Allein SpaceX will 12.000 Satelliten in eine Umlaufbahn bringen

Symbolische Darstellung des Weltraumschrotts, der die Erde auf LEO umkreist. Das ließe sich auch als Darstellung der Zigtausenden Satelliten sehen, die in den nächsten Jahren in eine Umlaufbahn gebracht werden sollen. Bild: Nasa

US-Konzerne wollen Zigtausende Satelliten mit Hunderten von Raketenstarts für schnellen 5G-Internetzugang in erdnahe Umlaufbahnen bringen - und den Planeten mit Müll einschließen?

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Im Februar des vergangenen Jahres hat SpaceX mit einer Falcon-9-Rakete zwei 400 kg StarLink-Satelliten zum Testen in eine Umlaufbahn in Höhe von 500 km gebracht. Elon Musk will mit StarLink ein nicht geostationäres Satellitensystem für eine weltweite Abdeckung für einen schnellen 5G-Internetzugang einrichten. Alles soll ganz schnell gehen, um als erster am Start zu sein. Schon dieses Jahr sollen die ersten Satelliten für das System in die vorgesehene Umlaufbahn gebracht werden, bis 2025 soll das Netz vollständig sein. Das bedeutet, dass dann 12.000 Satelliten mehr im Weltraum sein sollen.

Am 15. Mai soll als Startschuss SpaceX mit einer Falcon-9-Rakete 60 Testsatelliten für StarLink in die Umlaufbahn bringen.

Schon im März hat die FCC, die für die USA zuständige Behörde, SpaceX genehmigt, 4.425 Satelliten in einer Höhe von 1.200 km den Weltraum zu bringen. SpaceX hatte danach beantragt, weitere 7.518 Satelliten in einer sehr viel geringeren Höhe von 335 km bis 346 km in den Weltraum zu bringen. Die Satelliten haben jeweils ein Gewicht von 400 kg. Sie haben einen Antrieb und sind manövrierfähig, können miteinander kommunizieren und sind mit Phased-Array-Antennen wie 5G-Sendemasten ausgestattet.

Gegenwärtig sind fast 2.000 funktionsfähige Satelliten in der Umlaufbahn, insgesamt sollen es nach der Nasa über 4.800 sein. Das hieße, dass 2.800 Satelliten um die Erde als Abfall kreisen. Immer wieder stürzen Satelliten ab oder verglühen in der Atmosphäre, wobei auch Teile auf die Erde fallen, was je nach Bevölkerungsdichte unterschiedlich gefährlich sein kann. Nach der Nasa sollte das Risiko nicht höher als 1:10.000 sein.

Die Staaten und Unternehmen, die Raketen und Satelliten in den Weltraum schicken, gefährden, je mehr Schrott sich ansammelt, also prinzipiell auch das Leben oder die Gesundheit der Menschen auf der Erde. Zu den 4.816 Satelliten in Umlaufbahnen kommen noch über 14.300 Raketen, Raketenteile und anderer Schrott. Nach dem Weltraumrecht, der Convention on International Liability for Damage Caused by Space Objects (1972), sind die Staaten für eventuelle Schäden verantwortlich, die Raketen und Satelliten in den Weltraum bringen.

Schicht an Weltraummüll wird sich mit billigen und kurzlebigen Satelliten vergrößern

Von den 453 Satelliten, die 2017 in den Weltraum gebracht wurden, waren Ende April nur noch 390 auf einer Umlaufbahn. Insgesamt wurden, man muss angesichts der neuen Pläne sagen: "erst" 8.378 Objekte in den Weltraum gebracht, darunter Raketen oder Teile von Weltraumstationen. Trotz Verglühens von vielen Objekten - als nächstes soll das 2010 gestartete indische Raketenteil PSLV R/B am 21. Januar verglühen -, umkreist die Erde mittlerweile eine Schicht an Weltraumschrott.

Die meisten Teilchen sind klein, aber es sollen eine halbe Million Teile sein, die größer sind als ein Zentimeter und damit Raketen, Satelliten und Weltraumstationen gefährlich werden können. Die Space Debris Mitigation Guidelines of the Committee on the Peaceful Uses of Outer Space (2010) sind nur Soll-Bestimmungen. So sollen LEO-Satelliten, die nicht mehr im Gebrauch sind, entweder kontrolliert zum Absturz gebracht oder in Umlaufbahnen geparkt werden, auf denen Kollisionen nicht zu befürchten sind.

Aber es sind nicht alleine die 12.000 Satelliten, die SpaceX in den Weltraum befördern will, weitere Tausende von Satelliten wollen Samsung (3.000) und Boeing in eine Umlaufbahn bringen. Andere Unternehmen wie OneWeb, Kepler, LeoSat oder TelSat wollen "nur" Dutzende oder Hunderte in eine Umlaufbann befördern. Es werden also in den nächsten Jahren Tausende von Satelliten in den Weltraum gebracht werden, was heißt, dass allein dafür sehr viel mehr Raketenstarts nötig sind, dazu kommen weitere, weil die Lebensdauer von Satelliten meist nur einige Jahre beträgt, während die Menge an Schrott im Weltraum zunimmt und auch die Menge der in die Atmosphäre kontrolliert oder unkontrolliert abstürzenden Satelliten und Raketenteile.

Wirklich geregelt ist im Weltraum trotz einiger UN-Abkommen nicht viel. So soll der Weltraum nach dem Treaty on Principles Governing the Activities of States in the Exploration and Use of Outer Space (1967), nicht zur Stationierung von Massenvernichtungswaffen, für militärische Stützpunkte oder andere militärische Einrichtungen, sondern friedlich genutzt werden. Aber Satelliten können schon insofern als Waffen oder Antisatellitensysteme genutzt werden, wenn sie diese wegschieben oder ihre Kommunikation jammen.

Auf niedrigen Umlaufbahnen fliegende Satelliten können auch von Raketenabwehrsystemen abgeschossen werden, das haben China und die USA bereits mit alten Satelliten demonstriert, angeblich nur, um diese kontrolliert zum Absturz zu bringen. Ansonsten sollen freier Verkehr und freie Nutzung im Weltraum herrschen und sollen Weltraumkörper oder Territorien bzw. Ressourcen nicht in Besitz genommen werden können.

Allerdings ist auch wegen der strategischen Bedeutung ein Wettrüsten in Gang gekommen, das die USA auch damit demonstriert haben, dass auf Anordnung von Donald Trump nun vom Pentagon ein eigenes Weltraumkommando eingerichtet wird. Die USA sind wie Russland, China, Deutschland und viele andere Staaten nicht dem Agreement Governing the Activities of States on the Moon and Other Celestial Bodies (1984) beigetreten.

Dort wird noch einmal festgelegt, dass auf dem Mond und anderswo Weltraumstationen errichtet und Ressourcen ausgebeutet werden dürfen, aber eine Besitznahme wird ausgeschlossen. Die USA haben 2015 mit dem von Barack Obama unterzeichneten U.S. Commercial Space Launch Competitiveness Act für sich und einseitig beansprucht, dass US-Bürger, "kommerziell Weltraumressourcen erkunden und ausbeuten" dürfen, es werde aber nicht Eigentum oder exklusiver Zugang beansprucht. Damit soll die privatwirtschaftliche Nutzung des Weltraums befördert werden.

Start einer Falcon-9-Rakete, CRS-17 Mission am 4. 5. 2019. Bild: SpaceX/CC0

Ozonschicht und CO2-Emissionen

Wie immer bei technischen Innovationen kommen auch bei der Einführung von 5G Bedenken auch bei Wissenschaftlern auf, dass die enorme Zunahme an elektromagnetischer Strahlung im niederfrequenten Bereich durch Satelliten und Sendemasten das gesundheitliche Risiko steigen könnte. Tatsächlich müssen nicht nur mehr Satelliten in den Weltraum gebracht werden, sondern es werden auch sehr viel mehr Sendemasten errichtet werden müssen, zudem werden sehr viel mehr vernetzte Geräte wie autonome Autos, Sensoren oder smart homes Daten verschicken oder empfangen.

Aber betrachtet man nur einmal die Tausenden von Satelliten, die in der nächsten Zeit in eine Umlaufbahn gebracht werden sollen, dann sind dazu deutlich mehr Raketenstarts notwendig, wahrscheinlich 10-20 Mal mehr als bislang - und das über lange Zeit, wenn die Lebensdauer bei den LEO-Satelliten nur gering ist. Wenn man nur einmal das StarLink-Satellitensystem von Space X betrachtet, bei dem mit Falcon-9- und Falcon Heavy-Raketen 12.000 Satelliten in eine Umlaufbahn gebracht werden sollen, dann könnte durch die zahlreichen Raketenstarts die Ozon -Schicht wieder weiter zerstört werden.

Nach einer Studie eines internationalen Wissenschaftlerteams, die letztes Jahr veröffentlicht wurde, ist zwar seit 1998 nach dem FCKW-Verbot durch Montreal Protokoll das "Ozonloch" in der oberen Atmosphäre geringer geworden. Allerdings haben Messungen ergeben, dass zwischen den Breitengraden 60° S und 60° N nur der Abbau gebremst worden ist, aber sich keine Zunahme der Ozonschicht beobachten lässt. Gewarnt wird aber, dass in der unteren Stratosphäre die Ozonschicht, die das Leben vor den Folgen der UV-Strahlung schützt, seit 1998 weiter abgenommen hat. Der Grund sei nicht klar.

Ein anderes Wissenschaftlerteam hatte 2017 allerdings eine Zunahme von Ozon in der unteren Stratosphäre außerhalb der Polarregion beobachtet und geht von einer Variabilität aus. Ein anderer Bericht, ebenfalls aus 2018, stellte eine Verlangsamung bei der Wiederherstellung der Ozonschicht seit 2013 fest und führt das darauf zurück, dass seit 2012 wieder Trichlorfluormethan (CFC-11), ein Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW), vermehrt in die Atmosphäre gelangt. Die Verursacher werden in China vermutet.

Unabhängig von diesen Befunden könnten zahlreiche Raketenstarts ebenfalls die Ozonschicht schädigen. Die Space-X-Raketen verwenden für ihren Merlin-Antrieb flüssigen Treibstoff mit Sauerstoff (LOX) und dem Kerosin RP-1. Nach einer Berechnung entstehen erhebliche CO2-Emissionen pro Start, beim Verbrennen entstehen zusätzlich zum Ruß vor allem CO- und CO2- sowie Stickoxid-Emissionen. Eine Falcon 9-Ladung besteht aus 147.000 kg RP-1 und 341.000 kg Flüssigsauerstoff, davon werden 80 Prozent in der ersten Raketenstufe verbrannt.

Ein Start würde danach etwa 540 Tonnen CO2-Äquivalent ergeben. Zur Herstellung von Flüssigsauerstoff muss auch Energie verwendet werden, der Autor schätzt die Emissionen auf etwas mehr als 100 Tonnen CO2-Äquivalenz ein. So dass ein Start 640 Tonnen CO2-Äquivalenz an Emissionen mit sich bringen würde. Zu den Emissionen, die sich bei Hunderten von Starts verhundertfachen würden, kommen noch Risiken beim Start oder beim Flug in der Atmosphäre.

Auch nach einem Bericht der Nasa hat der Flüssigtreibstoff LOX/RP-1 zwar negative Auswirkungen auf die Ozonschicht in der Stratosphäre, aber es gebe nicht genügend Daten, um die Folgen wirklich abschätzen zu können. Vor allem die Rußpartikel, die von Falcon-Raketen direkt in die Stratosphäre abgegeben werden, haben einen größeren Einfluss auf das Klima als CO2-Emissionen. So könnten Rußpartikel laut Nasa in 40 km Höhe dünne Wolken bilden, die die Temperaturen in der Atmosphäre oder auf der Erdoberfläche beeinflussen könnten. Aber auch hier sei die Forschung noch nicht weit genug gekommen, das Risiko wird aber als geringfügig gewertet.

Ein Start einer Falcon Heavy würde die Ozonschicht nicht "substantiell" zu den Treibhausgasen oder ozonzerstörenden Chemikalien beitragen, wird versichert. Für die Nasa war allerdings nur die Beurteilung des möglichen Mars-Programms auf die Umwelt relevant, also nur einzelne Raketenstarts, aber nicht hunderte, wie sie von der Privatwirtschaft jetzt geplant und von der FCC genehmigt wurden. Pro Start würde eine Falcon Heavy 976.000 kg an CO2-Äquivalenz-Emissionen produzieren. Das sei vernachlässigenswert angesichts der Treibhausgas-Emissionen der USA.

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