese Gerüchte stehen jedoch im Widerspruch mit der amtlichen Verlautbarung der Obersten Heeresleitung Griechenlands, welche den versehentlichen Grenzübertritt einräumt. Auf der anderen Seite bringen türkische Medien den Fall der nach Griechenland geflüchteten acht mutmaßlichen Putschisten ins Gespräch. Sie erinnern daran, dass Griechenland sich weigert, diese in die Türkei auszuliefern.

Der frische Vize-Verteidigungsminister Fotis Kouvelis, der erst am Donnerstag vereidigt wurde, steht als Zuständiger für den Vorfall vor seiner ersten Bewährungsprobe. Die Berufung des früheren Vorsitzenden der Demokratischen Linken durch Premierminister Alexis Tsipras hatte bei allen Parteien für gemischte Reaktionen gesorgt. Kouvelis hatte mit seiner Partei ab 2012 die Regierung des konservativen Antonis Samaras gestützt. Er galt bis zum Herbst 2014 als Präsidentschaftskandidat von Tsipras Amtsvorgänger. Aus diesem Grund war er über Jahre von den SYRIZA-Politikern und von denen des Koalitionspartners Unabhängige Griechen beschimpft worden. Nun soll er ausgerechnet unter dem seinerzeit am lautesten gegen ihn polternden Verteidigungsminister Panos Kammenos die Soldaten schnellstens wieder nach Hause bringen.

Der US-Botschafter in Athen, Geoffrey Pyatt, kommentierte den Vorfall zwischen den beiden NATO-Partnern mit seiner erneut geäußerten Befürchtung, dass es zwischen Griechenland und der Türkei jederzeit zu einem bewaffneten Zwischenfall kommen könne.