Internationale Gemeinschaft würdigt die Auflösung der ETA als "historisch"

Bild: ELA Sindikatua/CC BY-SA-2.0

Nachdem die baskische Untergrundorganisation ihre Auflösung erklärt hat, wurde sie im baskischen Kanbo von internationalen Vermittlern bestätigt

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die baskische Untergrundorganisation hatte am Donnerstag die "Auflösung der Gesamtheit ihrer Strukturen" nach fast 60-jähriger Geschichte erklärt, worauf der Vorgang am Freitag im französisch-baskischen Kanbo bestätigt und gewürdigt worden ist. Internationale Persönlichkeiten und Vermittler, Vertreter aller baskischen Parteien und Gewerkschaften, waren genauso anwesend, wie Vertreter der spanischen Linkspartei Podemos, der spanischen Gewerkschaft UGT sowie Angehörigen von französischen Parteien und Gewerkschaften.

Unter vielen internationalen Teilnehmern fielen neben Jonathan Powell, ehemaliger Chefunterhändler von Tony Blair im Nordirland-Konflikt, auch der ehemalige irische Ministerpräsident Bertie Ahern und der Ex-Chef von Sinn Fein Gerry Adams auf. Sie waren schon am Friedenskongress vor sieben Jahren im baskischen Donostia - San Sebastian beteiligt. Der hatte den Weg für den einseitigen Friedensweg der ETA, bis zur Entwaffnung vor gut einem Jahr ermöglicht und letztlich die Auflösung als "logische Konsequenz" aus der endgültigen Einstellung der bewaffneten Aktivitäten möglich gemacht.

Powell, Ahern und Adams gehörten mit dem ehemaligen französischen Innen- und Verteidigungsminister Pierre Joxe, dem früheren Chef des Internationalen Währungsfonds Michel Camdessus, der den ehemaligen UN-Präsidenten Kofi Annan vertrat, dem mexikanischen Politiker Cuauthémoc Cárdenas und dem französische Ex-Außenminister Hubert Védrine zu den sieben Persönlichkeiten, die die "Erklärung von Arnaga" unterzeichnet haben.

Es kam aber der 21-jährigen Irati Agorria aus dem baskischen Gernika zu, mit der Verlesung der Erklärung in verschiedenen Sprachen auf Baskisch zu beginnen. Das kam nicht von ungefähr, schließlich ist Gernika das Wahrzeichen der Basken, einst von der deutschen Legion Condor zerbombt. Sie sprach für die internationalen Vermittler von einem "historischen Augenblick für ganz Europa, da "der letzte bewaffnete Konflikt auf dem Kontinent" beendet sei. Die Erklärung wurde später von drei Unterzeichnern auf Englisch, Französisch und Spanisch verlesen.

Gewürdigt wurden die Friedensschritte der ETA, "die Wort gehalten hat". Es habe seit der Friedenskonferenz, als sie zum einseitigen Gewaltverzicht aufgefordert wurde, keine Gewalt mehr von ihr gegeben und "sie wurde vollständig entwaffnet". Es sei viel eingesetzt worden, um den Frieden zu erreichen. "Die baskische Gesellschaft, die zivilgesellschaftlichen Organisationen … haben einen enormen Einsatz gezeigt." Kritisiert wurde mit dem Dokument, dass die am Konflikt beteiligten Staaten Spanien und Frankreich, nicht wie auf der Friedenskonferenz von ihnen gefordert, mit der ETA über Konfliktfolgen und Entwaffnung verhandelt haben.

Sogar die Entwaffnung musste, zwar von den internationalen Vermittlern unterstützt, letztlich auch von der Zivilgesellschaft geleistet werden. Zunächst hatte sich auch Frankreich noch daran beteiligt, sogar die Entwaffnung durch Kriminalisierung der Aktivisten zu torpedieren. Spanien zerrte sogar internationale renommierte Vermittler für die Beteiligung daran sogar vor Gericht. Wären sie nicht so bekannt, hätte man sie wohl auch als Terrorunterstützer angeklagt und verurteilt.

Der Frieden ist kein Spiel

Mit Blick auf die Zukunft verweist die internationale Gemeinschaft in der Sterbeurkunde der ETA darauf, dass noch viele Probleme offen seien. Konkret werden "Gefangene und die Flüchtlinge" oder offene Wunden bei den Opfern des Konflikts benannt, denen mit einer Schweigeminute gedacht wurde. "Ein nachhaltiger Einsatz ist nötig, um zu einer völligen Normalisierung des Lebens in der Region zu kommen", wird in der Erklärung festgestellt. Mit Blick auf verschiedene Konflikte, an deren Lösungen die Unterzeichner beteiligt waren, wird gesagt, dass der Frieden "kein Spiel" sei, sondern "politischen Willen" erfordere.

Den lässt vor allem Spanien weiter vermissen, denn Frankreich hat seine Haltung längst auch in der Gefängnispolitik geändert, nachdem es zu sogar in Paris zu einer großen Demonstration kam. Derzeit werden baskische Gefangene in die Nähe des Baskenlands verlegt, um die Doppelbestrafung zu beenden, da auch das soziale Umfeld der Gefangenen mitbestraft wird. Das ist ein erster Schritt zur Entspannung.

Für Madrid ändert sich nichts

In Spanien ist die Politik aber weiter von Rache und Politikunfähigkeit bestimmt. Die großen spanischen Parteien nahmen weder am Friedenkongress noch an der Zeremonie in Kanbo teil, wo jetzt mit Podemos aber immerhin eine neue große spanische Formation anwesend war. Der rechte Ministerpräsident Mariano Rajoy bestätigte aus Madrid aber erneut am Freitag in einer Regierungserklärung, es werde sich "nichts" ändern.

Wurde den Basken früher immer wieder erklärt, ohne Gewalt könne über "alles" geredet werden, erweist sich dies schon seit sieben Jahren als Lüge. Es werde auch die einst versprochene "Großzügigkeit" nicht geben, die auch die internationale Gemeinschaft fordert. ETA-Verbrechen würden "weiter verfolgt und verurteilt" und die Gefangenen "werden ihre Strafen weiter absitzen". Die habe keine ihrer Ziele erreicht und werde auch nach dem "Eingeständnis der Niederlage" nicht belohnt, erklärte Rajoy.

Es ist klar, dass sich diese Haltung nicht lange aufrechterhalten lassen wird, weil sie sogar gegen spanische Gesetze und die Verfassung verstößt. Spanien zeigt wie in Katalonien nur, dass das Land nicht zu politischen Lösungen von Konflikten bereit ist, wie sie sonst auf dem internationalen Parkett üblich sind. Die Verfassung sieht als Ziel zur Resozialisierung von Gefangenen eine heimatnahe Strafverbüßung vor. Die seit Jahrzehnten verordnete Zerstreuung, die Basken fast ausschließlich weit entfernt von der Heimat einzukerkern, widerspricht der Verfassung genauso wie die Tatsache, dass viele gefoltert und oft nur auf Basis von Foltergeständnissen verurteilt wurden Folterer werden in Spanien nicht bestraft oder es wird nicht gegen sie ermittelt, stellt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte regelmäßig fest.