Mehr Autonomie für Drohnen

MQ-9 Reaper. Bild: DoD

Unbemannte Luftfahrzeuge erledigen Starts, Landungen und sogar Luftkämpfe selbständig. Wenn sie anderen Flugzeugen ausweichen können, dürfen Drohnen sogar im zivilen Luftraum fliegen

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Eine US-amerikanische Langstreckendrohne des Typs "Reaper" hat erstmals einen automatischen Start- und Landevorgang absolviert. Das teilte der Hersteller General Atomics auf seiner Webseite mit. Die beiden Manöver wurden demnach bereits im August von der US-Luftwaffe durchgeführt.

Zum Einsatz kam eine Drohne der neuesten Baureihe MQ-9 Block 5. Die mit einem Turboprop-Triebwerk ausgestattete "Reaper" bleibt mehr als 24 Stunden in der Luft. Sie trägt 1,7 Tonnen Nutzlast und kann entweder mit Sensoren zur Aufklärung oder mit Waffen ausgerüstet werden. Auch unter Bewaffnung fliegt die "Reaper" mit einer hochauflösenden Frontkamera und einem Radargerät.

General Atomics bezeichnet die getestete Fähigkeit als "Automatic Takeoff and Landing Capability". Sie soll das Einsatzspektrum der Drohnen vergrößern. Soweit bekannt verfügt auch die "Heron TP", die jetzt von der Bundeswehr beschafft wird, über ein "Autonomous Take-Off and Landing System". Die Drohne nutzt hierfür GPS-Daten, für Notlandungen kommt außerdem ein radarbasiertes System zum Einsatz.

"Reaper" gewinnt Luftkampf

Die Automatisierung zentraler Funktionen wie Starts und Landungen soll laut General Atomics die Piloten entlasten. Auch die "Effektivität" der Kampfkraft werde erhöht. Dem Rüstungskonzern zufolge soll sein Verfahren bei jedem Wetter funktionieren. Die Drohnen würden dadurch unabhängiger, flexibler und sicherer. Die mit dem automatischen System ausgestatteten Drohnen könnten beispielsweise besser auf Seitenwinde reagieren.

Letzte Woche wurde bekannt, dass eine "Reaper"-Drohne eine andere Drohne im Luftkampf abgeschossen hat (Der Luftkrieg der Killerdrohnen hat begonnen). Die Auskunft stammt von dem Oberst Julian Cheater, dem Kommandeur eines Luftkampfkommandos auf dem Militärflugplatz in Creech/ Nevada. Die Luftwaffe hatte dort erst kürzlich einige ihrer "Predator" durch das neue Modell ausgetauscht, das an vier Aufhängepunkten Raketen des Typs "Hellfire" oder ferngesteuerte Bomben befördern kann.

Der Test soll im November letzten Jahres erfolgt sein. Bei dem unterlegenen Luftfahrzeug handelte es sich um das Modell MQ-1, den Vorgänger der "Reaper", das unter dem Namen "Predator" bekannt ist. Zum Einsatz kam eine mithilfe von Infrarottechnologie gesteuerte Luft-Luft-Rakete. Es ist jedoch unklar, in welchem Umfang der Abschuss automatisiert erfolgte.

Verteidigungsministerium forscht zu "Robotisierung"

Laut dem US-Oberst bereite sich die dortige Luftwaffe auf Luftkriege gegen Russland oder China vor. Mit der Automatisierung von Gefechtsfunktionen ihrer Drohnen zwingt die US-Armee ihre Gegner, die Reaktionszeit ihrer Systeme ebenfalls zu verkürzen, indem wesentliche Routinen von Computern übernommen werden. Wissenschaftler warnen vor dieser "Robotisierung", der auch Armeen wie die Bundeswehr einem Anpassungsdruck ausgesetzt.

Auch das deutsche Verteidigungsministerium forscht an der zunehmenden Automatisierung ihrer bemannten und unbemannten Luftfahrzeuge. Drohnen könnten beispielsweise im Verbund mit einem Kampfflugzeug fliegen und von dessen Piloten kontrolliert werden. Immer mehr Funktionen könnten die mitfliegenden Drohnen dabei selbständig erledigen (Airbus arbeitet an tödlichem Drohnenschwarm).

Bislang verfügen Langstreckendrohnen lediglich über "Kollisionsvermeidungsfähigkeiten". Ein solches System warnt Piloten vor Zusammenstößen und gibt Ausweichempfehlungen. Das eigentliche Ausweichmanöver wird weiterhin von den Piloten ausgeführt, der dazu Flugdaten wie Geschwindigkeit, Flughöhe und Kurs erhält. Als Assistenz verfügen die Drohnen außerdem über ein Wetterradar zum Erkennen von Gewitterzellen.

Auch die Bundeswehr will ein Ausweichsystem

Die Drohnenhersteller arbeiten deshalb an Verfahren, mit denen Drohnen Kollisionen selbständig vermeiden. Das ist Bedingung, damit die Luftfahrzeuge eine Zulassung zum Betrieb außerhalb militärisch reservierter Lufträume erhalten können.

Nach eigenen Angaben hat das niederländische Raumfahrtinstitut NLR bereits ein zuverlässiges Ausweichsystem für Helikopterdrohnen entwickelt. Für die von der Schweiz bestellten Militärdrohnen will der israelische Elbit-Konzern bis 2021 eine entsprechende Technologie entwickeln. Auch der israelische Hersteller der "Heron"-Drohnen arbeitet mit der US-Firma Honeywell an einem solchen Verfahren. Medienberichten zufolge ist die Kooperation von Honeywell mit dem US-Hersteller der "Predator"-Drohnen weitaus fortgeschrittener.

Die Bundesregierung rechnet "frühestens ab dem Jahr 2020" mit einem funktionierenden Ausweichsystem. Laut dem Verteidigungsministerium ist das System "ACAS Xu" am weitesten fortgeschritten. Es wird im Auftrag der NASA entwickelt und erprobt und würde in die Spionagedrohnen PEGASUS eingebaut, die die Bundeswehr in den USA bestellt. Die Prüfung und Zertifizierung des Ausweichsystems würde vom deutschen Verteidigungsministerium in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt erledigt, die zu diesem Zweck bereits ein Kooperationsabkommen geschlossen haben.