Wohin mit den politisch unerwünschten Mineralölprodukten Diesel und Heizöl?

Symbolbild: Pixabay

Erdöl wird in Raffinerien in einzelne Fraktionen zerlegt, darunter etwa 24 Prozent Otto-Kraftstoffe, 21 Prozent Diesel/leichtes Heizöl und weitere sogenannte Koppelprodukte

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Der Normalverbraucher kommt mit den Mineralölprodukten Benzin und Diesel heute nur noch beim Tanken in Kontakt. Wer sich da nicht nur am Preis orientiert, stellt vielleicht noch fest, dass die Sorten je nach Marke unterschiedlich gefärbt sind. Die Farbe wird den Vergaserkraftstoffen jedoch erst im Tankwagen mit Hilfe eines Beutels beigegeben, der an einen Teebeutel erinnert.

Die Produkte der einzelnen Marken kommen durchaus aus der gleichen Raffinerie und unterscheiden sich meist nur durch diese vor dem Transport zugegebenen Additive. Wer schon mal die Chance hatte, eine Mineralölraffinerie zu besuchen, konnte feststellen, dass da Tanklaster unterschiedlicher Farben abgefüllt wurden.

Raffinierung von Mineralöl ist energieaufwendig

Beim Vergleich mit Batterie-Mobilen wird vielmals der hohe Energieaufwand für die Herstellung der Batterien kritisiert. Was in der öffentlichen Diskussion dabei zumeist übersehen wird, ist die Tatsache, dass bis zu 50 Prozent der Kosten eines Raffineriebetriebs auf die für die Prozesse benötigte Energie entfallen. Die Produktion der Fahrzeugkraftstoffe, die nach ihrer Nutzung nur noch als Abgas eine Bedeutung haben, ist somit deutlich energieaufwendiger als meist vermutet.

Das hängt in erster Linie mit dem in den Raffinerien eingesetzten Prozess der Destillation zusammen, die vom Prinzip her so funktioniert wie eine klassische Schnapsbrennerei. Was dort zumeist nicht zu übersehen ist, ist in den Mineralölraffinerien eher versteckt. Welche Fraktionen in einer Raffinerie aus dem angelieferten Mineralöl gewonnen werden können, hängt nicht zuletzt davon ab, welche Mineralölsorte dort raffiniert wird.

Die einzelnen Raffinerien sind üblicherweise auf bestimmte Mineralölsorten eingerichtet und können nicht einfach mit anderen Sorten beliefert werden, wenn diese gerade mal preisgünstiger verfügbar sein sollten. Der freie Markt ist aus rein technischen Gründen durchaus eingeschränkt. Wie man in den USA schmerzhaft feststellen musste, als Trump die Sanktionen gegen Venezuela verschärfte, waren viele Raffinerien auf das venezolanische Mineralöl eingestellt und hatten durchaus Schwierigkeiten, Ersatz zu finden, bzw. ihre Verfahren entsprechend umzustellen.

Wo wird Mineralöl in Deutschland heute noch raffiniert?

In Deutschland gibt es derzeit noch 14 Raffinerien, welche Rohöl verarbeiten. Diese wurden hauptsächlich in zwei Phasen errichtet. Die ersten Raffineriestandorte stammen noch aus den 1930er-Jahren und die zweite Gruppe in den 1960er-Jahren.

Die jüngste Anlage ist die zum französischen Total-Konzern gehörende Raffinerie in Leuna, die 1997 in Betrieb genommen wurde. Auffällig ist inzwischen, dass es sich bei den Raffinerien PCK in Schwedt, Bayernoil in Vohburg und bei MiRO in Karlsruhe um Standorte handelt, die sich mehrere Eigentümer teilen. An allen drei Standorten ist die russische Rosneft beteiligt. Die Bedeutung der russischen Mineralölwirtschaft für Deutschland wird meist übersehen, ist aber genauso bedeutend wie der Gasbezug aus Russland.

Welche Folgen hat der Rückgang des Dieselverbrauchs in Deutschland

Die aktuelle von der Hans-Böckler-Stiftung finanzierte Branchenanalyse Mineralölindustrie stellt hierzu fest:

Im letzten Jahrzehnt hat vor allem in Deutschland eine stark wachsende Nachfrage nach Dieselkraftstoffen dazu geführt, dass Investitionen verstärkt in den Ausbau der Fertigungstiefe geflossen sind. Modernisierte Weiterverarbeitungsanlagen der Raffinerien sollten die Ausbeute an Diesel erhöhen. ... Aktuell erwarten Branchenvertreter […], dass es durch die sogenannten "Abgasskandale" und Diskussionen um Fahrverbote für Dieselfahrzeuge wiederum zu einer Umkehr kommen wird. Die Raffineriebetreiber befürchten hierdurch eine Gewinnschmälerung, da sich die Produktanteile, die aus einem Barrel Rohöl gewonnen werden können, nicht beliebig verschieben lassen. Produkte mit wenig Nachfrage müssen so ggf. billiger verkauft oder andere zugekauft werden. (Branchenanalyse Mineralölindustrie)

In der Konsequenz zeigt sich, dass die gezielte Reduzierung des Verbrauchs eines bestimmten Anteils aus dem Gesamtpaket Mineralöl letztlich nur zu Marktverschiebungen führt, die daraus resultierende Umweltbelastung in Summe nicht reduziert, sondern nur verlagert wird.

Wird leichtes Heizöl, was sich vom Dieselkraftstoff nur durch die Farbe unterscheidet, mit welcher ein Steuerbetrug leichter nachweisbar ist, aufgrund des Überangebots im Preis gesenkt, so werden politische Aktivitäten, die auf einen Ersatz von Ölheizungen durch Gas abzielen, deutlichen Gegenwind verspüren. Am Beispiel der Mineralölprodukte kann man zudem unschwer erkennen, wie eine gut gemeinte Absicht nach ihrer Umsetzung durchaus Nebenwirkungen erzeugt, die eher nicht gewünscht waren.

An einer grundsätzlichen Änderung der im Transportsektor und der Gebäudeheizung eingesetzten Techniken und der Abwendung von Mineralölprodukten in diesen Sektoren wird letztlich kein Weg vorbeiführen, wenn man eine konsequente Dekarbonisierung erreichen will. Alles andere wären nur statistische Taschenspielertricks.