Kohleausstieg: Vier Ministerien sollen es aushandeln

Braunkohlekraftwerk Neurath. Bild: TelepermM/CC BY-SA-4.0

Bundeskanzlerin äußert sich zur Zusammensetzung der Kohle-Kommission

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Ist der Streit um die Kohle-Kommission jetzt beigelegt? Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf der Klausurtagung des Kabinetts verkündet, dass vier Bundesministerien an der Kommission beteiligt werden sollen. Im einzelnen werden Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), Arbeitsminister Huberts Heil (SPD) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) mit am Tisch sitzen.

Kurz zuvor hatte sich noch einmal Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woitke (SPD) aus dem Fenster gelehnt, der auf jeden Fall verhindern wollte, dass seine Parteifreundin aus dem Umweltressort den Hut aufgesetzt bekommt. Dabei scheint ihr das Misstrauen des Braunkohlefans Woitke vor allem wegen ihres Amtes entgegen zu schlagen. Ansonsten sind von ihr, die aus dem Kohle-Landesverband NRW stammt, nämlich bisher keine Kohle kritischen Töne überliefert.

Die Umweltverbände hatten, wie heute morgen in der Wochenschau berichtet als eine der Vorbedingungen für ihre Teilnahme an der Kommission benannt, dass die Federführung nicht beim Wirtschaftsministerium liegen dürfe. Ob dieser Streit mit Merkels Erklärung aus der Welt ist, bleibt ungewiss, und hängt unter anderem davon ab, ob die Minister formal gleichberechtigt agieren können.

"Wir erwarten, dass die Kommission ihren klimapolitischen Auftrag, das Auslaufen der Kohleverstromung, bis Ende des Jahres umsetzt. Das muss struktur- und sozialpolitisch flankiert werden."
Olaf Bandt, Bundesgeschäftsführer für Politik und Kommunikation beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)

Bei Greenpeace befürchtet der für die Klima-Kampagne der Organisation zuständige Karsten Smid, dass "der Eiertanz der vergangenen Jahre um den Kohleausstieg" fortgesetzt werden könnte, wenn nun gleich vier Ministerien mitmischen sollen. Auch der WWF und der BUND sprechen "von vielen Köchen" die nun am Kochen des Breis beteiligt seien.

Das verlange "ein klares Rezept, also hier einen klaren Auftrag für die Kommission", heißt es beim WWF. Die Messlatte sei, die Klimaziele 2020 und 2030 zu erreichen. (Reduktion der Treibhausgasemissionen um 40 bzw. 55 Prozent relativ zum 1990er Niveau.)

Damit gibt sich der WWF allerdings reichlich handzahm. Andere Umweltverbände, Mediziner (siehe Braunkohle: Hat Sachsen ein Milliarden-Problem?), Teile der Grünen und der Linksparte fordern hingegen einen vollständigen Kohleausstieg bis 2030. Olav Hohmeyer, Energieökonom an der Uni Flensburg und seinerzeit Mitglied des Sachverständigen Rates der Bundesregierung für globale Umweltfragen hatte bereits 2011, wie seinerzeit berichtet, vorgerechnet, dass 2030 bereits 100 Prozent Erneuerbare in der Stromerzeugung erreicht werden könnten.

Das Umweltbundesamt hatte schon Anfang 2017 verschiedene Optionen vorgestellt, wie der Energiesektor das Ziel erreichen könnte, die CO2-Emissionen bis 2030 um 55 gegenüber dem 1990er Niveau zu reduzieren. (Rund 28 Prozentpunkte sind davon bereits erreicht – oder auch erst erreicht, denn 1990 hatte die seinerzeitige Bundesregierung dies bereits für 2005 versprochen.)

Eine Möglichkeit wäre, alle 40 Jahre oder älteren Braunkohlekraftwerke nach und nach stillzulegen. Eine andere über eine Brennstoffsteuer, die CO2-Emissionen der Kraftwerke um zehn Euro pro Tonne zu verteuern. Auch könnten die Volllaststunden der Kraftwerke generell auf etwa 400 Stunden begrenzt werden. Oder es würden gezielt die Braunkohlekraftwerke stillgelegt.