Haben extraterrestrische Lebewesen die Erde bereits besucht?

Exo-Planet Kepler-10. Künstlerische Darstellung. Bild: Nasa

US-Astronomen haben ein Modell entwickelt, um zu zeigen, ob und wie schnell eine Zivilisation die Milchstraße besiedeln könnte, um das Fermi-Paradox zu lösen

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Die Frage bleibt drängend, ob die Menschen die einzigen intelligenten Lebewesen in unserer Galaxie sind. Manche glauben zwar, sie seien schon da gewesen, andere sehen irgendwelche Flugkörper, aber das sind Phantasien, denen eine wirkliche Bestätigung fehlt. Daher beschäftigen sich immer einmal wieder Wissenschaftler mit dem Fermi-Paradox. Eigentlich sollte sich intelligentes Leben vielfach in unserer Galaxie entwickelt und längst schon die Erde besucht haben, aber es wurde - allerdings erst seit Jahrzehnten der Suche - noch nicht einmal ein Signal empfangen, das auf intelligentes Leben da draußen hinweist..

Gibt es also keine anderen intelligenten Lebewesen, wie das der Astrophysiker Michael Hart in einem Paper 1975 postulierte. In den Milliarden Jahren seit Entstehung der Milchstraße habe es genügend Zeit für extraterrestrisches intelligentes Leben gegeben, um Weltraumfahrt zu entwickeln und unsere Galaxie wie die Menschen die Erde zu kolonisieren. Da kein solches Lebewesen auf der Erde ist, sei zu vermuten, dass es keine weiteren intelligenten Lebewesen gibt. Frank bezog sich allerdings mit seinem "Fact A" auf materielle Besuche, nicht auf Signale. Dass Aliens einmal dagewesen sein oder kein Interesse an der Erde haben könnten, weil sie für diese vielleicht unwirtlich oder aus irgendeinem Grund nicht attraktiv ist, interessierte ihn nicht weiter.

Weltraumkolonisation in einer bewegten Galaxie

Eine Gruppe von Astronomen haben in einem Paper, das kürzlich im Astronomical Journal erschienen ist, einmal im Kontext des Fermi-Paradoxons erörtert, wie denn überhaupt Weltraumreisen für eine Exo-Zivilisation zur Besiedlung anderer Planeten in einer deutlich kürzeren Zeit als das Alter des Universums möglich wären. Die Annahme, dass die bislang ergebnislose Suche nach Signalen einer extraterrestrischer Intelligenz (SETI) bedeuten würde, dass es keine gibt, sehen sie nicht als begründet an. Das sei so, als würde man im Meer nur einen Schwimmbecken großen Teil nach Delfinen absuchen und sagen, wenn dort keinen gefunden hat, es auch im übrigen Meer keine gebe. Bislang wurden etwas mehr als 4000 Planeten gefunden, von den vielleicht 100 Milliarden Exo-Planeten könnten 10 Milliarden erdähnlich und davon auch einige oder viele bewohnt sein.

Bezüglich Fact A verweisen sie auf Studie von Hart und Tipler, die berechnet haben, dass eine nicht mit Lichtgeschwindigkeit von einer Exo-Zivilisation gestartete Sonde die Milchstraße in etwa 6,5x105 Jahren durchqueren würde. Eine einzige Art, so die Autoren, "die beabsichtigt die Milchstraße zu besuchen oder sie zu besiedeln hätte dafür reichlich Zeit". Sie wollen auch nicht ausschließen, dass die Erde einmal vor langer Zeit von einer Exo-Zivilisation besiedelt oder besucht wurde, von deren Existenz aber keine Hinweise gefunden werden können.

Für ihre Überlegungen wurden weder Absichten noch Motivation von Raumfahrern berücksichtigt. Sie wollen so wenige soziologische Annahmen als möglich einbeziehen. Sie davon vom dem "Aurora-Prinzip"aus, dass nur eine begrenzte Zahl von Planeten besiedelbar ist, und sie ziehen auch in ihren Berechnungen Erkundungen nahe gelegener Systeme mit Proben begrenzter Geschwindigkeit und Reichweite. Im Unterschied zu anderen Modellen unterstellen sie nicht, dass Reisen nur zwischen fixen Sternen stattfinden, was nur gelten würde bei schnellen Besiedlungen von "relativistischen Raumschiffen", sondern ziehen im expandierenden Universum sich auf unterschiedlichen Pfaden bewegende Sternensysteme ein. Ähnlich wie Planeten sich um die Sonne bewegen, bewegen sich auch Sonnensyste um das Zentrum der Milchstraße. Ebenso einbezogen in das Modell sind unterschiedliche Sterndichten in der Milchstraße. Ist die Dichte zu gering, können die erforderliche Geschwindigkeit und Reichweite der Reisenden zu groß sein und müsste vielleicht eine Zivilisation abwarten, bis die Sternedrift Abstände verkürzt.

Ihr Steady-State-Modell prüften sie in verschiedenen simulierten Welten unter der Annahme, dass die Hintergrundbewegung der Sterne 30km/h beträgt, die Reisezeiten zwischen 100 und 10.000 Jahren liegen und die Herstellungszeit der Weltraumschiffe zwischen einem Jahr und 1000 variiert, um zu berechnen, unter welchen Bedingungen bei begrenzten Lebenszeiten der Zivilisationen besiedelbare Systeme für lange Zeitabschnitte unkolonisiert bleiben. So wird die Frage erörtert, welche Wahrscheinlichkeit es für ein System wie unser Sonnensystem gibt, mindestens eine Milliarde Jahre lang nicht besiedelt zu werden. Das würde nicht ausschließen, sagen sie, dass es dennoch raumfahrende Exo-Zivilisationen gibt, wenn sie sich nur langsam ausbreiten und eine begrenzte Lebenszeit haben. Zudem könnten sie auf die Sterndrift warten.

Auch wenn also nicht jedes habitable System besiedelt wurde, so könne nach den Annahmen, wenn unterschiedliche Sternbewegungen einbezogen werden, die ganze Milchstraße auch mit langsamen und unregelmäßigen Flügen in einer geringeren Zeit als ihr Alter besiedelt werden. Und wenn eine Siedlerwelle rollt, würden alle habitablen Systeme hinter dieser in einer Zeit aufgefüllt werden, die auch geringer als das Alter der Milchstraße wäre. Selbst dort, wo man keine Zivilisation erwarten würde, könnte aufgrund der "statistischen Fluktuationen in der lokalen Dichte besiedelbarer Systeme" können besiedelte Cluster in großen unbesiedelten Regionen liegen. Wenn die Erde sich nicht in einem solchen Cluster befindet, könne es gut sein, dass keine extraterrestrische Intelligenz uns besucht hat, auch wenn die Siedlungswelle über die ganze Milchstraße hinweg gezogen ist.

Fermi-Paradox gelöst?

Was die Wissenschaftler mit ihrem Modell zeigen wollen, ist, dass wir keineswegs allein in der Milchstraße sein müssen, auch wenn wir bislang keine Signale einer Exo-Zivilisation empfangen haben und von keiner besucht wurden. Wir könnten eben schon gar nicht sagen, dass die Erde noch nie extraterrestrischen Besuch hatte, weil wir dies geologisch kaum nachweisen könnten, noch müssten wir erwarten, dass die Erde besucht worden sei, wenn eine Siedlungs- oder Kolonisierungswelle über die Milchstraße hinweggezogen wäre, die viele, aber nicht alle, habitablen Planeten besiedelt hätte. Schließlich könnte die Zivilisation schon wieder ausgestorben sein, die Erde zu abgelegen liegen oder nicht attraktiv gewesen sein.

Aber es gibt viele Unbekannte und ungedeckte Annahmen. Wir wissen nicht, ab wann erste intelligente Exo-Zivilisationen entstanden sein könnten, ob sie ähnlich dem irdischen Leben waren und sind, welche Fortbewegungsmittel mit welchen Reisegeschwindigkeiten erfunden wurden, wie wichtig ihnen die Ausbreitung war oder ist. Völlig unbekannt ist auch, wie lange intelligente Zivilisationen leben. Zerstören sie sich womöglich, wenn sie die Technik für lange, mehrere Generationen dauernde Weltraumfahrten im Prinzip entwickelt haben? Den Beweis könnten womöglich die Menschen gerade antreten und zeigen, dass Arten, deren Evolution wenige Millionen Jahre benötigte und deren Hochkultur nur gerade einmal etwas mehr als 10.000 Jahre dauerte, ihre Lebensgrundlagen durch ihren Ressourcenverbrauch oder durch Erfindungen von Atombomben über künstliche Materialien bis hin zu toxischen Stoffen zerstören.